Frauenzimmer, und zeigen es so gar, wenn nur die Macht in ihren Händen ist. Wie sollte es denn fremde scheinen, daß ich, der ich sie so innig liebe, und so genau zu kennen suche, von ihnen angesteckt werde?
Der siebenzehnte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Nun will ich dir das vornehmste von der Un- terredung zwischen den beyden Frauenzim- mern und der Fräulein mittheilen.
Wundere dich nicht, daß eine verkehrte Frau einen horchenden Mann machet. Der Erfolg rechtfertigte inzwischen, wie du finden wirst, die alte Anmerkung, daß Horcher selten etwas gutes von sich hören. Da sie sich ihrer Schuld bewußt sind; wenn ich nach mir selbst eine Vermuthung anstellen darf; das ist Aufrich- tigkeit, Bruder! und da sie sich vor widrigen Ur- theilen fürchten: so finden sie sich selten betrogen. Es ist doch bey dem allen etwas Verstand in diesen Sprichwörtern, in diesen Redensarten, in dieser Weisheit der Völker.
Fr. Moore sollte die Bothschaft ausrichten: aber die Jungfer Rawlins fing die Unterre- dung an.
Jhr
Frauenzimmer, und zeigen es ſo gar, wenn nur die Macht in ihren Haͤnden iſt. Wie ſollte es denn fremde ſcheinen, daß ich, der ich ſie ſo innig liebe, und ſo genau zu kennen ſuche, von ihnen angeſteckt werde?
Der ſiebenzehnte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Nun will ich dir das vornehmſte von der Un- terredung zwiſchen den beyden Frauenzim- mern und der Fraͤulein mittheilen.
Wundere dich nicht, daß eine verkehrte Frau einen horchenden Mann machet. Der Erfolg rechtfertigte inzwiſchen, wie du finden wirſt, die alte Anmerkung, daß Horcher ſelten etwas gutes von ſich hoͤren. Da ſie ſich ihrer Schuld bewußt ſind; wenn ich nach mir ſelbſt eine Vermuthung anſtellen darf; das iſt Aufrich- tigkeit, Bruder! und da ſie ſich vor widrigen Ur- theilen fuͤrchten: ſo finden ſie ſich ſelten betrogen. Es iſt doch bey dem allen etwas Verſtand in dieſen Sprichwoͤrtern, in dieſen Redensarten, in dieſer Weisheit der Voͤlker.
Fr. Moore ſollte die Bothſchaft ausrichten: aber die Jungfer Rawlins fing die Unterre- dung an.
Jhr
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Frauenzimmer, und zeigen es ſo gar, wenn nur
die Macht in ihren Haͤnden iſt. Wie ſollte es
denn fremde ſcheinen, daß ich, der ich ſie ſo innig
liebe, und ſo genau zu kennen ſuche, von ihnen
angeſteckt werde?
Der ſiebenzehnte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Nun will ich dir das vornehmſte von der Un-
terredung zwiſchen den beyden Frauenzim-
mern und der Fraͤulein mittheilen.
Wundere dich nicht, daß eine verkehrte Frau
einen horchenden Mann machet. Der Erfolg
rechtfertigte inzwiſchen, wie du finden wirſt, die
alte Anmerkung, daß Horcher ſelten etwas
gutes von ſich hoͤren. Da ſie ſich ihrer
Schuld bewußt ſind; wenn ich nach mir ſelbſt
eine Vermuthung anſtellen darf; das iſt Aufrich-
tigkeit, Bruder! und da ſie ſich vor widrigen Ur-
theilen fuͤrchten: ſo finden ſie ſich ſelten betrogen.
Es iſt doch bey dem allen etwas Verſtand in
dieſen Sprichwoͤrtern, in dieſen Redensarten, in
dieſer Weisheit der Voͤlker.
Fr. Moore ſollte die Bothſchaft ausrichten:
aber die Jungfer Rawlins fing die Unterre-
dung an.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/294>, abgerufen am 24.11.2024.
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