durch ihre Fragen keinen Zweifel über eine Sa- che, die sie selbst vor denen, welche uns besser ken- nen, gestanden haben.
Jch würde ihr etwas von der Unterhandlung mit ihrem Onkel und von dem Jnhalt des Brie- fes von dem Capitain zu verstehn gegeben haben. Allein die stolze Schöne ging zurück, stieß mit der Hand von sich und schrie: Bleibe ferne von mir, Kerl! - - Jch berufe mich auf dein eignes Herz; das wird es dir wohl zusagen: weil du mir auf eine so elende Art entwischest. Jch bin keine Heyrath mit dir geftändig! Sie sollen mei- ne Zeugen seyn, Frauenzimmer, daß ich es nicht bin. Und du, höre auf mich zu quälen, höre auf mir zu folgen. Gewiß, gewiß, so viel ich auch versehen haben mag: so habe ich doch nicht verdient, so verfolgt zu werden! Jch wiederhole also meine vorige Rede: Jhr habt kein Recht mich zu verfolgen. Jhr wißt, daß ihr es nicht habt. So packt euch denn fort, und laßt mich, daß ich mir mein hartes Schicksal so erträglich mache, als möglich ist. O mein herzlieber, doch grausamer, Vater! sprach sie in einem gewaltigen Anfalle von Traurigkeit; indem sie auf die Knie fiel und ihre aufgehobne Hände zusammenschlug; dein schwerer Fluch ist an deiner verbannten Tochter erfüllet. Jch bin gestrafet, erschrecklich gestrafet, durch eben den Bösewicht, auf welchen ich mein sündliches Vertrauen gesetzet hatte!
Bey
durch ihre Fragen keinen Zweifel uͤber eine Sa- che, die ſie ſelbſt vor denen, welche uns beſſer ken- nen, geſtanden haben.
Jch wuͤrde ihr etwas von der Unterhandlung mit ihrem Onkel und von dem Jnhalt des Brie- fes von dem Capitain zu verſtehn gegeben haben. Allein die ſtolze Schoͤne ging zuruͤck, ſtieß mit der Hand von ſich und ſchrie: Bleibe ferne von mir, Kerl! ‒ ‒ Jch berufe mich auf dein eignes Herz; das wird es dir wohl zuſagen: weil du mir auf eine ſo elende Art entwiſcheſt. Jch bin keine Heyrath mit dir geftaͤndig! Sie ſollen mei- ne Zeugen ſeyn, Frauenzimmer, daß ich es nicht bin. Und du, hoͤre auf mich zu quaͤlen, hoͤre auf mir zu folgen. Gewiß, gewiß, ſo viel ich auch verſehen haben mag: ſo habe ich doch nicht verdient, ſo verfolgt zu werden! Jch wiederhole alſo meine vorige Rede: Jhr habt kein Recht mich zu verfolgen. Jhr wißt, daß ihr es nicht habt. So packt euch denn fort, und laßt mich, daß ich mir mein hartes Schickſal ſo ertraͤglich mache, als moͤglich iſt. O mein herzlieber, doch grauſamer, Vater! ſprach ſie in einem gewaltigen Anfalle von Traurigkeit; indem ſie auf die Knie fiel und ihre aufgehobne Haͤnde zuſammenſchlug; dein ſchwerer Fluch iſt an deiner verbannten Tochter erfuͤllet. Jch bin geſtrafet, erſchrecklich geſtrafet, durch eben den Boͤſewicht, auf welchen ich mein ſuͤndliches Vertrauen geſetzet hatte!
Bey
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0308"n="302"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
durch ihre Fragen keinen Zweifel uͤber eine Sa-<lb/>
che, die ſie ſelbſt vor denen, welche uns beſſer ken-<lb/>
nen, geſtanden haben.</p><lb/><p>Jch wuͤrde ihr etwas von der Unterhandlung<lb/>
mit ihrem Onkel und von dem Jnhalt des Brie-<lb/>
fes von dem Capitain zu verſtehn gegeben haben.<lb/>
Allein die ſtolze Schoͤne ging zuruͤck, ſtieß mit<lb/>
der Hand von ſich und ſchrie: Bleibe ferne von<lb/>
mir, Kerl! ‒‒ Jch berufe mich auf dein eignes<lb/>
Herz; das wird es dir wohl zuſagen: weil du<lb/>
mir auf eine ſo elende Art entwiſcheſt. Jch bin<lb/>
keine Heyrath mit dir geftaͤndig! Sie ſollen mei-<lb/>
ne Zeugen ſeyn, Frauenzimmer, daß ich es nicht<lb/>
bin. Und du, hoͤre auf mich zu quaͤlen, hoͤre<lb/>
auf mir zu folgen. Gewiß, gewiß, ſo viel<lb/>
ich auch verſehen haben mag: ſo habe ich doch<lb/>
nicht verdient, <hirendition="#fr">ſo</hi> verfolgt zu werden! Jch<lb/>
wiederhole alſo meine vorige Rede: Jhr<lb/>
habt kein Recht mich zu verfolgen. Jhr<lb/>
wißt, daß ihr es nicht habt. So packt euch denn<lb/>
fort, und laßt mich, daß ich mir mein hartes<lb/>
Schickſal ſo ertraͤglich mache, als moͤglich iſt.<lb/>
O mein herzlieber, doch grauſamer, Vater! ſprach<lb/>ſie in einem gewaltigen Anfalle von Traurigkeit;<lb/>
indem ſie auf die Knie fiel und ihre aufgehobne<lb/>
Haͤnde zuſammenſchlug; dein ſchwerer Fluch iſt<lb/>
an deiner verbannten Tochter erfuͤllet. Jch bin<lb/><hirendition="#fr">geſtrafet,</hi> erſchrecklich <hirendition="#fr">geſtrafet, durch eben<lb/>
den Boͤſewicht, auf welchen ich mein<lb/>ſuͤndliches Vertrauen geſetzet hatte!</hi></p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Bey</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[302/0308]
durch ihre Fragen keinen Zweifel uͤber eine Sa-
che, die ſie ſelbſt vor denen, welche uns beſſer ken-
nen, geſtanden haben.
Jch wuͤrde ihr etwas von der Unterhandlung
mit ihrem Onkel und von dem Jnhalt des Brie-
fes von dem Capitain zu verſtehn gegeben haben.
Allein die ſtolze Schoͤne ging zuruͤck, ſtieß mit
der Hand von ſich und ſchrie: Bleibe ferne von
mir, Kerl! ‒ ‒ Jch berufe mich auf dein eignes
Herz; das wird es dir wohl zuſagen: weil du
mir auf eine ſo elende Art entwiſcheſt. Jch bin
keine Heyrath mit dir geftaͤndig! Sie ſollen mei-
ne Zeugen ſeyn, Frauenzimmer, daß ich es nicht
bin. Und du, hoͤre auf mich zu quaͤlen, hoͤre
auf mir zu folgen. Gewiß, gewiß, ſo viel
ich auch verſehen haben mag: ſo habe ich doch
nicht verdient, ſo verfolgt zu werden! Jch
wiederhole alſo meine vorige Rede: Jhr
habt kein Recht mich zu verfolgen. Jhr
wißt, daß ihr es nicht habt. So packt euch denn
fort, und laßt mich, daß ich mir mein hartes
Schickſal ſo ertraͤglich mache, als moͤglich iſt.
O mein herzlieber, doch grauſamer, Vater! ſprach
ſie in einem gewaltigen Anfalle von Traurigkeit;
indem ſie auf die Knie fiel und ihre aufgehobne
Haͤnde zuſammenſchlug; dein ſchwerer Fluch iſt
an deiner verbannten Tochter erfuͤllet. Jch bin
geſtrafet, erſchrecklich geſtrafet, durch eben
den Boͤſewicht, auf welchen ich mein
ſuͤndliches Vertrauen geſetzet hatte!
Bey
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/308>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.