"Jungser Rawlins, dringen sie nicht weiter in "mich - - Jch kann mit ihm nicht zu Tische "sitzen!
Jene sagten, wie ich vermuthe, etwas zu mei- nem Besten - - "O! der elende Kerl! Wie "schmeichelt er sich ein! - - Was habe ich für "Schutz gegen einen Menschen, der einen jeden, "ja selbst die tugendhasten Personen von meinem "Geschlechte, ich mag gehen, wohin ich will, auf "seine Seite bringen kann?
Nachdem noch sonst eines und das andre ge- sagt war, das ich nicht deutlich hörte: sprach die Fräulein wieder. "Das ist verfluchte Kühnheit! "- - Kennten sie nur sein böses Herz: er macht "sich Hoffnung, sie beyden gute Leute zu gewin- "nen, daß sie ihm in dem niederträchtigsten von "seinen Anschlägen hülfliche Hand leisten.
Wie, dachte ich eben den Augenblick, ist sie zu aller dieser Scharfsichtigkeit gekommen? Mein Teufel will mich gewiß nicht zur Beute haben. Dächte ich, daß er es wollte: so würde ich hey- rathen, und als ein ehrlicher Mann leben, um richtig mit ihm zu seyn.
Hiernächst, vermuthe ich, drungen sie auf die Vorstellung, wovon ich der Jungfer Rawlins, da sie hineinging, einen Wink gegeben hatte, daß sie der Fr. Moore nicht hinderlich seyn wollte. Denn so drückte sie sich aus: "Er wird ohne "Zweifel bezahlen, was sie fordern. Sie dürfen "an seiner Freygebigkeit nicht zweifeln. Aber wir "können nicht beyde in einem Hause seyn. War-
"um
„Jungſer Rawlins, dringen ſie nicht weiter in „mich ‒ ‒ Jch kann mit ihm nicht zu Tiſche „ſitzen!
Jene ſagten, wie ich vermuthe, etwas zu mei- nem Beſten ‒ ‒ „O! der elende Kerl! Wie „ſchmeichelt er ſich ein! ‒ ‒ Was habe ich fuͤr „Schutz gegen einen Menſchen, der einen jeden, „ja ſelbſt die tugendhaſten Perſonen von meinem „Geſchlechte, ich mag gehen, wohin ich will, auf „ſeine Seite bringen kann?
Nachdem noch ſonſt eines und das andre ge- ſagt war, das ich nicht deutlich hoͤrte: ſprach die Fraͤulein wieder. „Das iſt verfluchte Kuͤhnheit! „‒ ‒ Kennten ſie nur ſein boͤſes Herz: er macht „ſich Hoffnung, ſie beyden gute Leute zu gewin- „nen, daß ſie ihm in dem niedertraͤchtigſten von „ſeinen Anſchlaͤgen huͤlfliche Hand leiſten.
Wie, dachte ich eben den Augenblick, iſt ſie zu aller dieſer Scharfſichtigkeit gekommen? Mein Teufel will mich gewiß nicht zur Beute haben. Daͤchte ich, daß er es wollte: ſo wuͤrde ich hey- rathen, und als ein ehrlicher Mann leben, um richtig mit ihm zu ſeyn.
Hiernaͤchſt, vermuthe ich, drungen ſie auf die Vorſtellung, wovon ich der Jungfer Rawlins, da ſie hineinging, einen Wink gegeben hatte, daß ſie der Fr. Moore nicht hinderlich ſeyn wollte. Denn ſo druͤckte ſie ſich aus: „Er wird ohne „Zweifel bezahlen, was ſie fordern. Sie duͤrfen „an ſeiner Freygebigkeit nicht zweifeln. Aber wir „koͤnnen nicht beyde in einem Hauſe ſeyn. War-
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„Jungſer Rawlins, dringen ſie nicht weiter in
„mich ‒ ‒ Jch kann mit ihm nicht zu Tiſche
„ſitzen!
Jene ſagten, wie ich vermuthe, etwas zu mei-
nem Beſten ‒ ‒ „O! der elende Kerl! Wie
„ſchmeichelt er ſich ein! ‒ ‒ Was habe ich fuͤr
„Schutz gegen einen Menſchen, der einen jeden,
„ja ſelbſt die tugendhaſten Perſonen von meinem
„Geſchlechte, ich mag gehen, wohin ich will, auf
„ſeine Seite bringen kann?
Nachdem noch ſonſt eines und das andre ge-
ſagt war, das ich nicht deutlich hoͤrte: ſprach die
Fraͤulein wieder. „Das iſt verfluchte Kuͤhnheit!
„‒ ‒ Kennten ſie nur ſein boͤſes Herz: er macht
„ſich Hoffnung, ſie beyden gute Leute zu gewin-
„nen, daß ſie ihm in dem niedertraͤchtigſten von
„ſeinen Anſchlaͤgen huͤlfliche Hand leiſten.
Wie, dachte ich eben den Augenblick, iſt ſie
zu aller dieſer Scharfſichtigkeit gekommen? Mein
Teufel will mich gewiß nicht zur Beute haben.
Daͤchte ich, daß er es wollte: ſo wuͤrde ich hey-
rathen, und als ein ehrlicher Mann leben, um
richtig mit ihm zu ſeyn.
Hiernaͤchſt, vermuthe ich, drungen ſie auf die
Vorſtellung, wovon ich der Jungfer Rawlins,
da ſie hineinging, einen Wink gegeben hatte, daß
ſie der Fr. Moore nicht hinderlich ſeyn wollte.
Denn ſo druͤckte ſie ſich aus: „Er wird ohne
„Zweifel bezahlen, was ſie fordern. Sie duͤrfen
„an ſeiner Freygebigkeit nicht zweifeln. Aber wir
„koͤnnen nicht beyde in einem Hauſe ſeyn. War-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/323>, abgerufen am 24.11.2024.
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