sich in der That vielleicht nicht schicken, daß ich sie erfahre. Aber ich muß doch gestehen, es über- schreitet meinen Verstand, daß eine Frau etwas, das ihr Mann vornehmen mag, wenn es nur den Frieden nicht bricht, so hoch empfinden kann, daß sie sich berechtigt hält, von ihm zu laufen.
Lovel. Herr Capitain Tomlinson - - mein Herr - - Jch versichere sie, daß ich mich für be- leidigt halten werde - - - daß es mir äußerst empfindlich seyn wird - - wenn ich das Wort noch einmal höre.
Capit. Jhre Bedenklichkeit und ihre Liebe, mein Herr, können wohl verursachen, daß sie sich für beleidigt halten - - Allein es ist meine Art, ein jedes Ding bey seinem Namen zu nennen: es mag sich darüber beleidigt finden, wer da will.
Du kannst dir nicht vorstellen, Belford, wie muthig und wie vornehm der Schalk dabey aussahe.
Capit. Wenn sie es für dienlich halten wer- den, mein junger Herr, uns die eigentlichen Um- stände wissen zu lassen: so wollen wir für dieses übereilte Vornehmen von einem so bewunderns- würdigen Frauenzimmern einen Namen finden, der ihnen besser anstehen soll. - - Sie sehen, mein Herr, daß, weil ich die Person meines wer- then Freundes, Herrn Joh. Harlowe vorstelle, ich eben so frey rede, als er meiner Vermuthung nach thun würde, wenn er gegenwärtig wäre. Jedoch sie werden roth, mein Herr - - Jch bit- te um Verzeihung, Herr Lovelace: es stehet ei-
nem
ſich in der That vielleicht nicht ſchicken, daß ich ſie erfahre. Aber ich muß doch geſtehen, es uͤber- ſchreitet meinen Verſtand, daß eine Frau etwas, das ihr Mann vornehmen mag, wenn es nur den Frieden nicht bricht, ſo hoch empfinden kann, daß ſie ſich berechtigt haͤlt, von ihm zu laufen.
Lovel. Herr Capitain Tomlinſon ‒ ‒ mein Herr ‒ ‒ Jch verſichere ſie, daß ich mich fuͤr be- leidigt halten werde ‒ ‒ ‒ daß es mir aͤußerſt empfindlich ſeyn wird ‒ ‒ wenn ich das Wort noch einmal hoͤre.
Capit. Jhre Bedenklichkeit und ihre Liebe, mein Herr, koͤnnen wohl verurſachen, daß ſie ſich fuͤr beleidigt halten ‒ ‒ Allein es iſt meine Art, ein jedes Ding bey ſeinem Namen zu nennen: es mag ſich daruͤber beleidigt finden, wer da will.
Du kannſt dir nicht vorſtellen, Belford, wie muthig und wie vornehm der Schalk dabey ausſahe.
Capit. Wenn ſie es fuͤr dienlich halten wer- den, mein junger Herr, uns die eigentlichen Um- ſtaͤnde wiſſen zu laſſen: ſo wollen wir fuͤr dieſes uͤbereilte Vornehmen von einem ſo bewunderns- wuͤrdigen Frauenzimmern einen Namen finden, der ihnen beſſer anſtehen ſoll. ‒ ‒ Sie ſehen, mein Herr, daß, weil ich die Perſon meines wer- then Freundes, Herrn Joh. Harlowe vorſtelle, ich eben ſo frey rede, als er meiner Vermuthung nach thun wuͤrde, wenn er gegenwaͤrtig waͤre. Jedoch ſie werden roth, mein Herr ‒ ‒ Jch bit- te um Verzeihung, Herr Lovelace: es ſtehet ei-
nem
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ſich in der That vielleicht nicht ſchicken, daß ich
ſie erfahre. Aber ich muß doch geſtehen, es uͤber-
ſchreitet meinen Verſtand, daß eine Frau etwas,
das ihr Mann vornehmen mag, wenn es nur
den Frieden nicht bricht, ſo hoch empfinden kann,
daß ſie ſich berechtigt haͤlt, von ihm zu laufen.
Lovel. Herr Capitain Tomlinſon ‒ ‒ mein
Herr ‒ ‒ Jch verſichere ſie, daß ich mich fuͤr be-
leidigt halten werde ‒ ‒ ‒ daß es mir aͤußerſt
empfindlich ſeyn wird ‒ ‒ wenn ich das Wort
noch einmal hoͤre.
Capit. Jhre Bedenklichkeit und ihre Liebe,
mein Herr, koͤnnen wohl verurſachen, daß ſie ſich
fuͤr beleidigt halten ‒ ‒ Allein es iſt meine Art,
ein jedes Ding bey ſeinem Namen zu nennen:
es mag ſich daruͤber beleidigt finden, wer da will.
Du kannſt dir nicht vorſtellen, Belford, wie
muthig und wie vornehm der Schalk dabey
ausſahe.
Capit. Wenn ſie es fuͤr dienlich halten wer-
den, mein junger Herr, uns die eigentlichen Um-
ſtaͤnde wiſſen zu laſſen: ſo wollen wir fuͤr dieſes
uͤbereilte Vornehmen von einem ſo bewunderns-
wuͤrdigen Frauenzimmern einen Namen finden,
der ihnen beſſer anſtehen ſoll. ‒ ‒ Sie ſehen,
mein Herr, daß, weil ich die Perſon meines wer-
then Freundes, Herrn Joh. Harlowe vorſtelle,
ich eben ſo frey rede, als er meiner Vermuthung
nach thun wuͤrde, wenn er gegenwaͤrtig waͤre.
Jedoch ſie werden roth, mein Herr ‒ ‒ Jch bit-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/341>, abgerufen am 24.11.2024.
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