dinn, der Fräulein Howe, Nachricht zu haben - - Gleichwohl kann sie noch auf einen oder zween Tage keinen Brief erwarten. Sie hat eine übele Meynung von allen Menschen - - Kein Wunder! - - So ein vollkommenes Mu- ster als sie ist! bey einem solchen Vater, solchen Onkeln, einem solchen Bruder, als sie hat.
Wie sieht sie aus?
Besser, als man nach der gestrigen Beschwer- de und der schlechten Ruhe in verwichner Nacht vermuthen konnte.
Diese zarten Täubchen, wissen nicht eher, als bis es darzu kommt, was sie ausstehen können: vornehmlich wenn sie in Liebessachen verwickelt werden, und ihre Aufmerksamkeit gänzlich einge- nommen ist. Allein das schöne Geschlecht mag gern mühsame Schauspiele haben. Ein stilles Leben ist ihnen zuwider. Ein Frauenzimmer wird lieber selbst einen Sturm erregen, als ohne denselben leben. Wie sie alsdenn bey dem Wir- belwinde die Hauptpersonen seyn und ihn lenken können: so sind sie glücklich. - - Nur meiner Geliebten Unglück ist, daß sie in Unruhen leben muß: und doch dieselben weder erreget, noch zu lenken im Stande ist.
Der
Fünfter Theil. B b
dinn, der Fraͤulein Howe, Nachricht zu haben ‒ ‒ Gleichwohl kann ſie noch auf einen oder zween Tage keinen Brief erwarten. Sie hat eine uͤbele Meynung von allen Menſchen ‒ ‒ Kein Wunder! ‒ ‒ So ein vollkommenes Mu- ſter als ſie iſt! bey einem ſolchen Vater, ſolchen Onkeln, einem ſolchen Bruder, als ſie hat.
Wie ſieht ſie aus?
Beſſer, als man nach der geſtrigen Beſchwer- de und der ſchlechten Ruhe in verwichner Nacht vermuthen konnte.
Dieſe zarten Taͤubchen, wiſſen nicht eher, als bis es darzu kommt, was ſie ausſtehen koͤnnen: vornehmlich wenn ſie in Liebesſachen verwickelt werden, und ihre Aufmerkſamkeit gaͤnzlich einge- nommen iſt. Allein das ſchoͤne Geſchlecht mag gern muͤhſame Schauſpiele haben. Ein ſtilles Leben iſt ihnen zuwider. Ein Frauenzimmer wird lieber ſelbſt einen Sturm erregen, als ohne denſelben leben. Wie ſie alsdenn bey dem Wir- belwinde die Hauptperſonen ſeyn und ihn lenken koͤnnen: ſo ſind ſie gluͤcklich. ‒ ‒ Nur meiner Geliebten Ungluͤck iſt, daß ſie in Unruhen leben muß: und doch dieſelben weder erreget, noch zu lenken im Stande iſt.
Der
Fuͤnfter Theil. B b
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dinn, der Fraͤulein Howe, Nachricht zu haben
‒ ‒ Gleichwohl kann ſie noch auf einen oder
zween Tage keinen Brief erwarten. Sie hat
eine uͤbele Meynung von allen Menſchen ‒ ‒
Kein Wunder! ‒ ‒ So ein vollkommenes Mu-
ſter als ſie iſt! bey einem ſolchen Vater, ſolchen
Onkeln, einem ſolchen Bruder, als ſie hat.
Wie ſieht ſie aus?
Beſſer, als man nach der geſtrigen Beſchwer-
de und der ſchlechten Ruhe in verwichner Nacht
vermuthen konnte.
Dieſe zarten Taͤubchen, wiſſen nicht eher, als
bis es darzu kommt, was ſie ausſtehen koͤnnen:
vornehmlich wenn ſie in Liebesſachen verwickelt
werden, und ihre Aufmerkſamkeit gaͤnzlich einge-
nommen iſt. Allein das ſchoͤne Geſchlecht mag
gern muͤhſame Schauſpiele haben. Ein ſtilles
Leben iſt ihnen zuwider. Ein Frauenzimmer
wird lieber ſelbſt einen Sturm erregen, als ohne
denſelben leben. Wie ſie alsdenn bey dem Wir-
belwinde die Hauptperſonen ſeyn und ihn lenken
koͤnnen: ſo ſind ſie gluͤcklich. ‒ ‒ Nur meiner
Geliebten Ungluͤck iſt, daß ſie in Unruhen leben
muß: und doch dieſelben weder erreget, noch zu
lenken im Stande iſt.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/391>, abgerufen am 24.11.2024.
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