machte meine Schöne auch unruhig, als sie es hörte.
Ey, da ist meiner Tante Diener mit einem Handbriefchen.
An Herrn Robert Lovelace.
Montags, Abends.
Entschuldigen sie uns, lieber Herr Vetter, ich bitte sie, bey meiner werthesten Base. Eine Nacht kann ja nichts zur Sache thun. Die Fräulein Montague ist plötzlich von einer heftigen Unpäßlichkeit überfallen, und hat drey Ohnmach- ten, eine nach der andern, bekommen. Jhre heftige Freude, glaube ich, daß sie an ihrer lie- benswürdigen Fräulein so viele Vorzüge gefun- den, die alle Erwartung so weit übertreffen, ist schuld daran. Sie wissen selbst, daß nirgends jemals die Liebe zur Familie so stark geherrschet hat, als unter uns. Hiernächst hat ihr starkes Verlangen, dieselbe zu sehen und zu sprechen, auch wohl etwas dazu beygetragen. Sie ist nur schwächlich, das arme Mägdchen! so gut sie aus- siehet.
Wo es besser mit ihr wird: so wollen wir ge- wiß morgen frühe mit ihnen reisen, und in ihrer Wohnung vorher mit unserer lieben Base das Frühstück halten. Sie mag aber besser werden oder nicht, so will ich mich selbst des Vergnügens nicht berauben, zu Hampstead um ihre Fräulein zu seyn, und deswegen frühe um neun zu ihnen
kom-
O o 5
machte meine Schoͤne auch unruhig, als ſie es hoͤrte.
Ey, da iſt meiner Tante Diener mit einem Handbriefchen.
An Herrn Robert Lovelace.
Montags, Abends.
Entſchuldigen ſie uns, lieber Herr Vetter, ich bitte ſie, bey meiner wertheſten Baſe. Eine Nacht kann ja nichts zur Sache thun. Die Fraͤulein Montague iſt ploͤtzlich von einer heftigen Unpaͤßlichkeit uͤberfallen, und hat drey Ohnmach- ten, eine nach der andern, bekommen. Jhre heftige Freude, glaube ich, daß ſie an ihrer lie- benswuͤrdigen Fraͤulein ſo viele Vorzuͤge gefun- den, die alle Erwartung ſo weit uͤbertreffen, iſt ſchuld daran. Sie wiſſen ſelbſt, daß nirgends jemals die Liebe zur Familie ſo ſtark geherrſchet hat, als unter uns. Hiernaͤchſt hat ihr ſtarkes Verlangen, dieſelbe zu ſehen und zu ſprechen, auch wohl etwas dazu beygetragen. Sie iſt nur ſchwaͤchlich, das arme Maͤgdchen! ſo gut ſie aus- ſiehet.
Wo es beſſer mit ihr wird: ſo wollen wir ge- wiß morgen fruͤhe mit ihnen reiſen, und in ihrer Wohnung vorher mit unſerer lieben Baſe das Fruͤhſtuͤck halten. Sie mag aber beſſer werden oder nicht, ſo will ich mich ſelbſt des Vergnuͤgens nicht berauben, zu Hampſtead um ihre Fraͤulein zu ſeyn, und deswegen fruͤhe um neun zu ihnen
kom-
O o 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0591"n="585"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
machte meine Schoͤne auch unruhig, als ſie es<lb/>
hoͤrte.</p><lb/><p>Ey, da iſt meiner Tante Diener mit einem<lb/>
Handbriefchen.</p><lb/><floatingText><body><divtype="letter"><salute><hirendition="#c"><hirendition="#b">An Herrn Robert Lovelace.</hi></hi></salute><lb/><dateline><hirendition="#et">Montags, Abends.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>ntſchuldigen ſie uns, lieber Herr Vetter, ich<lb/>
bitte ſie, bey meiner wertheſten Baſe. Eine<lb/>
Nacht kann ja nichts zur Sache thun. Die<lb/>
Fraͤulein Montague iſt ploͤtzlich von einer heftigen<lb/>
Unpaͤßlichkeit uͤberfallen, und hat drey Ohnmach-<lb/>
ten, eine nach der andern, bekommen. Jhre<lb/>
heftige Freude, glaube ich, daß ſie an ihrer lie-<lb/>
benswuͤrdigen Fraͤulein ſo viele Vorzuͤge gefun-<lb/>
den, die alle Erwartung ſo weit uͤbertreffen, iſt<lb/>ſchuld daran. Sie wiſſen ſelbſt, daß nirgends<lb/>
jemals die Liebe zur Familie ſo ſtark geherrſchet<lb/>
hat, als unter uns. Hiernaͤchſt hat ihr ſtarkes<lb/>
Verlangen, dieſelbe zu ſehen und zu ſprechen, auch<lb/>
wohl etwas dazu beygetragen. Sie iſt nur<lb/>ſchwaͤchlich, das arme Maͤgdchen! ſo gut ſie aus-<lb/>ſiehet.</p><lb/><p>Wo es beſſer mit ihr wird: ſo wollen wir ge-<lb/>
wiß morgen fruͤhe mit ihnen reiſen, und in ihrer<lb/>
Wohnung vorher mit unſerer lieben Baſe das<lb/>
Fruͤhſtuͤck halten. Sie mag aber beſſer werden<lb/>
oder nicht, ſo will ich mich ſelbſt des Vergnuͤgens<lb/>
nicht berauben, zu Hampſtead um ihre Fraͤulein<lb/>
zu ſeyn, und deswegen fruͤhe um neun zu ihnen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O o 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">kom-</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[585/0591]
machte meine Schoͤne auch unruhig, als ſie es
hoͤrte.
Ey, da iſt meiner Tante Diener mit einem
Handbriefchen.
An Herrn Robert Lovelace.
Montags, Abends.
Entſchuldigen ſie uns, lieber Herr Vetter, ich
bitte ſie, bey meiner wertheſten Baſe. Eine
Nacht kann ja nichts zur Sache thun. Die
Fraͤulein Montague iſt ploͤtzlich von einer heftigen
Unpaͤßlichkeit uͤberfallen, und hat drey Ohnmach-
ten, eine nach der andern, bekommen. Jhre
heftige Freude, glaube ich, daß ſie an ihrer lie-
benswuͤrdigen Fraͤulein ſo viele Vorzuͤge gefun-
den, die alle Erwartung ſo weit uͤbertreffen, iſt
ſchuld daran. Sie wiſſen ſelbſt, daß nirgends
jemals die Liebe zur Familie ſo ſtark geherrſchet
hat, als unter uns. Hiernaͤchſt hat ihr ſtarkes
Verlangen, dieſelbe zu ſehen und zu ſprechen, auch
wohl etwas dazu beygetragen. Sie iſt nur
ſchwaͤchlich, das arme Maͤgdchen! ſo gut ſie aus-
ſiehet.
Wo es beſſer mit ihr wird: ſo wollen wir ge-
wiß morgen fruͤhe mit ihnen reiſen, und in ihrer
Wohnung vorher mit unſerer lieben Baſe das
Fruͤhſtuͤck halten. Sie mag aber beſſer werden
oder nicht, ſo will ich mich ſelbſt des Vergnuͤgens
nicht berauben, zu Hampſtead um ihre Fraͤulein
zu ſeyn, und deswegen fruͤhe um neun zu ihnen
kom-
O o 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/591>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.