bekennen, und ein Weiberschärmützel zur Gele- genheit angeben, aber sich mit der Genugthuung, die ihr geleistet wäre, zufrieden bezeigen. Als- denn gebt einem jeden Kerl ein oder ein paar Schlückchen; so wird alles gut seyn.
Um eilf Uhr.
Alles ist geschehen, wie ich befohlen habe: und alles ist gut.
Frau Sinclair wünschet, daß sie ein so hart- näckichtes Frauenzimmer niemals mit Augen ge- sehen hätte. Sie und Sarah dringen gewaltig in mich, daß ich die verkehrte Schöne ihrer Zucht, wie sie sagen, nur auf vier oder fünf Tage über- lassen soll. Aber ich habe sie mit Fluchen zum Stillschweigen gebracht, und bloß befohlen, in Zukunft gedoppelte Vorsicht zu gebrauchen.
Marichen spricht zwar dem lieben wunderli- chen Kinde, wenn sie bey ihr ist, allen Trost zu, den sie kann: allein gegen mich bleibt sie dabey, daß nichts, als Schrecken, ihre Aufführung gegen mich leidlich machen werde.
Dorcas ward von den Weibsleuten aufge- zogen, weil sie geweinet hatte. Sie bekannte, daß ihre Thränen ihr wirklich von Herzen gegan- gen wären. Sie sagte, sie schämte sich vor sich selbst: könnte es aber nicht ändern. So eine aufrichtige, so eine standhafte Traurigkeit bey einem so anmuthreichen Frauenzimmer! - -
Die Weibsleute lachten sie aus. Jch hin- gegen befahl ihr, keine Schutzrede für ihre Thrä-
nen
bekennen, und ein Weiberſchaͤrmuͤtzel zur Gele- genheit angeben, aber ſich mit der Genugthuung, die ihr geleiſtet waͤre, zufrieden bezeigen. Als- denn gebt einem jeden Kerl ein oder ein paar Schluͤckchen; ſo wird alles gut ſeyn.
Um eilf Uhr.
Alles iſt geſchehen, wie ich befohlen habe: und alles iſt gut.
Frau Sinclair wuͤnſchet, daß ſie ein ſo hart- naͤckichtes Frauenzimmer niemals mit Augen ge- ſehen haͤtte. Sie und Sarah dringen gewaltig in mich, daß ich die verkehrte Schoͤne ihrer Zucht, wie ſie ſagen, nur auf vier oder fuͤnf Tage uͤber- laſſen ſoll. Aber ich habe ſie mit Fluchen zum Stillſchweigen gebracht, und bloß befohlen, in Zukunft gedoppelte Vorſicht zu gebrauchen.
Marichen ſpricht zwar dem lieben wunderli- chen Kinde, wenn ſie bey ihr iſt, allen Troſt zu, den ſie kann: allein gegen mich bleibt ſie dabey, daß nichts, als Schrecken, ihre Auffuͤhrung gegen mich leidlich machen werde.
Dorcas ward von den Weibsleuten aufge- zogen, weil ſie geweinet hatte. Sie bekannte, daß ihre Thraͤnen ihr wirklich von Herzen gegan- gen waͤren. Sie ſagte, ſie ſchaͤmte ſich vor ſich ſelbſt: koͤnnte es aber nicht aͤndern. So eine aufrichtige, ſo eine ſtandhafte Traurigkeit bey einem ſo anmuthreichen Frauenzimmer! ‒ ‒
Die Weibsleute lachten ſie aus. Jch hin- gegen befahl ihr, keine Schutzrede fuͤr ihre Thraͤ-
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bekennen, und ein Weiberſchaͤrmuͤtzel zur Gele-
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die ihr geleiſtet waͤre, zufrieden bezeigen. Als-
denn gebt einem jeden Kerl ein oder ein paar
Schluͤckchen; ſo wird alles gut ſeyn.
Um eilf Uhr.
Alles iſt geſchehen, wie ich befohlen habe:
und alles iſt gut.
Frau Sinclair wuͤnſchet, daß ſie ein ſo hart-
naͤckichtes Frauenzimmer niemals mit Augen ge-
ſehen haͤtte. Sie und Sarah dringen gewaltig
in mich, daß ich die verkehrte Schoͤne ihrer Zucht,
wie ſie ſagen, nur auf vier oder fuͤnf Tage uͤber-
laſſen ſoll. Aber ich habe ſie mit Fluchen zum
Stillſchweigen gebracht, und bloß befohlen, in
Zukunft gedoppelte Vorſicht zu gebrauchen.
Marichen ſpricht zwar dem lieben wunderli-
chen Kinde, wenn ſie bey ihr iſt, allen Troſt zu,
den ſie kann: allein gegen mich bleibt ſie dabey,
daß nichts, als Schrecken, ihre Auffuͤhrung gegen
mich leidlich machen werde.
Dorcas ward von den Weibsleuten aufge-
zogen, weil ſie geweinet hatte. Sie bekannte,
daß ihre Thraͤnen ihr wirklich von Herzen gegan-
gen waͤren. Sie ſagte, ſie ſchaͤmte ſich vor ſich
ſelbſt: koͤnnte es aber nicht aͤndern. So eine
aufrichtige, ſo eine ſtandhafte Traurigkeit bey
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Die Weibsleute lachten ſie aus. Jch hin-
gegen befahl ihr, keine Schutzrede fuͤr ihre Thraͤ-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 669. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/675>, abgerufen am 24.11.2024.
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