ist unüberwindlich! - - Wider alle meine Be- griffe, wider alle meine Vorstellungen; wenn ich von ihr als von einer Weibsperson, und als von einem Frauenzimmer, bey welcheW alle Rei- zungen recht in ihrer Blüthe stehen, gedenke; ist sie schlechterdings unüberwindlich! - - Meine ganze Absicht ist itzo allein, ihr nach den Gesetzen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: wenn ich sie nur noch einmal wieder besänftigen kann.
Die freye Einwilligung eines solchen Frauenzimmers muß nothwendig machen, daß sie immer neu, immer reizend bleibet. Aber es ist etwas erstaunliches! Kann ein Kirchengebrauch, wenn er fehlet, einen solchen Unterschied machen!
Sie ist mir ihre Einwilligung noch schuldig: denn bisher habe ich mich mit nichts zu rühmen. Alles, was ich davon getragen habe, ist ein na- gendes Gewissen, ein geängstetes Gemüth, und eine mehr stärker als schwächer gewordene Liebe gewesen.
Wie empfindlich kränket mich die stolze Ver- achtung, mit welcher sie meine Hand ausschläget! - - Jnzwischen hoffe ich doch noch, sie dahin zu bringen, daß sie meinen Erzählungen von der Aussöhnung ihrer Familie, von ihrem Onkel, von dem Capitain Tomlinson, Gehör giebet. Da sie mir selbst einen Vorwand, sie wider ihren Willen festzuhalten, gegeben hat: so muß sie mich sehen und sprechen; es sey nun bey gutem oder bösem Sinne - - Sie kann es nicht ändern. Und wo Liebe nichts ausrichten wird: muß Schre-
cken
iſt unuͤberwindlich! ‒ ‒ Wider alle meine Be- griffe, wider alle meine Vorſtellungen; wenn ich von ihr als von einer Weibsperſon, und als von einem Frauenzimmer, bey welcheɯ alle Rei- zungen recht in ihrer Bluͤthe ſtehen, gedenke; iſt ſie ſchlechterdings unuͤberwindlich! ‒ ‒ Meine ganze Abſicht iſt itzo allein, ihr nach den Geſetzen Gerechtigkeit widerfahren zu laſſen: wenn ich ſie nur noch einmal wieder beſaͤnftigen kann.
Die freye Einwilligung eines ſolchen Frauenzimmers muß nothwendig machen, daß ſie immer neu, immer reizend bleibet. Aber es iſt etwas erſtaunliches! Kann ein Kirchengebrauch, wenn er fehlet, einen ſolchen Unterſchied machen!
Sie iſt mir ihre Einwilligung noch ſchuldig: denn bisher habe ich mich mit nichts zu ruͤhmen. Alles, was ich davon getragen habe, iſt ein na- gendes Gewiſſen, ein geaͤngſtetes Gemuͤth, und eine mehr ſtaͤrker als ſchwaͤcher gewordene Liebe geweſen.
Wie empfindlich kraͤnket mich die ſtolze Ver- achtung, mit welcher ſie meine Hand ausſchlaͤget! ‒ ‒ Jnzwiſchen hoffe ich doch noch, ſie dahin zu bringen, daß ſie meinen Erzaͤhlungen von der Ausſoͤhnung ihrer Familie, von ihrem Onkel, von dem Capitain Tomlinſon, Gehoͤr giebet. Da ſie mir ſelbſt einen Vorwand, ſie wider ihren Willen feſtzuhalten, gegeben hat: ſo muß ſie mich ſehen und ſprechen; es ſey nun bey gutem oder boͤſem Sinne ‒ ‒ Sie kann es nicht aͤndern. Und wo Liebe nichts ausrichten wird: muß Schre-
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iſt unuͤberwindlich! ‒ ‒ Wider alle meine Be-
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zungen recht in ihrer Bluͤthe ſtehen, gedenke; iſt
ſie ſchlechterdings unuͤberwindlich! ‒ ‒ Meine
ganze Abſicht iſt itzo allein, ihr nach den Geſetzen
Gerechtigkeit widerfahren zu laſſen: wenn ich ſie
nur noch einmal wieder beſaͤnftigen kann.
Die freye Einwilligung eines ſolchen
Frauenzimmers muß nothwendig machen, daß ſie
immer neu, immer reizend bleibet. Aber es iſt
etwas erſtaunliches! Kann ein Kirchengebrauch,
wenn er fehlet, einen ſolchen Unterſchied machen!
Sie iſt mir ihre Einwilligung noch ſchuldig:
denn bisher habe ich mich mit nichts zu ruͤhmen.
Alles, was ich davon getragen habe, iſt ein na-
gendes Gewiſſen, ein geaͤngſtetes Gemuͤth, und
eine mehr ſtaͤrker als ſchwaͤcher gewordene Liebe
geweſen.
Wie empfindlich kraͤnket mich die ſtolze Ver-
achtung, mit welcher ſie meine Hand ausſchlaͤget!
‒ ‒ Jnzwiſchen hoffe ich doch noch, ſie dahin zu
bringen, daß ſie meinen Erzaͤhlungen von der
Ausſoͤhnung ihrer Familie, von ihrem Onkel, von
dem Capitain Tomlinſon, Gehoͤr giebet. Da
ſie mir ſelbſt einen Vorwand, ſie wider ihren
Willen feſtzuhalten, gegeben hat: ſo muß ſie
mich ſehen und ſprechen; es ſey nun bey gutem
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 671. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/677>, abgerufen am 24.11.2024.
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