Jndem ich mich hiemit beschäfftigte: kam die vermeynte Lady Elisabeth eilfertig zu mir her- auf - - Sie werden bald fertig seyn, meine Wertheste. Mein Enkel ist sehr geschäfftig, sei- ne Briefe zu beantworten. Also will ich nur in Geschwindigkeit wegfahren, mich umkleiden, und sie den Augenblick abholen.
O gnädige Frau! - - Jch bin fertig! Jch bin schon itzo fertig! - - Sie müssen mich hier nicht verlassen. Und so sank ich vor Schrecken in einen Stuhl.
Den Augenblick, den Augenblick, will ich wiederkommen - - Ehe sie noch einmal fertig seyn können - - Ehe sie ihre Sachen können zu- sammengepackt haben - - Wir wollen ja nicht spät fahren - - Die Straßenräuber, wovon wir gehört haben, möchten auf der Lauer seyn - - Lassen sie uns nicht spät fortkommen.
Hiemit eilte sie davon: ehe ich noch ein Wort sagen konnte. Jhre vermeynte Base ging mit ihr fort, ohne mir davon Nachricht zu geben.
Jch hatte gleichwohl noch keinen Verdacht, daß diese Weibsbilder nicht wirklich die vorneh- men Frauenzimmer seyn möchten, deren Person sie spielten, und machte mir selbst aus meiner feigen Furcht einen Vorwurf - - Es kann un- möglich seyn, dachte ich, daß solche Frauenzim- mer gegen eine arme Person; wofür sie so einge- nommen sind, Verrätherey anstiften sollten. Sie müssen unstreitig die Personen seyn, die sie zu seyn scheinen - - Was ist es für eine Thorheit,
daran
Jndem ich mich hiemit beſchaͤfftigte: kam die vermeynte Lady Eliſabeth eilfertig zu mir her- auf ‒ ‒ Sie werden bald fertig ſeyn, meine Wertheſte. Mein Enkel iſt ſehr geſchaͤfftig, ſei- ne Briefe zu beantworten. Alſo will ich nur in Geſchwindigkeit wegfahren, mich umkleiden, und ſie den Augenblick abholen.
O gnaͤdige Frau! ‒ ‒ Jch bin fertig! Jch bin ſchon itzo fertig! ‒ ‒ Sie muͤſſen mich hier nicht verlaſſen. Und ſo ſank ich vor Schrecken in einen Stuhl.
Den Augenblick, den Augenblick, will ich wiederkommen ‒ ‒ Ehe ſie noch einmal fertig ſeyn koͤnnen ‒ ‒ Ehe ſie ihre Sachen koͤnnen zu- ſammengepackt haben ‒ ‒ Wir wollen ja nicht ſpaͤt fahren ‒ ‒ Die Straßenraͤuber, wovon wir gehoͤrt haben, moͤchten auf der Lauer ſeyn ‒ ‒ Laſſen ſie uns nicht ſpaͤt fortkommen.
Hiemit eilte ſie davon: ehe ich noch ein Wort ſagen konnte. Jhre vermeynte Baſe ging mit ihr fort, ohne mir davon Nachricht zu geben.
Jch hatte gleichwohl noch keinen Verdacht, daß dieſe Weibsbilder nicht wirklich die vorneh- men Frauenzimmer ſeyn moͤchten, deren Perſon ſie ſpielten, und machte mir ſelbſt aus meiner feigen Furcht einen Vorwurf ‒ ‒ Es kann un- moͤglich ſeyn, dachte ich, daß ſolche Frauenzim- mer gegen eine arme Perſon; wofuͤr ſie ſo einge- nommen ſind, Verraͤtherey anſtiften ſollten. Sie muͤſſen unſtreitig die Perſonen ſeyn, die ſie zu ſeyn ſcheinen ‒ ‒ Was iſt es fuͤr eine Thorheit,
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Jndem ich mich hiemit beſchaͤfftigte: kam
die vermeynte Lady Eliſabeth eilfertig zu mir her-
auf ‒ ‒ Sie werden bald fertig ſeyn, meine
Wertheſte. Mein Enkel iſt ſehr geſchaͤfftig, ſei-
ne Briefe zu beantworten. Alſo will ich nur in
Geſchwindigkeit wegfahren, mich umkleiden, und
ſie den Augenblick abholen.
O gnaͤdige Frau! ‒ ‒ Jch bin fertig! Jch
bin ſchon itzo fertig! ‒ ‒ Sie muͤſſen mich hier
nicht verlaſſen. Und ſo ſank ich vor Schrecken
in einen Stuhl.
Den Augenblick, den Augenblick, will ich
wiederkommen ‒ ‒ Ehe ſie noch einmal fertig
ſeyn koͤnnen ‒ ‒ Ehe ſie ihre Sachen koͤnnen zu-
ſammengepackt haben ‒ ‒ Wir wollen ja nicht
ſpaͤt fahren ‒ ‒ Die Straßenraͤuber, wovon wir
gehoͤrt haben, moͤchten auf der Lauer ſeyn ‒ ‒
Laſſen ſie uns nicht ſpaͤt fortkommen.
Hiemit eilte ſie davon: ehe ich noch ein Wort
ſagen konnte. Jhre vermeynte Baſe ging mit
ihr fort, ohne mir davon Nachricht zu geben.
Jch hatte gleichwohl noch keinen Verdacht,
daß dieſe Weibsbilder nicht wirklich die vorneh-
men Frauenzimmer ſeyn moͤchten, deren Perſon
ſie ſpielten, und machte mir ſelbſt aus meiner
feigen Furcht einen Vorwurf ‒ ‒ Es kann un-
moͤglich ſeyn, dachte ich, daß ſolche Frauenzim-
mer gegen eine arme Perſon; wofuͤr ſie ſo einge-
nommen ſind, Verraͤtherey anſtiften ſollten. Sie
muͤſſen unſtreitig die Perſonen ſeyn, die ſie zu
ſeyn ſcheinen ‒ ‒ Was iſt es fuͤr eine Thorheit,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/138>, abgerufen am 24.11.2024.
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