und den sie in ihren Gedanken entworfen hatte, seyn sollte;
Und von andern Umständen, welche hier ausgelassen sind, weil man sie in den vorhergehenden Briefen, theils von Herrn Lovelace, theils von seinem Freunde Belford, findet. Hiernächst fähret sie fort:
So bald ich mich an einem sichern Ort be- fand, ergriff ich zur Stunde die Feder, an Sie zu schreiben. Da ich anfing: war ich nur wil- lens sechs oder acht Zeilen zu schreiben, damit ich mich nach ihrem Befinden erkundigte. Denn weil ich keine Nachricht von ihnen hatte: so be- sorgte ich wirklich, daß Sie allzu krank gewesen wären und noch wären, schreiben zu können. Kaum aber fing meine Feder an, das Papier zu beschmieren: so übereilte sie mein trauriges Herz, und der Brief gerieth in die Länge. Die Furcht, worinn ich gestanden, daß ich nicht vermögend seyn würde, davon zu kommen; die Beschwerde, welche ich bey Vollziehung meiner Flucht gehabt, die Schwierigkeit, ein Zimmer für mich zu fin- den, da mir schon in zweyen Häusern die Leute nicht gefallen hatten, und in einem dritten ich den Leuten nicht gefiel, denn Sie müssen geden- ken, daß ich ein schreckliches Ansehen hatte - - Dieß alles, nebst dem Angedenken dessen, was ich von ihm gelitten, nebst meiner ferneren Sorge we- gen meiner Unsicherheit, und endlich meinen ver-
lasse-
und den ſie in ihren Gedanken entworfen hatte, ſeyn ſollte;
Und von andern Umſtaͤnden, welche hier ausgelaſſen ſind, weil man ſie in den vorhergehenden Briefen, theils von Herrn Lovelace, theils von ſeinem Freunde Belford, findet. Hiernaͤchſt faͤhret ſie fort:
So bald ich mich an einem ſichern Ort be- fand, ergriff ich zur Stunde die Feder, an Sie zu ſchreiben. Da ich anfing: war ich nur wil- lens ſechs oder acht Zeilen zu ſchreiben, damit ich mich nach ihrem Befinden erkundigte. Denn weil ich keine Nachricht von ihnen hatte: ſo be- ſorgte ich wirklich, daß Sie allzu krank geweſen waͤren und noch waͤren, ſchreiben zu koͤnnen. Kaum aber fing meine Feder an, das Papier zu beſchmieren: ſo uͤbereilte ſie mein trauriges Herz, und der Brief gerieth in die Laͤnge. Die Furcht, worinn ich geſtanden, daß ich nicht vermoͤgend ſeyn wuͤrde, davon zu kommen; die Beſchwerde, welche ich bey Vollziehung meiner Flucht gehabt, die Schwierigkeit, ein Zimmer fuͤr mich zu fin- den, da mir ſchon in zweyen Haͤuſern die Leute nicht gefallen hatten, und in einem dritten ich den Leuten nicht gefiel, denn Sie muͤſſen geden- ken, daß ich ein ſchreckliches Anſehen hatte ‒ ‒ Dieß alles, nebſt dem Angedenken deſſen, was ich von ihm gelitten, nebſt meiner ferneren Sorge we- gen meiner Unſicherheit, und endlich meinen ver-
laſſe-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><list><item><pbfacs="#f0149"n="143"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
und den ſie in ihren Gedanken entworfen<lb/>
hatte, ſeyn ſollte;</item><lb/><item><hirendition="#fr">Und von andern Umſtaͤnden, welche<lb/>
hier ausgelaſſen ſind, weil man ſie in<lb/>
den vorhergehenden Briefen, theils von<lb/>
Herrn Lovelace, theils von ſeinem<lb/>
Freunde Belford, findet. Hiernaͤchſt<lb/>
faͤhret ſie fort:</hi></item></list><lb/><p>So bald ich mich an einem ſichern Ort be-<lb/>
fand, ergriff ich zur Stunde die Feder, an Sie<lb/>
zu ſchreiben. Da ich anfing: war ich nur wil-<lb/>
lens ſechs oder acht Zeilen zu ſchreiben, damit ich<lb/>
mich nach ihrem Befinden erkundigte. Denn<lb/>
weil ich keine Nachricht von ihnen hatte: ſo be-<lb/>ſorgte ich wirklich, daß Sie allzu krank <hirendition="#fr">geweſen<lb/>
waͤren</hi> und <hirendition="#fr">noch waͤren,</hi>ſchreiben zu koͤnnen.<lb/>
Kaum aber fing meine Feder an, das Papier zu<lb/>
beſchmieren: ſo uͤbereilte ſie mein trauriges Herz,<lb/>
und der Brief gerieth in die Laͤnge. Die Furcht,<lb/>
worinn ich geſtanden, daß ich nicht vermoͤgend<lb/>ſeyn wuͤrde, davon zu kommen; die Beſchwerde,<lb/>
welche ich bey Vollziehung meiner Flucht gehabt,<lb/>
die Schwierigkeit, ein Zimmer fuͤr mich zu fin-<lb/>
den, da mir ſchon in zweyen Haͤuſern die Leute<lb/>
nicht gefallen hatten, und in einem dritten ich<lb/>
den Leuten nicht gefiel, denn Sie muͤſſen geden-<lb/>
ken, daß ich ein ſchreckliches Anſehen hatte ‒‒<lb/>
Dieß alles, nebſt dem Angedenken deſſen, was ich<lb/>
von ihm gelitten, nebſt meiner ferneren Sorge we-<lb/>
gen meiner Unſicherheit, und endlich meinen ver-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">laſſe-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[143/0149]
und den ſie in ihren Gedanken entworfen
hatte, ſeyn ſollte;
Und von andern Umſtaͤnden, welche
hier ausgelaſſen ſind, weil man ſie in
den vorhergehenden Briefen, theils von
Herrn Lovelace, theils von ſeinem
Freunde Belford, findet. Hiernaͤchſt
faͤhret ſie fort:
So bald ich mich an einem ſichern Ort be-
fand, ergriff ich zur Stunde die Feder, an Sie
zu ſchreiben. Da ich anfing: war ich nur wil-
lens ſechs oder acht Zeilen zu ſchreiben, damit ich
mich nach ihrem Befinden erkundigte. Denn
weil ich keine Nachricht von ihnen hatte: ſo be-
ſorgte ich wirklich, daß Sie allzu krank geweſen
waͤren und noch waͤren, ſchreiben zu koͤnnen.
Kaum aber fing meine Feder an, das Papier zu
beſchmieren: ſo uͤbereilte ſie mein trauriges Herz,
und der Brief gerieth in die Laͤnge. Die Furcht,
worinn ich geſtanden, daß ich nicht vermoͤgend
ſeyn wuͤrde, davon zu kommen; die Beſchwerde,
welche ich bey Vollziehung meiner Flucht gehabt,
die Schwierigkeit, ein Zimmer fuͤr mich zu fin-
den, da mir ſchon in zweyen Haͤuſern die Leute
nicht gefallen hatten, und in einem dritten ich
den Leuten nicht gefiel, denn Sie muͤſſen geden-
ken, daß ich ein ſchreckliches Anſehen hatte ‒ ‒
Dieß alles, nebſt dem Angedenken deſſen, was ich
von ihm gelitten, nebſt meiner ferneren Sorge we-
gen meiner Unſicherheit, und endlich meinen ver-
laſſe-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/149>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.