"meiner liebsten Freundinn, zwischen einem "Manne und seiner Frauen eine Uneinigkeit zu "unterhalten, hätten sie verleitet. - - und so hät- "te sie, als wenn ich es selbst wäre, den Brief "von Jhrem Bothen angenommen.
"Jungfer Rawlins giebt sich Mühe, Frau Be- "vis in ihrer Absicht zu entschuldigen. Sie bezeuget "ihre Bestürzung und ihr Beyleid wegen desjeni- "gen, was ich ihr eröffne: aber freuet sich gleich- "wohl, so wie sie alle, daß sie noch zu rechter Zeit "die schändliche Gemüthsart des niederträchtigen "Menschen erfahren hätten; indem die beyden "Witwen, und sie selbst, auf seine ernstliche Ein- "ladung; willens gewesen wären, mich in Frau "Sinclairn Hause zu besuchen; in der Meynung, "daß alles zwischen ihm und mir, wie er sie ver- "sichert hätte, in glücklichem Stande wäre. "Herr Lovelace, meldet sie mir, hätte Frau Moo- "ren ganz wohl befriediget. Sie beschließet mit "dem Wunsch, einer Nachricht von den eigentli- "chen Umständen einer so außerordentlichen Bege- "benheit gewürdiget zu werden, da dieselben dien- "lich seyn mögen, ihr zu zeigen, was für gottlose "Creaturen, unter Weibsleuten so wohl als un- "ter Mannspersonen, in der Welt sind.
Jch danke Jhnen für die Entwürfe von ih- ren zween Briefen, die von diesem abscheulichen Kerl aufgefangen sind. Jch sehe, wie großen Vortheil er, in der Vollführung seiner ehrlosen Anschläge gegen die elende Person, die er so lan-
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„meiner liebſten Freundinn, zwiſchen einem „Manne und ſeiner Frauen eine Uneinigkeit zu „unterhalten, haͤtten ſie verleitet. ‒ ‒ und ſo haͤt- „te ſie, als wenn ich es ſelbſt waͤre, den Brief „von Jhrem Bothen angenommen.
„Jungfer Rawlins giebt ſich Muͤhe, Frau Be- „vis in ihrer Abſicht zu entſchuldigen. Sie bezeuget „ihre Beſtuͤrzung und ihr Beyleid wegen desjeni- „gen, was ich ihr eroͤffne: aber freuet ſich gleich- „wohl, ſo wie ſie alle, daß ſie noch zu rechter Zeit „die ſchaͤndliche Gemuͤthsart des niedertraͤchtigen „Menſchen erfahren haͤtten; indem die beyden „Witwen, und ſie ſelbſt, auf ſeine ernſtliche Ein- „ladung; willens geweſen waͤren, mich in Frau „Sinclairn Hauſe zu beſuchen; in der Meynung, „daß alles zwiſchen ihm und mir, wie er ſie ver- „ſichert haͤtte, in gluͤcklichem Stande waͤre. „Herr Lovelace, meldet ſie mir, haͤtte Frau Moo- „ren ganz wohl befriediget. Sie beſchließet mit „dem Wunſch, einer Nachricht von den eigentli- „chen Umſtaͤnden einer ſo außerordentlichen Bege- „benheit gewuͤrdiget zu werden, da dieſelben dien- „lich ſeyn moͤgen, ihr zu zeigen, was fuͤr gottloſe „Creaturen, unter Weibsleuten ſo wohl als un- „ter Mannsperſonen, in der Welt ſind.
Jch danke Jhnen fuͤr die Entwuͤrfe von ih- ren zween Briefen, die von dieſem abſcheulichen Kerl aufgefangen ſind. Jch ſehe, wie großen Vortheil er, in der Vollfuͤhrung ſeiner ehrloſen Anſchlaͤge gegen die elende Perſon, die er ſo lan-
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„meiner liebſten Freundinn, zwiſchen einem
„Manne und ſeiner Frauen eine Uneinigkeit zu
„unterhalten, haͤtten ſie verleitet. ‒ ‒ und ſo haͤt-
„te ſie, als wenn ich es ſelbſt waͤre, den Brief
„von Jhrem Bothen angenommen.
„Jungfer Rawlins giebt ſich Muͤhe, Frau Be-
„vis in ihrer Abſicht zu entſchuldigen. Sie bezeuget
„ihre Beſtuͤrzung und ihr Beyleid wegen desjeni-
„gen, was ich ihr eroͤffne: aber freuet ſich gleich-
„wohl, ſo wie ſie alle, daß ſie noch zu rechter Zeit
„die ſchaͤndliche Gemuͤthsart des niedertraͤchtigen
„Menſchen erfahren haͤtten; indem die beyden
„Witwen, und ſie ſelbſt, auf ſeine ernſtliche Ein-
„ladung; willens geweſen waͤren, mich in Frau
„Sinclairn Hauſe zu beſuchen; in der Meynung,
„daß alles zwiſchen ihm und mir, wie er ſie ver-
„ſichert haͤtte, in gluͤcklichem Stande waͤre.
„Herr Lovelace, meldet ſie mir, haͤtte Frau Moo-
„ren ganz wohl befriediget. Sie beſchließet mit
„dem Wunſch, einer Nachricht von den eigentli-
„chen Umſtaͤnden einer ſo außerordentlichen Bege-
„benheit gewuͤrdiget zu werden, da dieſelben dien-
„lich ſeyn moͤgen, ihr zu zeigen, was fuͤr gottloſe
„Creaturen, unter Weibsleuten ſo wohl als un-
„ter Mannsperſonen, in der Welt ſind.
Jch danke Jhnen fuͤr die Entwuͤrfe von ih-
ren zween Briefen, die von dieſem abſcheulichen
Kerl aufgefangen ſind. Jch ſehe, wie großen
Vortheil er, in der Vollfuͤhrung ſeiner ehrloſen
Anſchlaͤge gegen die elende Perſon, die er ſo lan-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/173>, abgerufen am 21.11.2024.
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