Der neun und zwanzigste Brief von Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.
Sonnabends frühe um sechse den 8ten Jul.
Habe ich nichts neues, nichts lustiges, bey mei- ner grillenfängerischen Lebensart, fragst du mich in einem von deinen dreyen Briefen, dich damit vergnügt zu unterhalten? - - Du sagst mir zugleich, daß, wenn ich nur das Geringste zu verzählen habe, damit die niedersächsische Redensart ja angebracht werde, ich am meisten belustige. Eine artige Hoflichkeit, ent- weder gegen dich selbst, oder gegen mich! Jn Wahrheit gegen beyde! - - Ein Zeichen, daß du ein eben so windichtes Herz, als ich einen win- dichten Kopf habe. Allein kannst du vermuthen, daß die unvergleichliche Fräulein nicht Alles, nicht Alles in Allen, bey mir sey? Gleichwohl fürch- te ich mich auch so gar, an sie zu gedenken. Denn sonder Zweifel muß dieß das erste seyn, daß alle meine Anschläge und Erfindungen verrathen werden.
Der alte Lord hat gleichfalls den Kopf ganz voll von der Fräulein Harlowe: und meine Basen nicht weniger. Er hoffet, ich werde doch nicht ein solcher Hund seyn; hier hast du eine Probe von seiner Lordmäßigen Art zu reden; daß ich gegen ein Frauenzimmer von so vielen Verdien-
sten,
Der neun und zwanzigſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.
Sonnabends fruͤhe um ſechſe den 8ten Jul.
Habe ich nichts neues, nichts luſtiges, bey mei- ner grillenfaͤngeriſchen Lebensart, fragſt du mich in einem von deinen dreyen Briefen, dich damit vergnuͤgt zu unterhalten? ‒ ‒ Du ſagſt mir zugleich, daß, wenn ich nur das Geringſte zu verzaͤhlen habe, damit die niederſaͤchſiſche Redensart ja angebracht werde, ich am meiſten beluſtige. Eine artige Hoflichkeit, ent- weder gegen dich ſelbſt, oder gegen mich! Jn Wahrheit gegen beyde! ‒ ‒ Ein Zeichen, daß du ein eben ſo windichtes Herz, als ich einen win- dichten Kopf habe. Allein kannſt du vermuthen, daß die unvergleichliche Fraͤulein nicht Alles, nicht Alles in Allen, bey mir ſey? Gleichwohl fuͤrch- te ich mich auch ſo gar, an ſie zu gedenken. Denn ſonder Zweifel muß dieß das erſte ſeyn, daß alle meine Anſchlaͤge und Erfindungen verrathen werden.
Der alte Lord hat gleichfalls den Kopf ganz voll von der Fraͤulein Harlowe: und meine Baſen nicht weniger. Er hoffet, ich werde doch nicht ein ſolcher Hund ſeyn; hier haſt du eine Probe von ſeiner Lordmaͤßigen Art zu reden; daß ich gegen ein Frauenzimmer von ſo vielen Verdien-
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Der neun und zwanzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.
Sonnabends fruͤhe um ſechſe den 8ten Jul.
Habe ich nichts neues, nichts luſtiges, bey mei-
ner grillenfaͤngeriſchen Lebensart, fragſt du
mich in einem von deinen dreyen Briefen, dich
damit vergnuͤgt zu unterhalten? ‒ ‒ Du ſagſt
mir zugleich, daß, wenn ich nur das Geringſte zu
verzaͤhlen habe, damit die niederſaͤchſiſche
Redensart ja angebracht werde, ich am
meiſten beluſtige. Eine artige Hoflichkeit, ent-
weder gegen dich ſelbſt, oder gegen mich! Jn
Wahrheit gegen beyde! ‒ ‒ Ein Zeichen, daß
du ein eben ſo windichtes Herz, als ich einen win-
dichten Kopf habe. Allein kannſt du vermuthen,
daß die unvergleichliche Fraͤulein nicht Alles, nicht
Alles in Allen, bey mir ſey? Gleichwohl fuͤrch-
te ich mich auch ſo gar, an ſie zu gedenken. Denn
ſonder Zweifel muß dieß das erſte ſeyn, daß alle
meine Anſchlaͤge und Erfindungen verrathen
werden.
Der alte Lord hat gleichfalls den Kopf ganz
voll von der Fraͤulein Harlowe: und meine Baſen
nicht weniger. Er hoffet, ich werde doch nicht
ein ſolcher Hund ſeyn; hier haſt du eine Probe
von ſeiner Lordmaͤßigen Art zu reden; daß ich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/190>, abgerufen am 24.11.2024.
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