Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite




Der neun und zwanzigste Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.

Habe ich nichts neues, nichts lustiges, bey mei-
ner grillenfängerischen Lebensart, fragst du
mich in einem von deinen dreyen Briefen, dich
damit vergnügt zu unterhalten? - - Du sagst
mir zugleich, daß, wenn ich nur das Geringste zu
verzählen habe, damit die niedersächsische
Redensart ja angebracht werde,
ich am
meisten belustige. Eine artige Hoflichkeit, ent-
weder gegen dich selbst, oder gegen mich! Jn
Wahrheit gegen beyde! - - Ein Zeichen, daß
du ein eben so windichtes Herz, als ich einen win-
dichten Kopf habe. Allein kannst du vermuthen,
daß die unvergleichliche Fräulein nicht Alles, nicht
Alles in Allen, bey mir sey? Gleichwohl fürch-
te ich mich auch so gar, an sie zu gedenken. Denn
sonder Zweifel muß dieß das erste seyn, daß alle
meine Anschläge und Erfindungen verrathen
werden.

Der alte Lord hat gleichfalls den Kopf ganz
voll von der Fräulein Harlowe: und meine Basen
nicht weniger. Er hoffet, ich werde doch nicht
ein solcher Hund seyn; hier hast du eine Probe
von seiner Lordmäßigen Art zu reden; daß ich
gegen ein Frauenzimmer von so vielen Verdien-

sten,




Der neun und zwanzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.

Habe ich nichts neues, nichts luſtiges, bey mei-
ner grillenfaͤngeriſchen Lebensart, fragſt du
mich in einem von deinen dreyen Briefen, dich
damit vergnuͤgt zu unterhalten? ‒ ‒ Du ſagſt
mir zugleich, daß, wenn ich nur das Geringſte zu
verzaͤhlen habe, damit die niederſaͤchſiſche
Redensart ja angebracht werde,
ich am
meiſten beluſtige. Eine artige Hoflichkeit, ent-
weder gegen dich ſelbſt, oder gegen mich! Jn
Wahrheit gegen beyde! ‒ ‒ Ein Zeichen, daß
du ein eben ſo windichtes Herz, als ich einen win-
dichten Kopf habe. Allein kannſt du vermuthen,
daß die unvergleichliche Fraͤulein nicht Alles, nicht
Alles in Allen, bey mir ſey? Gleichwohl fuͤrch-
te ich mich auch ſo gar, an ſie zu gedenken. Denn
ſonder Zweifel muß dieß das erſte ſeyn, daß alle
meine Anſchlaͤge und Erfindungen verrathen
werden.

Der alte Lord hat gleichfalls den Kopf ganz
voll von der Fraͤulein Harlowe: und meine Baſen
nicht weniger. Er hoffet, ich werde doch nicht
ein ſolcher Hund ſeyn; hier haſt du eine Probe
von ſeiner Lordmaͤßigen Art zu reden; daß ich
gegen ein Frauenzimmer von ſo vielen Verdien-

ſten,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0190" n="184"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der neun und zwanzig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Sonnabends fru&#x0364;he um &#x017F;ech&#x017F;e den 8ten Jul.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">H</hi>abe ich nichts neues, nichts lu&#x017F;tiges, bey mei-<lb/>
ner grillenfa&#x0364;ngeri&#x017F;chen Lebensart, frag&#x017F;t du<lb/>
mich in einem von deinen dreyen Briefen, dich<lb/>
damit vergnu&#x0364;gt zu unterhalten? &#x2012; &#x2012; Du &#x017F;ag&#x017F;t<lb/>
mir zugleich, daß, wenn ich nur das Gering&#x017F;te zu<lb/><hi rendition="#fr">verza&#x0364;hlen</hi> habe, <hi rendition="#fr">damit die nieder&#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Redensart ja angebracht werde,</hi> ich am<lb/>
mei&#x017F;ten belu&#x017F;tige. Eine artige Hoflichkeit, ent-<lb/>
weder gegen dich &#x017F;elb&#x017F;t, oder gegen mich! Jn<lb/>
Wahrheit gegen beyde! &#x2012; &#x2012; Ein Zeichen, daß<lb/>
du ein eben &#x017F;o windichtes Herz, als ich einen win-<lb/>
dichten Kopf habe. Allein kann&#x017F;t du vermuthen,<lb/>
daß die unvergleichliche Fra&#x0364;ulein nicht Alles, nicht<lb/>
Alles in Allen, bey mir &#x017F;ey? Gleichwohl fu&#x0364;rch-<lb/>
te ich mich auch &#x017F;o gar, an &#x017F;ie zu gedenken. Denn<lb/>
&#x017F;onder Zweifel muß dieß das er&#x017F;te &#x017F;eyn, daß alle<lb/>
meine An&#x017F;chla&#x0364;ge und Erfindungen verrathen<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p>Der alte Lord hat gleichfalls den Kopf ganz<lb/>
voll von der Fra&#x0364;ulein Harlowe: und meine Ba&#x017F;en<lb/>
nicht weniger. Er hoffet, ich werde doch nicht<lb/>
ein &#x017F;olcher Hund &#x017F;eyn; hier ha&#x017F;t du eine Probe<lb/>
von &#x017F;einer Lordma&#x0364;ßigen Art zu reden; daß ich<lb/>
gegen ein Frauenzimmer von &#x017F;o vielen Verdien-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ten,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0190] Der neun und zwanzigſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford. Sonnabends fruͤhe um ſechſe den 8ten Jul. Habe ich nichts neues, nichts luſtiges, bey mei- ner grillenfaͤngeriſchen Lebensart, fragſt du mich in einem von deinen dreyen Briefen, dich damit vergnuͤgt zu unterhalten? ‒ ‒ Du ſagſt mir zugleich, daß, wenn ich nur das Geringſte zu verzaͤhlen habe, damit die niederſaͤchſiſche Redensart ja angebracht werde, ich am meiſten beluſtige. Eine artige Hoflichkeit, ent- weder gegen dich ſelbſt, oder gegen mich! Jn Wahrheit gegen beyde! ‒ ‒ Ein Zeichen, daß du ein eben ſo windichtes Herz, als ich einen win- dichten Kopf habe. Allein kannſt du vermuthen, daß die unvergleichliche Fraͤulein nicht Alles, nicht Alles in Allen, bey mir ſey? Gleichwohl fuͤrch- te ich mich auch ſo gar, an ſie zu gedenken. Denn ſonder Zweifel muß dieß das erſte ſeyn, daß alle meine Anſchlaͤge und Erfindungen verrathen werden. Der alte Lord hat gleichfalls den Kopf ganz voll von der Fraͤulein Harlowe: und meine Baſen nicht weniger. Er hoffet, ich werde doch nicht ein ſolcher Hund ſeyn; hier haſt du eine Probe von ſeiner Lordmaͤßigen Art zu reden; daß ich gegen ein Frauenzimmer von ſo vielen Verdien- ſten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/190
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/190>, abgerufen am 24.11.2024.