Sie sollen mit ihrem alten Onkel früh stücken und einander angähnen, als gieng es um eine Wette. Jch will unterdessen in meinem offnen Wagen zu dem Obristen Ambrosius fahren, der mich gestern so wohl zum Frühstück als zum Mittagsmahl ein- geladen hat, weil zwo Basen von Yorkshire, ge- priesene Schönheiten, bey ihm sind, welche schon vierzehn Tage da gewesen, und mich, wie er sagt, gern sehen wollen. So, Bruder! laufen doch noch nicht alle Weibsleute von mir weg, Gott sey Dank! - - Jch wünschte, daß mein Herz mir zuließe, da die entflohene Schöne so undankbar ist, sie durch eine andere Schönheit aus demselben zu vertreiben. Aber wer kann sie verdrängen? Wer kann einen Platz in demselben haben: nachdem Fräulein Clarissa Harlowe es eingenommen hat?
Wenn ich wieder komme, will ich fortschrei- ben, dir einen Gefallen zu thun, wo ich etwas zu schreiben finden kann.
Mein Wagen steht bereit. Meine Basen lassen mir sagen, daß sie den Augenblick herunter kommen. So will ich ihnen zum Possen schon weg seyn.
Sonnabends, Nachmittags.
Jch blieb bey dem Obristen, und speisete zu Mittage mit ihm, und seiner Frauen, und sei- nen Basen: aber den Nachmittag konnte ich nicht mit ihnen zubringen; das wollte mein Herz nicht lei- den. Es war genug an den Personen und Gesich-
tern
Sie ſollen mit ihrem alten Onkel fruͤh ſtuͤcken und einander angaͤhnen, als gieng es um eine Wette. Jch will unterdeſſen in meinem offnen Wagen zu dem Obriſten Ambroſius fahren, der mich geſtern ſo wohl zum Fruͤhſtuͤck als zum Mittagsmahl ein- geladen hat, weil zwo Baſen von Yorkshire, ge- prieſene Schoͤnheiten, bey ihm ſind, welche ſchon vierzehn Tage da geweſen, und mich, wie er ſagt, gern ſehen wollen. So, Bruder! laufen doch noch nicht alle Weibsleute von mir weg, Gott ſey Dank! ‒ ‒ Jch wuͤnſchte, daß mein Herz mir zuließe, da die entflohene Schoͤne ſo undankbar iſt, ſie durch eine andere Schoͤnheit aus demſelben zu vertreiben. Aber wer kann ſie verdraͤngen? Wer kann einen Platz in demſelben haben: nachdem Fraͤulein Clariſſa Harlowe es eingenommen hat?
Wenn ich wieder komme, will ich fortſchrei- ben, dir einen Gefallen zu thun, wo ich etwas zu ſchreiben finden kann.
Mein Wagen ſteht bereit. Meine Baſen laſſen mir ſagen, daß ſie den Augenblick herunter kommen. So will ich ihnen zum Poſſen ſchon weg ſeyn.
Sonnabends, Nachmittags.
Jch blieb bey dem Obriſten, und ſpeiſete zu Mittage mit ihm, und ſeiner Frauen, und ſei- nen Baſen: aber den Nachmittag konnte ich nicht mit ihnen zubringen; das wollte mein Herz nicht lei- den. Es war genug an den Perſonen und Geſich-
tern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0192"n="186"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Sie ſollen mit ihrem alten Onkel fruͤh ſtuͤcken und<lb/>
einander angaͤhnen, als gieng es um eine Wette.<lb/>
Jch will unterdeſſen in meinem offnen Wagen zu<lb/>
dem Obriſten Ambroſius fahren, der mich geſtern<lb/>ſo wohl zum Fruͤhſtuͤck als zum Mittagsmahl ein-<lb/>
geladen hat, weil zwo Baſen von Yorkshire, ge-<lb/>
prieſene Schoͤnheiten, bey ihm ſind, welche ſchon<lb/>
vierzehn Tage da geweſen, und <hirendition="#fr">mich,</hi> wie er<lb/>ſagt, gern ſehen wollen. So, Bruder! laufen<lb/>
doch noch nicht alle Weibsleute von mir weg,<lb/>
Gott ſey Dank! ‒‒ Jch wuͤnſchte, daß mein<lb/>
Herz mir zuließe, da die entflohene Schoͤne ſo<lb/>
undankbar iſt, ſie durch eine andere Schoͤnheit<lb/>
aus demſelben zu vertreiben. Aber wer kann ſie<lb/>
verdraͤngen? Wer kann einen Platz in demſelben<lb/>
haben: nachdem Fraͤulein Clariſſa Harlowe es<lb/>
eingenommen hat?</p><lb/><p>Wenn ich wieder komme, will ich fortſchrei-<lb/>
ben, dir einen Gefallen zu thun, wo ich etwas zu<lb/>ſchreiben finden kann.</p><lb/><p>Mein Wagen ſteht bereit. Meine Baſen<lb/>
laſſen mir ſagen, daß ſie den Augenblick herunter<lb/>
kommen. So will ich ihnen zum Poſſen ſchon<lb/>
weg ſeyn.</p><lb/><p><hirendition="#et">Sonnabends, Nachmittags.</hi></p><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ch blieb bey dem Obriſten, und ſpeiſete zu<lb/>
Mittage mit ihm, und ſeiner Frauen, und ſei-<lb/>
nen Baſen: aber den Nachmittag konnte ich nicht<lb/>
mit ihnen zubringen; das wollte mein Herz nicht lei-<lb/>
den. Es war genug an den Perſonen und Geſich-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">tern</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[186/0192]
Sie ſollen mit ihrem alten Onkel fruͤh ſtuͤcken und
einander angaͤhnen, als gieng es um eine Wette.
Jch will unterdeſſen in meinem offnen Wagen zu
dem Obriſten Ambroſius fahren, der mich geſtern
ſo wohl zum Fruͤhſtuͤck als zum Mittagsmahl ein-
geladen hat, weil zwo Baſen von Yorkshire, ge-
prieſene Schoͤnheiten, bey ihm ſind, welche ſchon
vierzehn Tage da geweſen, und mich, wie er
ſagt, gern ſehen wollen. So, Bruder! laufen
doch noch nicht alle Weibsleute von mir weg,
Gott ſey Dank! ‒ ‒ Jch wuͤnſchte, daß mein
Herz mir zuließe, da die entflohene Schoͤne ſo
undankbar iſt, ſie durch eine andere Schoͤnheit
aus demſelben zu vertreiben. Aber wer kann ſie
verdraͤngen? Wer kann einen Platz in demſelben
haben: nachdem Fraͤulein Clariſſa Harlowe es
eingenommen hat?
Wenn ich wieder komme, will ich fortſchrei-
ben, dir einen Gefallen zu thun, wo ich etwas zu
ſchreiben finden kann.
Mein Wagen ſteht bereit. Meine Baſen
laſſen mir ſagen, daß ſie den Augenblick herunter
kommen. So will ich ihnen zum Poſſen ſchon
weg ſeyn.
Sonnabends, Nachmittags.
Jch blieb bey dem Obriſten, und ſpeiſete zu
Mittage mit ihm, und ſeiner Frauen, und ſei-
nen Baſen: aber den Nachmittag konnte ich nicht
mit ihnen zubringen; das wollte mein Herz nicht lei-
den. Es war genug an den Perſonen und Geſich-
tern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/192>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.