mals rathen konnte, das laudanum, diesen ein- schläfernden und betäubenden Trank, und das nasse Tuch zu gebrauchen (*); und doch acht tau- send Pfund jährlicher Einkünfte mir durch die Finger weggleiten lassen mochte, da ich sie mir schon mehr, als durch bloße Vorstellung, zuge- eignet hatte. Denn ich hatte wirklich angefangen, die Verwalter zu befragen, und sie anzuhören, wenn sie von Handgeld, von Erneurung der mit ihnen gemachten Vergleiche, und dergleichen Zeuge mehr schwatzten.
Du kannst dir nicht einbilden, wie sich seit gestern das Bezeigen der Bedienten und so gar meiner Basen verändert hät. Weder diese noch jene bücken und neigen sich halb so tief mehr. - - Jch heiße nicht den vierten Theil so viel seine Gnaden, und ihre Gnaden, bey den erstern, als ich es vor diesen wenigen Stunden bey ihnen hieß: und in Ansehung der letztern, ist es nun wieder Vetter Robert, mit der gewöhnlichen Vertraulichkeit, statt Herr, und Herr, und, wenn es ihnen gefällig ist, Herr Lovelace. Ja sie sind nun so vermessen, daß sie mir zur Ge- nesung des gütigsten Onkels Glück wünschen: und ich bin genöthigt, mich eben so vergnügt zu stellen, als sie sind; da ich doch, wenn es helfen wollte, mich hinsetzen und mir die Augen aus- heulen könnte.
Jch hatte in Gedanken meine Trauer schon besprochen; nach dem Beyspiel eines gewissen
Staats-
(*) Siehe den IV. Theil. S. 127. 128.
mals rathen konnte, das laudanum, dieſen ein- ſchlaͤfernden und betaͤubenden Trank, und das naſſe Tuch zu gebrauchen (*); und doch acht tau- ſend Pfund jaͤhrlicher Einkuͤnfte mir durch die Finger weggleiten laſſen mochte, da ich ſie mir ſchon mehr, als durch bloße Vorſtellung, zuge- eignet hatte. Denn ich hatte wirklich angefangen, die Verwalter zu befragen, und ſie anzuhoͤren, wenn ſie von Handgeld, von Erneurung der mit ihnen gemachten Vergleiche, und dergleichen Zeuge mehr ſchwatzten.
Du kannſt dir nicht einbilden, wie ſich ſeit geſtern das Bezeigen der Bedienten und ſo gar meiner Baſen veraͤndert haͤt. Weder dieſe noch jene buͤcken und neigen ſich halb ſo tief mehr. ‒ ‒ Jch heiße nicht den vierten Theil ſo viel ſeine Gnaden, und ihre Gnaden, bey den erſtern, als ich es vor dieſen wenigen Stunden bey ihnen hieß: und in Anſehung der letztern, iſt es nun wieder Vetter Robert, mit der gewoͤhnlichen Vertraulichkeit, ſtatt Herr, und Herr, und, wenn es ihnen gefaͤllig iſt, Herr Lovelace. Ja ſie ſind nun ſo vermeſſen, daß ſie mir zur Ge- neſung des guͤtigſten Onkels Gluͤck wuͤnſchen: und ich bin genoͤthigt, mich eben ſo vergnuͤgt zu ſtellen, als ſie ſind; da ich doch, wenn es helfen wollte, mich hinſetzen und mir die Augen aus- heulen koͤnnte.
Jch hatte in Gedanken meine Trauer ſchon beſprochen; nach dem Beyſpiel eines gewiſſen
Staats-
(*) Siehe den IV. Theil. S. 127. 128.
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mals rathen konnte, das laudanum, dieſen ein-
ſchlaͤfernden und betaͤubenden Trank, und das
naſſe Tuch zu gebrauchen (*); und doch acht tau-
ſend Pfund jaͤhrlicher Einkuͤnfte mir durch die
Finger weggleiten laſſen mochte, da ich ſie mir
ſchon mehr, als durch bloße Vorſtellung, zuge-
eignet hatte. Denn ich hatte wirklich angefangen,
die Verwalter zu befragen, und ſie anzuhoͤren,
wenn ſie von Handgeld, von Erneurung der mit
ihnen gemachten Vergleiche, und dergleichen
Zeuge mehr ſchwatzten.
Du kannſt dir nicht einbilden, wie ſich ſeit
geſtern das Bezeigen der Bedienten und ſo gar
meiner Baſen veraͤndert haͤt. Weder dieſe noch
jene buͤcken und neigen ſich halb ſo tief mehr. ‒ ‒
Jch heiße nicht den vierten Theil ſo viel ſeine
Gnaden, und ihre Gnaden, bey den erſtern,
als ich es vor dieſen wenigen Stunden bey ihnen
hieß: und in Anſehung der letztern, iſt es nun
wieder Vetter Robert, mit der gewoͤhnlichen
Vertraulichkeit, ſtatt Herr, und Herr, und,
wenn es ihnen gefaͤllig iſt, Herr Lovelace.
Ja ſie ſind nun ſo vermeſſen, daß ſie mir zur Ge-
neſung des guͤtigſten Onkels Gluͤck wuͤnſchen:
und ich bin genoͤthigt, mich eben ſo vergnuͤgt zu
ſtellen, als ſie ſind; da ich doch, wenn es helfen
wollte, mich hinſetzen und mir die Augen aus-
heulen koͤnnte.
Jch hatte in Gedanken meine Trauer ſchon
beſprochen; nach dem Beyſpiel eines gewiſſen
Staats-
(*) Siehe den IV. Theil. S. 127. 128.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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