deine zerstochene Seiten, von deiner verdienten Marter giebest!
Jch will bey jeder Gelegenheit, die sich dar- bietet, mehr Stacheln in dein Faß schlagen, und dich Berg ab, und auf, rollen, wie du wieder zu Gefühl kommst, oder vielmehr wieder unem- pfindlich wirst. Du weißt also die Bedingun- gen, unter welchen du den Briefwechsel mit mir haben sollst. Bin ich nicht berechtiget, dein bis- her schwielichthartes Herz, wo möglich, zu Re- gungen des Gewissens zu erweichen: da ich be- ständig, bey dem ganzen Verlauf der Sache, und beyzeiten, wider deine unmenschliche und un- dankbare Treulosigkeit gegen ein so edles Frauen- zimmer, Vorstellungen gethan habe?
Nur muß ich dir eines noch einmal nach- drücklich vorhalten, wovon ich vorher vielleicht zu sehr obenhin Erwähnung gethan. Die Fräu- lein ist bloß durch meine feyerliche Versicherun- gen, daß sie sich fest darauf verlassen könnte, sie würde von euren Besuchen frey seyn, gewonnen worden, sich nicht zu einer neuen Wohnung zu begeben, wo weder ihr noch ich im Stande seyn sollten, sie zu finden.
Jch glaubte, daß ich ihr diese Versicherun- gen geben möchte: nicht allein, weil ihr es ver- sprochen habt; sondern auch weil es für euch nö- thig ist, ihren Aufenthalt zu wissen, damit ihr euch durch eure Freunde an sie wenden könnet.
Setze mich daher in den Stand, ihr diese meine feyerlichen Verbindungen zu leisten: oder
gute
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deine zerſtochene Seiten, von deiner verdienten Marter giebeſt!
Jch will bey jeder Gelegenheit, die ſich dar- bietet, mehr Stacheln in dein Faß ſchlagen, und dich Berg ab, und auf, rollen, wie du wieder zu Gefuͤhl kommſt, oder vielmehr wieder unem- pfindlich wirſt. Du weißt alſo die Bedingun- gen, unter welchen du den Briefwechſel mit mir haben ſollſt. Bin ich nicht berechtiget, dein bis- her ſchwielichthartes Herz, wo moͤglich, zu Re- gungen des Gewiſſens zu erweichen: da ich be- ſtaͤndig, bey dem ganzen Verlauf der Sache, und beyzeiten, wider deine unmenſchliche und un- dankbare Treuloſigkeit gegen ein ſo edles Frauen- zimmer, Vorſtellungen gethan habe?
Nur muß ich dir eines noch einmal nach- druͤcklich vorhalten, wovon ich vorher vielleicht zu ſehr obenhin Erwaͤhnung gethan. Die Fraͤu- lein iſt bloß durch meine feyerliche Verſicherun- gen, daß ſie ſich feſt darauf verlaſſen koͤnnte, ſie wuͤrde von euren Beſuchen frey ſeyn, gewonnen worden, ſich nicht zu einer neuen Wohnung zu begeben, wo weder ihr noch ich im Stande ſeyn ſollten, ſie zu finden.
Jch glaubte, daß ich ihr dieſe Verſicherun- gen geben moͤchte: nicht allein, weil ihr es ver- ſprochen habt; ſondern auch weil es fuͤr euch noͤ- thig iſt, ihren Aufenthalt zu wiſſen, damit ihr euch durch eure Freunde an ſie wenden koͤnnet.
Setze mich daher in den Stand, ihr dieſe meine feyerlichen Verbindungen zu leiſten: oder
gute
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deine zerſtochene Seiten, von deiner verdienten
Marter giebeſt!
Jch will bey jeder Gelegenheit, die ſich dar-
bietet, mehr Stacheln in dein Faß ſchlagen, und
dich Berg ab, und auf, rollen, wie du wieder zu
Gefuͤhl kommſt, oder vielmehr wieder unem-
pfindlich wirſt. Du weißt alſo die Bedingun-
gen, unter welchen du den Briefwechſel mit mir
haben ſollſt. Bin ich nicht berechtiget, dein bis-
her ſchwielichthartes Herz, wo moͤglich, zu Re-
gungen des Gewiſſens zu erweichen: da ich be-
ſtaͤndig, bey dem ganzen Verlauf der Sache, und
beyzeiten, wider deine unmenſchliche und un-
dankbare Treuloſigkeit gegen ein ſo edles Frauen-
zimmer, Vorſtellungen gethan habe?
Nur muß ich dir eines noch einmal nach-
druͤcklich vorhalten, wovon ich vorher vielleicht zu
ſehr obenhin Erwaͤhnung gethan. Die Fraͤu-
lein iſt bloß durch meine feyerliche Verſicherun-
gen, daß ſie ſich feſt darauf verlaſſen koͤnnte, ſie
wuͤrde von euren Beſuchen frey ſeyn, gewonnen
worden, ſich nicht zu einer neuen Wohnung zu
begeben, wo weder ihr noch ich im Stande ſeyn
ſollten, ſie zu finden.
Jch glaubte, daß ich ihr dieſe Verſicherun-
gen geben moͤchte: nicht allein, weil ihr es ver-
ſprochen habt; ſondern auch weil es fuͤr euch noͤ-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/351>, abgerufen am 22.11.2024.
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