armes Bübchen von mir zu thun, daß ich Sie und ihn mit einander stillen möchte, da sie nur weni- ge Tage nach einander gebohren waren. Und seit der Zeit hat es mir niemals an dem geringen Segen gefehlet, mit welchem mich Gott zufrie- den gemachet hat.
Jch habe auch, von dem Sterbetage meines armen Mannes an, nicht gewußt, was ein recht großer Kummer wäre, bis auf den Tag, als Jhre Eltern mir sagten, wie fest sie sich vorgese- tzet hätten, daß Sie Herrn Solmes nehmen soll- ten: da ich nicht nur von ihrer Abneigung von ihm versichert war; sondern auch gewiß wußte, wie unwürdig er Jhrer wäre. Denn damals fing ich an, die Folgen zu befürchten, welche ent- stehen würden, wenn man ein so edles Gemüth zwingen wollte. Bis auf die Zeit hatte ich auch vor Herrn Lovelace keine Furcht gehabt: so ein- nehmend seine Person, und so scheinbar seine Aufführung und sein Antrag war. Denn ich wußte gewiß, daß Sie ihn niemals nehmen wür- den, bis Sie durch gute Gründe von seiner Bes- serung überzeugt, und Jhre Freunde damit eben so wohl, als Sie selbst, zufrieden wären. Aber das unglückliche Misverständniß zwischen Jhrem Bruder und Herrn Lovelace, und die heftige Vereinigung der Jhrigen, Jhnen Herrn Solmes aufzudringen, brachte alle das Unglück zuwege, welches Jhnen und jenen so theuer zu stehen ge- kommen ist, und mich Elende alle meine Ruhe ge-
kostet
armes Buͤbchen von mir zu thun, daß ich Sie und ihn mit einander ſtillen moͤchte, da ſie nur weni- ge Tage nach einander gebohren waren. Und ſeit der Zeit hat es mir niemals an dem geringen Segen gefehlet, mit welchem mich Gott zufrie- den gemachet hat.
Jch habe auch, von dem Sterbetage meines armen Mannes an, nicht gewußt, was ein recht großer Kummer waͤre, bis auf den Tag, als Jhre Eltern mir ſagten, wie feſt ſie ſich vorgeſe- tzet haͤtten, daß Sie Herrn Solmes nehmen ſoll- ten: da ich nicht nur von ihrer Abneigung von ihm verſichert war; ſondern auch gewiß wußte, wie unwuͤrdig er Jhrer waͤre. Denn damals fing ich an, die Folgen zu befuͤrchten, welche ent- ſtehen wuͤrden, wenn man ein ſo edles Gemuͤth zwingen wollte. Bis auf die Zeit hatte ich auch vor Herrn Lovelace keine Furcht gehabt: ſo ein- nehmend ſeine Perſon, und ſo ſcheinbar ſeine Auffuͤhrung und ſein Antrag war. Denn ich wußte gewiß, daß Sie ihn niemals nehmen wuͤr- den, bis Sie durch gute Gruͤnde von ſeiner Beſ- ſerung uͤberzeugt, und Jhre Freunde damit eben ſo wohl, als Sie ſelbſt, zufrieden waͤren. Aber das ungluͤckliche Misverſtaͤndniß zwiſchen Jhrem Bruder und Herrn Lovelace, und die heftige Vereinigung der Jhrigen, Jhnen Herrn Solmes aufzudringen, brachte alle das Ungluͤck zuwege, welches Jhnen und jenen ſo theuer zu ſtehen ge- kommen iſt, und mich Elende alle meine Ruhe ge-
koſtet
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0042"n="36"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
armes Buͤbchen von mir zu thun, daß ich Sie und<lb/>
ihn mit einander ſtillen moͤchte, da ſie nur weni-<lb/>
ge Tage nach einander gebohren waren. Und<lb/>ſeit der Zeit hat es mir niemals an dem geringen<lb/>
Segen gefehlet, mit welchem mich Gott zufrie-<lb/>
den gemachet hat.</p><lb/><p>Jch habe auch, von dem Sterbetage meines<lb/>
armen Mannes an, nicht gewußt, was ein recht<lb/>
großer Kummer waͤre, bis auf den Tag, als<lb/>
Jhre Eltern mir ſagten, wie feſt ſie ſich vorgeſe-<lb/>
tzet haͤtten, daß Sie Herrn Solmes nehmen ſoll-<lb/>
ten: da ich nicht nur von ihrer Abneigung von<lb/>
ihm verſichert war; ſondern auch gewiß wußte,<lb/>
wie unwuͤrdig er Jhrer waͤre. Denn damals<lb/>
fing ich an, die Folgen zu befuͤrchten, welche ent-<lb/>ſtehen wuͤrden, wenn man ein ſo edles Gemuͤth<lb/>
zwingen wollte. Bis auf die Zeit hatte ich auch<lb/>
vor Herrn Lovelace keine Furcht gehabt: ſo ein-<lb/>
nehmend ſeine Perſon, und ſo ſcheinbar ſeine<lb/>
Auffuͤhrung und ſein Antrag war. Denn ich<lb/>
wußte gewiß, daß Sie ihn niemals nehmen wuͤr-<lb/>
den, bis Sie durch gute Gruͤnde von ſeiner Beſ-<lb/>ſerung uͤberzeugt, und Jhre Freunde damit eben<lb/>ſo wohl, als Sie ſelbſt, zufrieden waͤren. Aber<lb/>
das ungluͤckliche Misverſtaͤndniß zwiſchen Jhrem<lb/>
Bruder und Herrn Lovelace, und die heftige<lb/>
Vereinigung der Jhrigen, Jhnen Herrn Solmes<lb/>
aufzudringen, brachte alle das Ungluͤck zuwege,<lb/>
welches Jhnen und jenen ſo theuer zu ſtehen ge-<lb/>
kommen iſt, und mich Elende alle meine Ruhe ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">koſtet</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[36/0042]
armes Buͤbchen von mir zu thun, daß ich Sie und
ihn mit einander ſtillen moͤchte, da ſie nur weni-
ge Tage nach einander gebohren waren. Und
ſeit der Zeit hat es mir niemals an dem geringen
Segen gefehlet, mit welchem mich Gott zufrie-
den gemachet hat.
Jch habe auch, von dem Sterbetage meines
armen Mannes an, nicht gewußt, was ein recht
großer Kummer waͤre, bis auf den Tag, als
Jhre Eltern mir ſagten, wie feſt ſie ſich vorgeſe-
tzet haͤtten, daß Sie Herrn Solmes nehmen ſoll-
ten: da ich nicht nur von ihrer Abneigung von
ihm verſichert war; ſondern auch gewiß wußte,
wie unwuͤrdig er Jhrer waͤre. Denn damals
fing ich an, die Folgen zu befuͤrchten, welche ent-
ſtehen wuͤrden, wenn man ein ſo edles Gemuͤth
zwingen wollte. Bis auf die Zeit hatte ich auch
vor Herrn Lovelace keine Furcht gehabt: ſo ein-
nehmend ſeine Perſon, und ſo ſcheinbar ſeine
Auffuͤhrung und ſein Antrag war. Denn ich
wußte gewiß, daß Sie ihn niemals nehmen wuͤr-
den, bis Sie durch gute Gruͤnde von ſeiner Beſ-
ſerung uͤberzeugt, und Jhre Freunde damit eben
ſo wohl, als Sie ſelbſt, zufrieden waͤren. Aber
das ungluͤckliche Misverſtaͤndniß zwiſchen Jhrem
Bruder und Herrn Lovelace, und die heftige
Vereinigung der Jhrigen, Jhnen Herrn Solmes
aufzudringen, brachte alle das Ungluͤck zuwege,
welches Jhnen und jenen ſo theuer zu ſtehen ge-
kommen iſt, und mich Elende alle meine Ruhe ge-
koſtet
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/42>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.