wie übel sie sich befände, wofern sie es nicht übel nehmen wollte.
Es wäre eine Gütigkeit an dem Arzte, ver- setzte sie: aber sie bäte, daß man keinen solchen Schritt ohne ihr Wissen und ihre Einwilligung thun möchte. Sie wollte warten und zusehen, was für Wirkungen ihr Brief an ihre Schwe- ster haben würde. Alles, was sie zu hoffen hät- te, wäre, daß ihr Vater seinen Fluch wiederrufen möchte. Uebrigens würden ihre Freunde den- ken, daß sie nicht zu viel leiden könnte: und sie wäre zufrieden, daß sie litte. Denn nunmehr könnte ihr nichts begegnen, weswegen sie zu leben wünschen sollte.
Frau Smithen ging hinunter. Sie kam aber bald wieder herauf und fragte, ob die Fräu- lein und ich nicht heute mit ihr zu Mittage essen wollte: denn es wäre ihr Hochzeitstag. Sie hätte Fr. Lovick dazu gebeten, und würde sonst niemand haben, wofern wir ihr die Gewogenheit beweisen wollten.
Die reizende Fräulein seufzete und schüttelte den Kopf - - Hochzeitstag! sagte sie - - Jch wünsche ihnen viele glückliche Hochzeitstage, Fr. Smithen! - - Aber mich werden sie ent- schuldigt halten.
Herr Smith kam mit eben der Bitte herauf. Sie wandten sich beyde an mich.
Unter der Bedingung, daß die Fräulein wollte, würde ich kein Bedenken machen und an
einem
wie uͤbel ſie ſich befaͤnde, wofern ſie es nicht uͤbel nehmen wollte.
Es waͤre eine Guͤtigkeit an dem Arzte, ver- ſetzte ſie: aber ſie baͤte, daß man keinen ſolchen Schritt ohne ihr Wiſſen und ihre Einwilligung thun moͤchte. Sie wollte warten und zuſehen, was fuͤr Wirkungen ihr Brief an ihre Schwe- ſter haben wuͤrde. Alles, was ſie zu hoffen haͤt- te, waͤre, daß ihr Vater ſeinen Fluch wiederrufen moͤchte. Uebrigens wuͤrden ihre Freunde den- ken, daß ſie nicht zu viel leiden koͤnnte: und ſie waͤre zufrieden, daß ſie litte. Denn nunmehr koͤnnte ihr nichts begegnen, weswegen ſie zu leben wuͤnſchen ſollte.
Frau Smithen ging hinunter. Sie kam aber bald wieder herauf und fragte, ob die Fraͤu- lein und ich nicht heute mit ihr zu Mittage eſſen wollte: denn es waͤre ihr Hochzeitstag. Sie haͤtte Fr. Lovick dazu gebeten, und wuͤrde ſonſt niemand haben, wofern wir ihr die Gewogenheit beweiſen wollten.
Die reizende Fraͤulein ſeufzete und ſchuͤttelte den Kopf ‒ ‒ Hochzeitstag! ſagte ſie ‒ ‒ Jch wuͤnſche ihnen viele gluͤckliche Hochzeitstage, Fr. Smithen! ‒ ‒ Aber mich werden ſie ent- ſchuldigt halten.
Herr Smith kam mit eben der Bitte herauf. Sie wandten ſich beyde an mich.
Unter der Bedingung, daß die Fraͤulein wollte, wuͤrde ich kein Bedenken machen und an
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wie uͤbel ſie ſich befaͤnde, wofern ſie es nicht uͤbel
nehmen wollte.
Es waͤre eine Guͤtigkeit an dem Arzte, ver-
ſetzte ſie: aber ſie baͤte, daß man keinen ſolchen
Schritt ohne ihr Wiſſen und ihre Einwilligung
thun moͤchte. Sie wollte warten und zuſehen,
was fuͤr Wirkungen ihr Brief an ihre Schwe-
ſter haben wuͤrde. Alles, was ſie zu hoffen haͤt-
te, waͤre, daß ihr Vater ſeinen Fluch wiederrufen
moͤchte. Uebrigens wuͤrden ihre Freunde den-
ken, daß ſie nicht zu viel leiden koͤnnte: und ſie
waͤre zufrieden, daß ſie litte. Denn nunmehr
koͤnnte ihr nichts begegnen, weswegen ſie zu leben
wuͤnſchen ſollte.
Frau Smithen ging hinunter. Sie kam
aber bald wieder herauf und fragte, ob die Fraͤu-
lein und ich nicht heute mit ihr zu Mittage eſſen
wollte: denn es waͤre ihr Hochzeitstag. Sie
haͤtte Fr. Lovick dazu gebeten, und wuͤrde ſonſt
niemand haben, wofern wir ihr die Gewogenheit
beweiſen wollten.
Die reizende Fraͤulein ſeufzete und ſchuͤttelte
den Kopf ‒ ‒ Hochzeitstag! ſagte ſie ‒ ‒
Jch wuͤnſche ihnen viele gluͤckliche Hochzeitstage,
Fr. Smithen! ‒ ‒ Aber mich werden ſie ent-
ſchuldigt halten.
Herr Smith kam mit eben der Bitte herauf.
Sie wandten ſich beyde an mich.
Unter der Bedingung, daß die Fraͤulein
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/450>, abgerufen am 22.11.2024.
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