Streich des Todes erwecken würde, könnte mei- ne erste Aufmerksamkeit von dem betrübten und feyerlichen Jnhalt ihrer letzten Liebesbezeigungen abführen. Mit diesem muß ich also den An- fang machen.
Wie kann mir der Gedanke erträglich seyn, eine so werthe Freundinn zu verlieren! Jch will es nicht einmal vermuthen. Jn der That ich kann es nicht! Ein solches Gemüth, als Sie besitzen, ist nicht deswegen in der Menschheit eingekleidet, daß es uns so bald entzogen würde. Es muß noch sehr viel, zum Besten aller, die das Glück haben, Sie zu kennen, zu thun übrig seyn.
Sie erzählen, in Jhrem Briefe vom ver- wichnen Donnerstage (*), die verschiednen Um- stände, in welchen sich Jhr Zustand schon gebes- sert hat. Lassen Sie mich im Werke sehen, daß Sie es mit dieser Erzählung im Ernst meynen, und wirklich den Muth haben, sich zu entschlie- ßen, die Empfindung der Beleidigungen, die Sie nicht vermeiden konnten, zu überwältigen. Als- denn will ich auf die Fürsehung, und mein de- müthiges Gebeth, für Jhre vollkommene Gene- sung trauen. Von Herzen werde ich mich freu- en, wenn ich Sie, bey meiner Rückkehr von der kleinen Jnsel, in einer solchen Befserung finde, daß Sie nach dem Vorschlage, welchen Herr Hickmann Jhnen zu thun hat, nahe bey uns seyn können.
Sie
(*) Siehe den L. Brief.
Streich des Todes erwecken wuͤrde, koͤnnte mei- ne erſte Aufmerkſamkeit von dem betruͤbten und feyerlichen Jnhalt ihrer letzten Liebesbezeigungen abfuͤhren. Mit dieſem muß ich alſo den An- fang machen.
Wie kann mir der Gedanke ertraͤglich ſeyn, eine ſo werthe Freundinn zu verlieren! Jch will es nicht einmal vermuthen. Jn der That ich kann es nicht! Ein ſolches Gemuͤth, als Sie beſitzen, iſt nicht deswegen in der Menſchheit eingekleidet, daß es uns ſo bald entzogen wuͤrde. Es muß noch ſehr viel, zum Beſten aller, die das Gluͤck haben, Sie zu kennen, zu thun uͤbrig ſeyn.
Sie erzaͤhlen, in Jhrem Briefe vom ver- wichnen Donnerſtage (*), die verſchiednen Um- ſtaͤnde, in welchen ſich Jhr Zuſtand ſchon gebeſ- ſert hat. Laſſen Sie mich im Werke ſehen, daß Sie es mit dieſer Erzaͤhlung im Ernſt meynen, und wirklich den Muth haben, ſich zu entſchlie- ßen, die Empfindung der Beleidigungen, die Sie nicht vermeiden konnten, zu uͤberwaͤltigen. Als- denn will ich auf die Fuͤrſehung, und mein de- muͤthiges Gebeth, fuͤr Jhre vollkommene Gene- ſung trauen. Von Herzen werde ich mich freu- en, wenn ich Sie, bey meiner Ruͤckkehr von der kleinen Jnſel, in einer ſolchen Befſerung finde, daß Sie nach dem Vorſchlage, welchen Herr Hickmann Jhnen zu thun hat, nahe bey uns ſeyn koͤnnen.
Sie
(*) Siehe den L. Brief.
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Streich des Todes erwecken wuͤrde, koͤnnte mei-
ne erſte Aufmerkſamkeit von dem betruͤbten und
feyerlichen Jnhalt ihrer letzten Liebesbezeigungen
abfuͤhren. Mit dieſem muß ich alſo den An-
fang machen.
Wie kann mir der Gedanke ertraͤglich ſeyn,
eine ſo werthe Freundinn zu verlieren! Jch will
es nicht einmal vermuthen. Jn der That ich
kann es nicht! Ein ſolches Gemuͤth, als Sie
beſitzen, iſt nicht deswegen in der Menſchheit
eingekleidet, daß es uns ſo bald entzogen wuͤrde.
Es muß noch ſehr viel, zum Beſten aller, die
das Gluͤck haben, Sie zu kennen, zu thun uͤbrig
ſeyn.
Sie erzaͤhlen, in Jhrem Briefe vom ver-
wichnen Donnerſtage (*), die verſchiednen Um-
ſtaͤnde, in welchen ſich Jhr Zuſtand ſchon gebeſ-
ſert hat. Laſſen Sie mich im Werke ſehen, daß
Sie es mit dieſer Erzaͤhlung im Ernſt meynen,
und wirklich den Muth haben, ſich zu entſchlie-
ßen, die Empfindung der Beleidigungen, die Sie
nicht vermeiden konnten, zu uͤberwaͤltigen. Als-
denn will ich auf die Fuͤrſehung, und mein de-
muͤthiges Gebeth, fuͤr Jhre vollkommene Gene-
ſung trauen. Von Herzen werde ich mich freu-
en, wenn ich Sie, bey meiner Ruͤckkehr von der
kleinen Jnſel, in einer ſolchen Befſerung finde,
daß Sie nach dem Vorſchlage, welchen Herr
Hickmann Jhnen zu thun hat, nahe bey uns ſeyn
koͤnnen.
Sie
(*) Siehe den L. Brief.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/546>, abgerufen am 22.11.2024.
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