Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



mir vor, wo einer kommt, so werden sie beyde
kommen.

Der Himmel gebe, daß sie beyde kommen!
versetzte der Bösewicht. Von mir, versichre ich sie,
Fräulein Biddulph, soll zu nichts Gelegenheit
gegeben werden, diese Gesellschaft zu stören. Eine
geruhige Unterredung von einer halben Stunde
mit diesem Bruder und seiner Schwester, in Ge-
genwart des Obristen und seiner Gemahlinn, oder
wen sie sonst wählen würden, sollte für mich die
glücklichste Gelegenheit seyn.

Jndem er sich nun rund herum wandte, als
wenn er begierig wäre, die eine, oder den andern,
oder beyde zu finden: ward er meiner gewahr,
und nahete sich mit einer sehr tiefen Beugung zu
mir.

Jch war ganz in Bewegung. Das können
Sie leicht vermuthen. Er wollte mich gern bey
der Hand fassen. Jch weigerte mich aber, und
glühete ganz vor Unwillen. Aller Augen waren
auf uns gerichtet.

Jch ging von ihm an das andere Ende des
Zimmers, und setzte mich nieder, wie ich dachte,
aus seinem verhaßten Gesichte. Aber alsobald
hörte ich seine verhaßte Stimme hinter meinem
Stuhl. Er redete leise und lehnte sich mit un-
verschämter Sorglosigkeit hinten auf denselben.
Reizende Fräulein Howe! sprach er und sahe
über meine Schultern, Eine Bitte - - Jch
sprung von meinem Stuhl auf: aber konnte kaum
vor Unwillen stehen. - - O angenehmer und

wohl-
M m 3



mir vor, wo einer kommt, ſo werden ſie beyde
kommen.

Der Himmel gebe, daß ſie beyde kommen!
verſetzte der Boͤſewicht. Von mir, verſichre ich ſie,
Fraͤulein Biddulph, ſoll zu nichts Gelegenheit
gegeben werden, dieſe Geſellſchaft zu ſtoͤren. Eine
geruhige Unterredung von einer halben Stunde
mit dieſem Bruder und ſeiner Schweſter, in Ge-
genwart des Obriſten und ſeiner Gemahlinn, oder
wen ſie ſonſt waͤhlen wuͤrden, ſollte fuͤr mich die
gluͤcklichſte Gelegenheit ſeyn.

Jndem er ſich nun rund herum wandte, als
wenn er begierig waͤre, die eine, oder den andern,
oder beyde zu finden: ward er meiner gewahr,
und nahete ſich mit einer ſehr tiefen Beugung zu
mir.

Jch war ganz in Bewegung. Das koͤnnen
Sie leicht vermuthen. Er wollte mich gern bey
der Hand faſſen. Jch weigerte mich aber, und
gluͤhete ganz vor Unwillen. Aller Augen waren
auf uns gerichtet.

Jch ging von ihm an das andere Ende des
Zimmers, und ſetzte mich nieder, wie ich dachte,
aus ſeinem verhaßten Geſichte. Aber alſobald
hoͤrte ich ſeine verhaßte Stimme hinter meinem
Stuhl. Er redete leiſe und lehnte ſich mit un-
verſchaͤmter Sorgloſigkeit hinten auf denſelben.
Reizende Fraͤulein Howe! ſprach er und ſahe
uͤber meine Schultern, Eine Bitte ‒ ‒ Jch
ſprung von meinem Stuhl auf: aber konnte kaum
vor Unwillen ſtehen. ‒ ‒ O angenehmer und

wohl-
M m 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0555" n="549"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
mir vor, wo einer kommt, &#x017F;o werden &#x017F;ie beyde<lb/>
kommen.</p><lb/>
          <p>Der Himmel gebe, daß &#x017F;ie beyde kommen!<lb/>
ver&#x017F;etzte der Bo&#x0364;&#x017F;ewicht. Von mir, ver&#x017F;ichre ich &#x017F;ie,<lb/>
Fra&#x0364;ulein Biddulph, &#x017F;oll zu nichts <hi rendition="#fr">Gelegenheit</hi><lb/>
gegeben werden, die&#x017F;e Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft zu &#x017F;to&#x0364;ren. Eine<lb/>
geruhige Unterredung von einer halben Stunde<lb/>
mit die&#x017F;em Bruder und &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter, in Ge-<lb/>
genwart des Obri&#x017F;ten und &#x017F;einer Gemahlinn, oder<lb/>
wen &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t wa&#x0364;hlen wu&#x0364;rden, &#x017F;ollte fu&#x0364;r mich die<lb/>
glu&#x0364;cklich&#x017F;te Gelegenheit &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Jndem er &#x017F;ich nun rund herum wandte, als<lb/>
wenn er begierig wa&#x0364;re, die eine, oder den andern,<lb/>
oder beyde zu finden: ward er meiner gewahr,<lb/>
und nahete &#x017F;ich mit einer &#x017F;ehr tiefen Beugung zu<lb/>
mir.</p><lb/>
          <p>Jch war ganz in Bewegung. Das ko&#x0364;nnen<lb/>
Sie leicht vermuthen. Er wollte mich gern bey<lb/>
der Hand fa&#x017F;&#x017F;en. Jch weigerte mich aber, und<lb/>
glu&#x0364;hete ganz vor Unwillen. Aller Augen waren<lb/>
auf uns gerichtet.</p><lb/>
          <p>Jch ging von ihm an das andere Ende des<lb/>
Zimmers, und &#x017F;etzte mich nieder, wie ich dachte,<lb/>
aus &#x017F;einem verhaßten Ge&#x017F;ichte. Aber al&#x017F;obald<lb/>
ho&#x0364;rte ich &#x017F;eine verhaßte Stimme hinter meinem<lb/>
Stuhl. Er redete lei&#x017F;e und lehnte &#x017F;ich mit un-<lb/>
ver&#x017F;cha&#x0364;mter Sorglo&#x017F;igkeit hinten auf den&#x017F;elben.<lb/><hi rendition="#fr">Reizende Fra&#x0364;ulein Howe!</hi> &#x017F;prach er und &#x017F;ahe<lb/>
u&#x0364;ber meine Schultern, <hi rendition="#fr">Eine Bitte</hi> &#x2012; &#x2012; Jch<lb/>
&#x017F;prung von meinem Stuhl auf: aber konnte kaum<lb/>
vor Unwillen &#x017F;tehen. &#x2012; &#x2012; O angenehmer und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wohl-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[549/0555] mir vor, wo einer kommt, ſo werden ſie beyde kommen. Der Himmel gebe, daß ſie beyde kommen! verſetzte der Boͤſewicht. Von mir, verſichre ich ſie, Fraͤulein Biddulph, ſoll zu nichts Gelegenheit gegeben werden, dieſe Geſellſchaft zu ſtoͤren. Eine geruhige Unterredung von einer halben Stunde mit dieſem Bruder und ſeiner Schweſter, in Ge- genwart des Obriſten und ſeiner Gemahlinn, oder wen ſie ſonſt waͤhlen wuͤrden, ſollte fuͤr mich die gluͤcklichſte Gelegenheit ſeyn. Jndem er ſich nun rund herum wandte, als wenn er begierig waͤre, die eine, oder den andern, oder beyde zu finden: ward er meiner gewahr, und nahete ſich mit einer ſehr tiefen Beugung zu mir. Jch war ganz in Bewegung. Das koͤnnen Sie leicht vermuthen. Er wollte mich gern bey der Hand faſſen. Jch weigerte mich aber, und gluͤhete ganz vor Unwillen. Aller Augen waren auf uns gerichtet. Jch ging von ihm an das andere Ende des Zimmers, und ſetzte mich nieder, wie ich dachte, aus ſeinem verhaßten Geſichte. Aber alſobald hoͤrte ich ſeine verhaßte Stimme hinter meinem Stuhl. Er redete leiſe und lehnte ſich mit un- verſchaͤmter Sorgloſigkeit hinten auf denſelben. Reizende Fraͤulein Howe! ſprach er und ſahe uͤber meine Schultern, Eine Bitte ‒ ‒ Jch ſprung von meinem Stuhl auf: aber konnte kaum vor Unwillen ſtehen. ‒ ‒ O angenehmer und wohl- M m 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/555
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/555>, abgerufen am 22.11.2024.