dem sie sich darauf verlassen, verstocken sie ihre eigne Herzen. Durch eine kleine Demüthigung soll die größte Verkehrtheit hinlänglich gebüßet und ausgesöhnet seyn, wenn sie das Elend, wel- ches man ihnen vorhergesagt, über sich gebracht haben.
Allein sollte ein solches Kind, als dieß; ich führe das an, was andere stündlich sagen, ich aber mit Betrübniß billigen muß; sollte ein solches Kind Ränke und Künste gebrauchen, ihre Eltern sowohl als sich selbst zu betrügen, und mit einem liederlichen Kerl davon laufen! Kann ihr Verbrechen auf irgend eine Art gebüßet und ausgesöhnet werden? Hat sie es nicht vor Gott, vor uns, vor Jhnen, und vor aller Welt, die sie kennet, zu verantworten, daß sie solche Gaben so gemisbrauchet hat, wie sie gethan?
Sie sagen, ihr Herz sey halb gebrochen. Jst es zu verwundern? Hat sie ihre Sünde nicht so wohl gegen alle Warnung, als gegen ihre eigne Einsicht begangen?
Daß er sie nun heyrathen wollte, oder daß sie seine Hand ausschlagen würde, wenn sie glaubte, daß er es im Ernst meynte, ist nach den Umstän- den, worein sie sich selbst gesetzet hat, gar nicht wahrscheinlich: und wäre ich geneigt es zu glau- ben, so würde es hier sonst niemand thun. Er achtet seine Verwandten nicht, und würde diese eben so leicht, als alle andere, betrügen. Seine Abneigung von dem Heyrathen hat er allemal öffentlich zu verstehen gegeben, und giebt sie auch
noch
dem ſie ſich darauf verlaſſen, verſtocken ſie ihre eigne Herzen. Durch eine kleine Demuͤthigung ſoll die groͤßte Verkehrtheit hinlaͤnglich gebuͤßet und ausgeſoͤhnet ſeyn, wenn ſie das Elend, wel- ches man ihnen vorhergeſagt, uͤber ſich gebracht haben.
Allein ſollte ein ſolches Kind, als dieß; ich fuͤhre das an, was andere ſtuͤndlich ſagen, ich aber mit Betruͤbniß billigen muß; ſollte ein ſolches Kind Raͤnke und Kuͤnſte gebrauchen, ihre Eltern ſowohl als ſich ſelbſt zu betruͤgen, und mit einem liederlichen Kerl davon laufen! Kann ihr Verbrechen auf irgend eine Art gebuͤßet und ausgeſoͤhnet werden? Hat ſie es nicht vor Gott, vor uns, vor Jhnen, und vor aller Welt, die ſie kennet, zu verantworten, daß ſie ſolche Gaben ſo gemisbrauchet hat, wie ſie gethan?
Sie ſagen, ihr Herz ſey halb gebrochen. Jſt es zu verwundern? Hat ſie ihre Suͤnde nicht ſo wohl gegen alle Warnung, als gegen ihre eigne Einſicht begangen?
Daß er ſie nun heyrathen wollte, oder daß ſie ſeine Hand ausſchlagen wuͤrde, wenn ſie glaubte, daß er es im Ernſt meynte, iſt nach den Umſtaͤn- den, worein ſie ſich ſelbſt geſetzet hat, gar nicht wahrſcheinlich: und waͤre ich geneigt es zu glau- ben, ſo wuͤrde es hier ſonſt niemand thun. Er achtet ſeine Verwandten nicht, und wuͤrde dieſe eben ſo leicht, als alle andere, betruͤgen. Seine Abneigung von dem Heyrathen hat er allemal oͤffentlich zu verſtehen gegeben, und giebt ſie auch
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dem ſie ſich darauf verlaſſen, verſtocken ſie ihre
eigne Herzen. Durch eine kleine Demuͤthigung
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und ausgeſoͤhnet ſeyn, wenn ſie das Elend, wel-
ches man ihnen vorhergeſagt, uͤber ſich gebracht
haben.
Allein ſollte ein ſolches Kind, als dieß; ich
fuͤhre das an, was andere ſtuͤndlich ſagen,
ich aber mit Betruͤbniß billigen muß; ſollte
ein ſolches Kind Raͤnke und Kuͤnſte gebrauchen,
ihre Eltern ſowohl als ſich ſelbſt zu betruͤgen, und
mit einem liederlichen Kerl davon laufen! Kann
ihr Verbrechen auf irgend eine Art gebuͤßet und
ausgeſoͤhnet werden? Hat ſie es nicht vor Gott,
vor uns, vor Jhnen, und vor aller Welt, die ſie
kennet, zu verantworten, daß ſie ſolche Gaben ſo
gemisbrauchet hat, wie ſie gethan?
Sie ſagen, ihr Herz ſey halb gebrochen. Jſt
es zu verwundern? Hat ſie ihre Suͤnde nicht ſo
wohl gegen alle Warnung, als gegen ihre eigne
Einſicht begangen?
Daß er ſie nun heyrathen wollte, oder daß ſie
ſeine Hand ausſchlagen wuͤrde, wenn ſie glaubte,
daß er es im Ernſt meynte, iſt nach den Umſtaͤn-
den, worein ſie ſich ſelbſt geſetzet hat, gar nicht
wahrſcheinlich: und waͤre ich geneigt es zu glau-
ben, ſo wuͤrde es hier ſonſt niemand thun. Er
achtet ſeine Verwandten nicht, und wuͤrde dieſe
eben ſo leicht, als alle andere, betruͤgen. Seine
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/626>, abgerufen am 22.11.2024.
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