liche Drohungen gegen ihr eignes Leben (*) ge- schahe.
Da sie in diesen beyden Fällen ihre Gewalt über mich, und meine Liebe gegen sie, offenbar se- hen kann: sollte sie mich denn hassen, verachten und abweisen! - - Das hätte sie mit einigem Schein der Gerechtigkeit thun mögen: wenn die gewaltsame Entehrung, welche ich zuletzt im Sin- ne hatte, verübet wäre - - Aber wie nun: da sie in aller Betrachtung als Siegerinn davon gegan- gen ist? - - Ja sie hat wohl Ursache, mich zu verachten, daß ich sie so habe gehen lassen.
Sie hat mich in der That kriechend und erniedrigt verlassen! - - Der Eindruck bleibt bey ihr. - - Jch möchte mein eignes Fleisch fressen, daß ich ihr nicht Ursache gegeben - - - daß ich sie nicht in der That erniedriget habe - - oder daß ich nicht so lange in der Stadt ge- blieben bin, bis ich mich dadurch hätte erhöhen können, daß ich mir selbst eine Frau gegeben hät- te, die über alle Versuchung erhaben wäre.
Jch will es inzwischen noch einmal wagen an sie zu schreiben. Wo das nicht hilft, oder mir nicht eine Antwort verschaffet: so will ich mich bemühen, sie selbst zu sehen; es mag daraus fol- gen, was da Will. Entgeht sie mir aber: so will ich dem ungestümen Mägdchen, das sie am lieb- sten hat, ein treffliches Unglück anrichten, und alsdenn auf ewig das Königreich verlassen.
Nun,
(*) Siehe den V Th. und den L Brief.
liche Drohungen gegen ihr eignes Leben (*) ge- ſchahe.
Da ſie in dieſen beyden Faͤllen ihre Gewalt uͤber mich, und meine Liebe gegen ſie, offenbar ſe- hen kann: ſollte ſie mich denn haſſen, verachten und abweiſen! ‒ ‒ Das haͤtte ſie mit einigem Schein der Gerechtigkeit thun moͤgen: wenn die gewaltſame Entehrung, welche ich zuletzt im Sin- ne hatte, veruͤbet waͤre ‒ ‒ Aber wie nun: da ſie in aller Betrachtung als Siegerinn davon gegan- gen iſt? ‒ ‒ Ja ſie hat wohl Urſache, mich zu verachten, daß ich ſie ſo habe gehen laſſen.
Sie hat mich in der That kriechend und erniedrigt verlaſſen! ‒ ‒ Der Eindruck bleibt bey ihr. ‒ ‒ Jch moͤchte mein eignes Fleiſch freſſen, daß ich ihr nicht Urſache gegeben ‒ ‒ ‒ daß ich ſie nicht in der That erniedriget habe ‒ ‒ oder daß ich nicht ſo lange in der Stadt ge- blieben bin, bis ich mich dadurch haͤtte erhoͤhen koͤnnen, daß ich mir ſelbſt eine Frau gegeben haͤt- te, die uͤber alle Verſuchung erhaben waͤre.
Jch will es inzwiſchen noch einmal wagen an ſie zu ſchreiben. Wo das nicht hilft, oder mir nicht eine Antwort verſchaffet: ſo will ich mich bemuͤhen, ſie ſelbſt zu ſehen; es mag daraus fol- gen, was da Will. Entgeht ſie mir aber: ſo will ich dem ungeſtuͤmen Maͤgdchen, das ſie am lieb- ſten hat, ein treffliches Ungluͤck anrichten, und alsdenn auf ewig das Koͤnigreich verlaſſen.
Nun,
(*) Siehe den V Th. und den L Brief.
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liche Drohungen gegen ihr eignes Leben (*) ge-
ſchahe.
Da ſie in dieſen beyden Faͤllen ihre Gewalt
uͤber mich, und meine Liebe gegen ſie, offenbar ſe-
hen kann: ſollte ſie mich denn haſſen, verachten
und abweiſen! ‒ ‒ Das haͤtte ſie mit einigem
Schein der Gerechtigkeit thun moͤgen: wenn die
gewaltſame Entehrung, welche ich zuletzt im Sin-
ne hatte, veruͤbet waͤre ‒ ‒ Aber wie nun: da ſie
in aller Betrachtung als Siegerinn davon gegan-
gen iſt? ‒ ‒ Ja ſie hat wohl Urſache, mich zu
verachten, daß ich ſie ſo habe gehen laſſen.
Sie hat mich in der That kriechend und
erniedrigt verlaſſen! ‒ ‒ Der Eindruck bleibt
bey ihr. ‒ ‒ Jch moͤchte mein eignes Fleiſch
freſſen, daß ich ihr nicht Urſache gegeben ‒ ‒ ‒
daß ich ſie nicht in der That erniedriget habe
‒ ‒ oder daß ich nicht ſo lange in der Stadt ge-
blieben bin, bis ich mich dadurch haͤtte erhoͤhen
koͤnnen, daß ich mir ſelbſt eine Frau gegeben haͤt-
te, die uͤber alle Verſuchung erhaben waͤre.
Jch will es inzwiſchen noch einmal wagen an
ſie zu ſchreiben. Wo das nicht hilft, oder mir
nicht eine Antwort verſchaffet: ſo will ich mich
bemuͤhen, ſie ſelbſt zu ſehen; es mag daraus fol-
gen, was da Will. Entgeht ſie mir aber: ſo will
ich dem ungeſtuͤmen Maͤgdchen, das ſie am lieb-
ſten hat, ein treffliches Ungluͤck anrichten, und
alsdenn auf ewig das Koͤnigreich verlaſſen.
Nun,
(*) Siehe den V Th. und den L Brief.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/714>, abgerufen am 22.11.2024.
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