Ruf zuwege bringen können. Sie, meine liebe Fr. Norton, hätten in einer so bedenklichen Sache rein heraus reden sollen. Gewiß ich habe Trüb- sal genug gehabt, daß mein Gemüth dadurch ge- schickt geworden ist, alles zu ertragen. Aber ich will mich nicht durch muthmaßliche Uebel in Unruhe und Verwirrung setzen. Jch möchte es thun; wenn ich nicht ohne das genug hätte, die gewiß sind: und ich werde alles hören, wenn es für dienlich gehalten wird, mich es wissen zu lassen. Unterdessen erlauben Sie mir, zu Jhrer Beruhigung zu sagen, daß, so viel ich weiß, ich seit dem letzten unglücklichen 10ten April nichts strafwürdiges oder unanständiges, weder in Wor- ten, noch in Werken, zu verantworten habe.
Sie verlangen eine Nachricht von dem, was zwischen mir und meinen Freunden vorgehet, und auch ein Verzeichniß oder kurze Aufsätze von den Hauptumständen meiner traurigen Geschichte, damit Sie mir bey Gelegenheit dienen mögen. Sie sollen ein ganzes Packet von Papieren bekom- men, meine liebe Fr. Norton, die ich an meine Fräulein Howe geschickt habe, wenn diese mir sie wieder zurücksendet. Sie sollen auch außer dem noch ein Packet, und zwar mit dem gegenwärti- gen Briefe, bekommen, welches ich für itzo an je- ne liebe Freundinn um meiner eignen Verwand- ten willen nicht zu senden gedenken kann, da sie ohne das schon allzu heftig in ihren harten Urthei- len gegen dieselben ist. Aus diesen Papieren werden Sie einen großen Theil von meiner Ge-
schichte
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Ruf zuwege bringen koͤnnen. Sie, meine liebe Fr. Norton, haͤtten in einer ſo bedenklichen Sache rein heraus reden ſollen. Gewiß ich habe Truͤb- ſal genug gehabt, daß mein Gemuͤth dadurch ge- ſchickt geworden iſt, alles zu ertragen. Aber ich will mich nicht durch muthmaßliche Uebel in Unruhe und Verwirrung ſetzen. Jch moͤchte es thun; wenn ich nicht ohne das genug haͤtte, die gewiß ſind: und ich werde alles hoͤren, wenn es fuͤr dienlich gehalten wird, mich es wiſſen zu laſſen. Unterdeſſen erlauben Sie mir, zu Jhrer Beruhigung zu ſagen, daß, ſo viel ich weiß, ich ſeit dem letzten ungluͤcklichen 10ten April nichts ſtrafwuͤrdiges oder unanſtaͤndiges, weder in Wor- ten, noch in Werken, zu verantworten habe.
Sie verlangen eine Nachricht von dem, was zwiſchen mir und meinen Freunden vorgehet, und auch ein Verzeichniß oder kurze Aufſaͤtze von den Hauptumſtaͤnden meiner traurigen Geſchichte, damit Sie mir bey Gelegenheit dienen moͤgen. Sie ſollen ein ganzes Packet von Papieren bekom- men, meine liebe Fr. Norton, die ich an meine Fraͤulein Howe geſchickt habe, wenn dieſe mir ſie wieder zuruͤckſendet. Sie ſollen auch außer dem noch ein Packet, und zwar mit dem gegenwaͤrti- gen Briefe, bekommen, welches ich fuͤr itzo an je- ne liebe Freundinn um meiner eignen Verwand- ten willen nicht zu ſenden gedenken kann, da ſie ohne das ſchon allzu heftig in ihren harten Urthei- len gegen dieſelben iſt. Aus dieſen Papieren werden Sie einen großen Theil von meiner Ge-
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Ruf zuwege bringen koͤnnen. Sie, meine liebe
Fr. Norton, haͤtten in einer ſo bedenklichen Sache
rein heraus reden ſollen. Gewiß ich habe Truͤb-
ſal genug gehabt, daß mein Gemuͤth dadurch ge-
ſchickt geworden iſt, alles zu ertragen. Aber ich
will mich nicht durch muthmaßliche Uebel in
Unruhe und Verwirrung ſetzen. Jch moͤchte
es thun; wenn ich nicht ohne das genug haͤtte,
die gewiß ſind: und ich werde alles hoͤren, wenn
es fuͤr dienlich gehalten wird, mich es wiſſen zu
laſſen. Unterdeſſen erlauben Sie mir, zu Jhrer
Beruhigung zu ſagen, daß, ſo viel ich weiß, ich
ſeit dem letzten ungluͤcklichen 10ten April nichts
ſtrafwuͤrdiges oder unanſtaͤndiges, weder in Wor-
ten, noch in Werken, zu verantworten habe.
Sie verlangen eine Nachricht von dem, was
zwiſchen mir und meinen Freunden vorgehet, und
auch ein Verzeichniß oder kurze Aufſaͤtze von den
Hauptumſtaͤnden meiner traurigen Geſchichte,
damit Sie mir bey Gelegenheit dienen moͤgen.
Sie ſollen ein ganzes Packet von Papieren bekom-
men, meine liebe Fr. Norton, die ich an meine
Fraͤulein Howe geſchickt habe, wenn dieſe mir ſie
wieder zuruͤckſendet. Sie ſollen auch außer dem
noch ein Packet, und zwar mit dem gegenwaͤrti-
gen Briefe, bekommen, welches ich fuͤr itzo an je-
ne liebe Freundinn um meiner eignen Verwand-
ten willen nicht zu ſenden gedenken kann, da ſie
ohne das ſchon allzu heftig in ihren harten Urthei-
len gegen dieſelben iſt. Aus dieſen Papieren
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 759. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/765>, abgerufen am 22.11.2024.
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