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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

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ausgesagt, daß ich sehr ernsthaft mit Jhnen ver-
fahren wollte.

O meine liebe Freundinn, wäre mir doch das
Glück zu Theil geworden, da es mir nicht erlaubt
war, ledig zu bleiben, daß ich an einen Mann ge-
rathen wäre, gegen den ich hätte edelmüthig und
frey handeln können.

Herr Lovelace tadelte meine Aufführung ge-
gen ihn als ein steifes und fremdes Bezeigen; in
der Absicht, wie nun am Tage liegt, damit er ei-
nen Vorwand gegen mich haben möchte. Sie
glaubten einmal, daß ich mich einer gewissen Art
der Sprödigkeit schuldig machte. Unter bedenk-
lichen Umständen, bey welchen oft die Gelegenhei-
ten zu ungütigen Urtheilen unvermeidlich sind,
sollte man einer jeden Person etwas zu gute hal-
ten. Jch verdiente keinen Vorwurf von dem,
der meine Umstände bedenklich machte: und Sie,
meine Wertheste, sollten gefunden haben, wenn
ich mit einem andern Manne zu thun gehabt,
oder er nur halb die guten Eigenschaften besessen
hätte, die Herr Hickmann besitzet, daß meine Wer-
ke sich in diesem Stücke nach meinen Lehrsätzen
gerichtet haben würden.

Allein, daß ich mich selbst aus der Frage zie-
he - - ich will Jhnen sagen, was ich gedenken
würde, wenn ich eine gleichgültige Zuschauerinn
von Jhrem hohen Wesen wäre, womit Sie das
demüthige Bezeigen des Herrn Hickmanns be-
lohnen.

"Die



ausgeſagt, daß ich ſehr ernſthaft mit Jhnen ver-
fahren wollte.

O meine liebe Freundinn, waͤre mir doch das
Gluͤck zu Theil geworden, da es mir nicht erlaubt
war, ledig zu bleiben, daß ich an einen Mann ge-
rathen waͤre, gegen den ich haͤtte edelmuͤthig und
frey handeln koͤnnen.

Herr Lovelace tadelte meine Auffuͤhrung ge-
gen ihn als ein ſteifes und fremdes Bezeigen; in
der Abſicht, wie nun am Tage liegt, damit er ei-
nen Vorwand gegen mich haben moͤchte. Sie
glaubten einmal, daß ich mich einer gewiſſen Art
der Sproͤdigkeit ſchuldig machte. Unter bedenk-
lichen Umſtaͤnden, bey welchen oft die Gelegenhei-
ten zu unguͤtigen Urtheilen unvermeidlich ſind,
ſollte man einer jeden Perſon etwas zu gute hal-
ten. Jch verdiente keinen Vorwurf von dem,
der meine Umſtaͤnde bedenklich machte: und Sie,
meine Wertheſte, ſollten gefunden haben, wenn
ich mit einem andern Manne zu thun gehabt,
oder er nur halb die guten Eigenſchaften beſeſſen
haͤtte, die Herr Hickmann beſitzet, daß meine Wer-
ke ſich in dieſem Stuͤcke nach meinen Lehrſaͤtzen
gerichtet haben wuͤrden.

Allein, daß ich mich ſelbſt aus der Frage zie-
he ‒ ‒ ich will Jhnen ſagen, was ich gedenken
wuͤrde, wenn ich eine gleichguͤltige Zuſchauerinn
von Jhrem hohen Weſen waͤre, womit Sie das
demuͤthige Bezeigen des Herrn Hickmanns be-
lohnen.

„Die
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[134/0140] ausgeſagt, daß ich ſehr ernſthaft mit Jhnen ver- fahren wollte. O meine liebe Freundinn, waͤre mir doch das Gluͤck zu Theil geworden, da es mir nicht erlaubt war, ledig zu bleiben, daß ich an einen Mann ge- rathen waͤre, gegen den ich haͤtte edelmuͤthig und frey handeln koͤnnen. Herr Lovelace tadelte meine Auffuͤhrung ge- gen ihn als ein ſteifes und fremdes Bezeigen; in der Abſicht, wie nun am Tage liegt, damit er ei- nen Vorwand gegen mich haben moͤchte. Sie glaubten einmal, daß ich mich einer gewiſſen Art der Sproͤdigkeit ſchuldig machte. Unter bedenk- lichen Umſtaͤnden, bey welchen oft die Gelegenhei- ten zu unguͤtigen Urtheilen unvermeidlich ſind, ſollte man einer jeden Perſon etwas zu gute hal- ten. Jch verdiente keinen Vorwurf von dem, der meine Umſtaͤnde bedenklich machte: und Sie, meine Wertheſte, ſollten gefunden haben, wenn ich mit einem andern Manne zu thun gehabt, oder er nur halb die guten Eigenſchaften beſeſſen haͤtte, die Herr Hickmann beſitzet, daß meine Wer- ke ſich in dieſem Stuͤcke nach meinen Lehrſaͤtzen gerichtet haben wuͤrden. Allein, daß ich mich ſelbſt aus der Frage zie- he ‒ ‒ ich will Jhnen ſagen, was ich gedenken wuͤrde, wenn ich eine gleichguͤltige Zuſchauerinn von Jhrem hohen Weſen waͤre, womit Sie das demuͤthige Bezeigen des Herrn Hickmanns be- lohnen. „Die

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/140>, abgerufen am 18.05.2024.