Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



mein Herr, es kommt nicht um ein geringes von
ihrer Familie und ihrem unversöhnlichen Bezei-
gen gegen sie her, daß ihr Widerwillen gegen
meinen Verwandten sich vergrößert hat; der sonst
allerdings schändlich mit ihr umgegangen, aber
willig und bereit ist, das ihr widerfahrne Uebel
wieder gut zu machen - -

Lovel. Nicht um ihrer Familie willen, mein
Lord; auch nicht wegen des übermüthigen Bezei-
gens von diesem Cavallier: sondern um ihrer
selbst
willen, und in vollkommener Empfindung
des Uebels, das ich gegen sie ausgeübet habe.

Obr. Was mein übermüthiges Bezeigen be-
trifft, wie sie es nennen, mein Herr: so muß ich
mich sehr irren, wo sie in eben dem Falle, wenn
eine so würdige Verwandtinn auf eine so unan-
ständige Weise beleidigt wäre, nicht noch weiter
gegangen seyn würden. Jch muß ihnen aber sa-
gen, mein Herr, daß, wofern ihre Bewegungs-
gründe nicht Liebe, Ehre und Gerechtigkeit sind,
und wofern dieselben das geringste von einem nie-
derträchtigen Mitleiden gegen sie, oder von einer
unwilligen Genehmhaltung an ihrer Seite, bey
sich haben, ich versichert sey, es werde von einer
Person, die so viele Verzüge und so vielen Ver-
stand hat, als meine Base, weder verlangt, noch
angenommen werden: und ich werde es auch in
dem Fall nicht wünschen.

Lovel. Glauben sie nicht, Herr Obrist, daß
ich durch einen niederträchtigen Vergleich einen
Streit abzulehnen suche, den ich eben so willig

seyn



mein Herr, es kommt nicht um ein geringes von
ihrer Familie und ihrem unverſoͤhnlichen Bezei-
gen gegen ſie her, daß ihr Widerwillen gegen
meinen Verwandten ſich vergroͤßert hat; der ſonſt
allerdings ſchaͤndlich mit ihr umgegangen, aber
willig und bereit iſt, das ihr widerfahrne Uebel
wieder gut zu machen ‒ ‒

Lovel. Nicht um ihrer Familie willen, mein
Lord; auch nicht wegen des uͤbermuͤthigen Bezei-
gens von dieſem Cavallier: ſondern um ihrer
ſelbſt
willen, und in vollkommener Empfindung
des Uebels, das ich gegen ſie ausgeuͤbet habe.

Obr. Was mein uͤbermuͤthiges Bezeigen be-
trifft, wie ſie es nennen, mein Herr: ſo muß ich
mich ſehr irren, wo ſie in eben dem Falle, wenn
eine ſo wuͤrdige Verwandtinn auf eine ſo unan-
ſtaͤndige Weiſe beleidigt waͤre, nicht noch weiter
gegangen ſeyn wuͤrden. Jch muß ihnen aber ſa-
gen, mein Herr, daß, wofern ihre Bewegungs-
gruͤnde nicht Liebe, Ehre und Gerechtigkeit ſind,
und wofern dieſelben das geringſte von einem nie-
dertraͤchtigen Mitleiden gegen ſie, oder von einer
unwilligen Genehmhaltung an ihrer Seite, bey
ſich haben, ich verſichert ſey, es werde von einer
Perſon, die ſo viele Verzuͤge und ſo vielen Ver-
ſtand hat, als meine Baſe, weder verlangt, noch
angenommen werden: und ich werde es auch in
dem Fall nicht wuͤnſchen.

Lovel. Glauben ſie nicht, Herr Obriſt, daß
ich durch einen niedertraͤchtigen Vergleich einen
Streit abzulehnen ſuche, den ich eben ſo willig

ſeyn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0212" n="206"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
mein Herr, es kommt nicht um ein geringes von<lb/>
ihrer Familie und ihrem unver&#x017F;o&#x0364;hnlichen Bezei-<lb/>
gen gegen &#x017F;ie her, daß ihr Widerwillen gegen<lb/>
meinen Verwandten &#x017F;ich vergro&#x0364;ßert hat; der &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
allerdings &#x017F;cha&#x0364;ndlich mit ihr umgegangen, aber<lb/>
willig und bereit i&#x017F;t, das ihr widerfahrne Uebel<lb/>
wieder gut zu machen &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lovel.</hi> Nicht um ihrer Familie willen, mein<lb/>
Lord; auch nicht wegen des u&#x0364;bermu&#x0364;thigen Bezei-<lb/>
gens von die&#x017F;em Cavallier: &#x017F;ondern um <hi rendition="#fr">ihrer<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t</hi> willen, und in vollkommener Empfindung<lb/>
des Uebels, das ich gegen &#x017F;ie ausgeu&#x0364;bet habe.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Obr.</hi> Was mein u&#x0364;bermu&#x0364;thiges Bezeigen be-<lb/>
trifft, wie &#x017F;ie es nennen, mein Herr: &#x017F;o muß ich<lb/>
mich &#x017F;ehr irren, wo &#x017F;ie in eben dem Falle, wenn<lb/>
eine &#x017F;o wu&#x0364;rdige Verwandtinn auf eine &#x017F;o unan-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige Wei&#x017F;e beleidigt wa&#x0364;re, nicht noch weiter<lb/>
gegangen &#x017F;eyn wu&#x0364;rden. Jch muß ihnen aber &#x017F;a-<lb/>
gen, mein Herr, daß, wofern ihre Bewegungs-<lb/>
gru&#x0364;nde nicht Liebe, Ehre und Gerechtigkeit &#x017F;ind,<lb/>
und wofern die&#x017F;elben das gering&#x017F;te von einem nie-<lb/>
dertra&#x0364;chtigen Mitleiden gegen <hi rendition="#fr">&#x017F;ie,</hi> oder von einer<lb/>
unwilligen Genehmhaltung an <hi rendition="#fr">ihrer</hi> Seite, bey<lb/>
&#x017F;ich haben, ich ver&#x017F;ichert &#x017F;ey, es werde von einer<lb/>
Per&#x017F;on, die &#x017F;o viele Verzu&#x0364;ge und &#x017F;o vielen Ver-<lb/>
&#x017F;tand hat, als meine Ba&#x017F;e, weder verlangt, noch<lb/>
angenommen werden: und ich werde es auch in<lb/>
dem Fall nicht wu&#x0364;n&#x017F;chen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lovel.</hi> Glauben &#x017F;ie nicht, Herr Obri&#x017F;t, daß<lb/>
ich durch einen niedertra&#x0364;chtigen Vergleich einen<lb/>
Streit abzulehnen &#x017F;uche, den ich eben &#x017F;o willig<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eyn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0212] mein Herr, es kommt nicht um ein geringes von ihrer Familie und ihrem unverſoͤhnlichen Bezei- gen gegen ſie her, daß ihr Widerwillen gegen meinen Verwandten ſich vergroͤßert hat; der ſonſt allerdings ſchaͤndlich mit ihr umgegangen, aber willig und bereit iſt, das ihr widerfahrne Uebel wieder gut zu machen ‒ ‒ Lovel. Nicht um ihrer Familie willen, mein Lord; auch nicht wegen des uͤbermuͤthigen Bezei- gens von dieſem Cavallier: ſondern um ihrer ſelbſt willen, und in vollkommener Empfindung des Uebels, das ich gegen ſie ausgeuͤbet habe. Obr. Was mein uͤbermuͤthiges Bezeigen be- trifft, wie ſie es nennen, mein Herr: ſo muß ich mich ſehr irren, wo ſie in eben dem Falle, wenn eine ſo wuͤrdige Verwandtinn auf eine ſo unan- ſtaͤndige Weiſe beleidigt waͤre, nicht noch weiter gegangen ſeyn wuͤrden. Jch muß ihnen aber ſa- gen, mein Herr, daß, wofern ihre Bewegungs- gruͤnde nicht Liebe, Ehre und Gerechtigkeit ſind, und wofern dieſelben das geringſte von einem nie- dertraͤchtigen Mitleiden gegen ſie, oder von einer unwilligen Genehmhaltung an ihrer Seite, bey ſich haben, ich verſichert ſey, es werde von einer Perſon, die ſo viele Verzuͤge und ſo vielen Ver- ſtand hat, als meine Baſe, weder verlangt, noch angenommen werden: und ich werde es auch in dem Fall nicht wuͤnſchen. Lovel. Glauben ſie nicht, Herr Obriſt, daß ich durch einen niedertraͤchtigen Vergleich einen Streit abzulehnen ſuche, den ich eben ſo willig ſeyn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/212
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/212>, abgerufen am 26.11.2024.