mein Herr, es kommt nicht um ein geringes von ihrer Familie und ihrem unversöhnlichen Bezei- gen gegen sie her, daß ihr Widerwillen gegen meinen Verwandten sich vergrößert hat; der sonst allerdings schändlich mit ihr umgegangen, aber willig und bereit ist, das ihr widerfahrne Uebel wieder gut zu machen - -
Lovel. Nicht um ihrer Familie willen, mein Lord; auch nicht wegen des übermüthigen Bezei- gens von diesem Cavallier: sondern um ihrer selbst willen, und in vollkommener Empfindung des Uebels, das ich gegen sie ausgeübet habe.
Obr. Was mein übermüthiges Bezeigen be- trifft, wie sie es nennen, mein Herr: so muß ich mich sehr irren, wo sie in eben dem Falle, wenn eine so würdige Verwandtinn auf eine so unan- ständige Weise beleidigt wäre, nicht noch weiter gegangen seyn würden. Jch muß ihnen aber sa- gen, mein Herr, daß, wofern ihre Bewegungs- gründe nicht Liebe, Ehre und Gerechtigkeit sind, und wofern dieselben das geringste von einem nie- derträchtigen Mitleiden gegen sie, oder von einer unwilligen Genehmhaltung an ihrer Seite, bey sich haben, ich versichert sey, es werde von einer Person, die so viele Verzüge und so vielen Ver- stand hat, als meine Base, weder verlangt, noch angenommen werden: und ich werde es auch in dem Fall nicht wünschen.
Lovel. Glauben sie nicht, Herr Obrist, daß ich durch einen niederträchtigen Vergleich einen Streit abzulehnen suche, den ich eben so willig
seyn
mein Herr, es kommt nicht um ein geringes von ihrer Familie und ihrem unverſoͤhnlichen Bezei- gen gegen ſie her, daß ihr Widerwillen gegen meinen Verwandten ſich vergroͤßert hat; der ſonſt allerdings ſchaͤndlich mit ihr umgegangen, aber willig und bereit iſt, das ihr widerfahrne Uebel wieder gut zu machen ‒ ‒
Lovel. Nicht um ihrer Familie willen, mein Lord; auch nicht wegen des uͤbermuͤthigen Bezei- gens von dieſem Cavallier: ſondern um ihrer ſelbſt willen, und in vollkommener Empfindung des Uebels, das ich gegen ſie ausgeuͤbet habe.
Obr. Was mein uͤbermuͤthiges Bezeigen be- trifft, wie ſie es nennen, mein Herr: ſo muß ich mich ſehr irren, wo ſie in eben dem Falle, wenn eine ſo wuͤrdige Verwandtinn auf eine ſo unan- ſtaͤndige Weiſe beleidigt waͤre, nicht noch weiter gegangen ſeyn wuͤrden. Jch muß ihnen aber ſa- gen, mein Herr, daß, wofern ihre Bewegungs- gruͤnde nicht Liebe, Ehre und Gerechtigkeit ſind, und wofern dieſelben das geringſte von einem nie- dertraͤchtigen Mitleiden gegen ſie, oder von einer unwilligen Genehmhaltung an ihrer Seite, bey ſich haben, ich verſichert ſey, es werde von einer Perſon, die ſo viele Verzuͤge und ſo vielen Ver- ſtand hat, als meine Baſe, weder verlangt, noch angenommen werden: und ich werde es auch in dem Fall nicht wuͤnſchen.
Lovel. Glauben ſie nicht, Herr Obriſt, daß ich durch einen niedertraͤchtigen Vergleich einen Streit abzulehnen ſuche, den ich eben ſo willig
ſeyn
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mein Herr, es kommt nicht um ein geringes von
ihrer Familie und ihrem unverſoͤhnlichen Bezei-
gen gegen ſie her, daß ihr Widerwillen gegen
meinen Verwandten ſich vergroͤßert hat; der ſonſt
allerdings ſchaͤndlich mit ihr umgegangen, aber
willig und bereit iſt, das ihr widerfahrne Uebel
wieder gut zu machen ‒ ‒
Lovel. Nicht um ihrer Familie willen, mein
Lord; auch nicht wegen des uͤbermuͤthigen Bezei-
gens von dieſem Cavallier: ſondern um ihrer
ſelbſt willen, und in vollkommener Empfindung
des Uebels, das ich gegen ſie ausgeuͤbet habe.
Obr. Was mein uͤbermuͤthiges Bezeigen be-
trifft, wie ſie es nennen, mein Herr: ſo muß ich
mich ſehr irren, wo ſie in eben dem Falle, wenn
eine ſo wuͤrdige Verwandtinn auf eine ſo unan-
ſtaͤndige Weiſe beleidigt waͤre, nicht noch weiter
gegangen ſeyn wuͤrden. Jch muß ihnen aber ſa-
gen, mein Herr, daß, wofern ihre Bewegungs-
gruͤnde nicht Liebe, Ehre und Gerechtigkeit ſind,
und wofern dieſelben das geringſte von einem nie-
dertraͤchtigen Mitleiden gegen ſie, oder von einer
unwilligen Genehmhaltung an ihrer Seite, bey
ſich haben, ich verſichert ſey, es werde von einer
Perſon, die ſo viele Verzuͤge und ſo vielen Ver-
ſtand hat, als meine Baſe, weder verlangt, noch
angenommen werden: und ich werde es auch in
dem Fall nicht wuͤnſchen.
Lovel. Glauben ſie nicht, Herr Obriſt, daß
ich durch einen niedertraͤchtigen Vergleich einen
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ſeyn
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/212>, abgerufen am 26.11.2024.
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