geklaget habe. Dieß zeiget, daß die wahre Herz- haftigkeit viel zu erhaben ist, eine schändliche Handlung zu begehen: und daß nichts dem menschli- chen Gemüthe eine solche Niederträchtigkeit auflege, daß wir uns vorsetzlicher Beleidigungen gegen un- sere Nebengeschöpfe schuldig machen sollten. Wie unedel, wie pöbelhaft sind die Erniedrigungen, wo- zu eine ausgekünstelte Schandthat nöthiget! Daß der nichtswürdige Mensch so, wie er that, mit mir verfahren, und dann eine so jämmerliche und krie- chende Aufführung annehmen konnte, damit ich ihm vergeben, und, so vorsetzliche, so scheusliche, so überlegte Bosheiten wieder gut zu machen zu suchen, erlauben möchte! Wie verächtlich ist er bey einer gewissen Gelegenheit, die Sie einmal erfahren werden (*), wegen seiner Niederträchtig- keit, meiner Seele gewesen! Denjenigen aber, den man aus Herzens Grunde für verächtlich hält, gänzlich abzuweisen, ist im geringsten keine Schwie- rigkeit: wäre man ihn auch vormals noch so parteyisch zugethan gewesen.
Jnzwischen ist es mir lieb, daß dieser hitzige Kopf so kriechen kann; daß er, wie eine giftige Schlange, sich so schmiegen und winden und sei- nen Kopf in seinen engen Kreisen so verbergen
kann:
(*) Die Fräulein meynt die Gewaltthätigkeit, die er sich, nach des Vten Theils Lten Briefe, noch ein- mal zu verüben vorgesetzt hatte, und seine darauf erfolgte Briefe, in welchen er demüthigst um Ver- zeihung bittet.
Siebenter Theil. X
geklaget habe. Dieß zeiget, daß die wahre Herz- haftigkeit viel zu erhaben iſt, eine ſchaͤndliche Handlung zu begehen: und daß nichts dem menſchli- chen Gemuͤthe eine ſolche Niedertraͤchtigkeit auflege, daß wir uns vorſetzlicher Beleidigungen gegen un- ſere Nebengeſchoͤpfe ſchuldig machen ſollten. Wie unedel, wie poͤbelhaft ſind die Erniedrigungen, wo- zu eine ausgekuͤnſtelte Schandthat noͤthiget! Daß der nichtswuͤrdige Menſch ſo, wie er that, mit mir verfahren, und dann eine ſo jaͤmmerliche und krie- chende Auffuͤhrung annehmen konnte, damit ich ihm vergeben, und, ſo vorſetzliche, ſo ſcheusliche, ſo uͤberlegte Bosheiten wieder gut zu machen zu ſuchen, erlauben moͤchte! Wie veraͤchtlich iſt er bey einer gewiſſen Gelegenheit, die Sie einmal erfahren werden (*), wegen ſeiner Niedertraͤchtig- keit, meiner Seele geweſen! Denjenigen aber, den man aus Herzens Grunde fuͤr veraͤchtlich haͤlt, gaͤnzlich abzuweiſen, iſt im geringſten keine Schwie- rigkeit: waͤre man ihn auch vormals noch ſo parteyiſch zugethan geweſen.
Jnzwiſchen iſt es mir lieb, daß dieſer hitzige Kopf ſo kriechen kann; daß er, wie eine giftige Schlange, ſich ſo ſchmiegen und winden und ſei- nen Kopf in ſeinen engen Kreiſen ſo verbergen
kann:
(*) Die Fraͤulein meynt die Gewaltthaͤtigkeit, die er ſich, nach des Vten Theils Lten Briefe, noch ein- mal zu veruͤben vorgeſetzt hatte, und ſeine darauf erfolgte Briefe, in welchen er demuͤthigſt um Ver- zeihung bittet.
Siebenter Theil. X
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geklaget habe. Dieß zeiget, daß die wahre Herz-
haftigkeit viel zu erhaben iſt, eine ſchaͤndliche
Handlung zu begehen: und daß nichts dem menſchli-
chen Gemuͤthe eine ſolche Niedertraͤchtigkeit auflege,
daß wir uns vorſetzlicher Beleidigungen gegen un-
ſere Nebengeſchoͤpfe ſchuldig machen ſollten. Wie
unedel, wie poͤbelhaft ſind die Erniedrigungen, wo-
zu eine ausgekuͤnſtelte Schandthat noͤthiget! Daß
der nichtswuͤrdige Menſch ſo, wie er that, mit mir
verfahren, und dann eine ſo jaͤmmerliche und krie-
chende Auffuͤhrung annehmen konnte, damit ich
ihm vergeben, und, ſo vorſetzliche, ſo ſcheusliche,
ſo uͤberlegte Bosheiten wieder gut zu machen zu
ſuchen, erlauben moͤchte! Wie veraͤchtlich iſt er
bey einer gewiſſen Gelegenheit, die Sie einmal
erfahren werden (*), wegen ſeiner Niedertraͤchtig-
keit, meiner Seele geweſen! Denjenigen aber, den
man aus Herzens Grunde fuͤr veraͤchtlich haͤlt,
gaͤnzlich abzuweiſen, iſt im geringſten keine Schwie-
rigkeit: waͤre man ihn auch vormals noch ſo
parteyiſch zugethan geweſen.
Jnzwiſchen iſt es mir lieb, daß dieſer hitzige
Kopf ſo kriechen kann; daß er, wie eine giftige
Schlange, ſich ſo ſchmiegen und winden und ſei-
nen Kopf in ſeinen engen Kreiſen ſo verbergen
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(*) Die Fraͤulein meynt die Gewaltthaͤtigkeit, die er
ſich, nach des Vten Theils Lten Briefe, noch ein-
mal zu veruͤben vorgeſetzt hatte, und ſeine darauf
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/327>, abgerufen am 22.11.2024.
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