wenn ich es nicht von ganzem Herzen sagen könnte, sehr unruhig seyn, und glauben würde, daß mei- ne Hoffnung, Gnade zu erlangen, auf einem sehr schwachen Grunde ruhete, und ich noch in einem oder dem andern geheimen Unwillen einiges Ver- langen trüge, ein Leben, das er verkürzet hat, zu behalten.
Die göttliche Fräulein wandte hierauf ihren Kopf auf die Seite - - Der arme Mensch, sprach sie! Jch hätte ihn einmal lieben können. Dieß ist mehr gesagt, als ich jemals von irgend einer andern Mannsperson aus meiner eignen Fa- milie sagen konnte! Hätte er mir erlauben wollen, ein geringes Werzeug zu seyn, ihn from zu ma- chen: so denke ich, hätte ich ihn glücklich machen können. - - Aber sagen sie ihm das nicht, wo er wirklich Reue empfindet - - Es möchte ihn zu sehr schmerzen - - Hier hielte sie inne.
Unvergleichliche Fräu[lein]! - - Himmlisches Beyspiel der Vergebenden! - - Darauf fing sie wieder an - - Allein melden sie ihm, ich bitte sie, daß, wenn ich wissen könnte, daß mein Tod ein Mittel seyn möchte, ihn auf bessere Wege zu brin- gen und seine Seele zu retten, es mir ein unaus- sprechliches Vergnügen seyn würde.
Jnzwischen lassen sie mich doch nicht durch die Furcht, ihn zu sehen, beunruhiget werden. Es ist mir unertäglich, ihn zu sehen.
Eben da sie ausgeredet hatte, ließ der Geistli- che, welcher so oft bey ihr gewesen war, hinaufsa-
gen,
wenn ich es nicht von ganzem Herzen ſagen koͤnnte, ſehr unruhig ſeyn, und glauben wuͤrde, daß mei- ne Hoffnung, Gnade zu erlangen, auf einem ſehr ſchwachen Grunde ruhete, und ich noch in einem oder dem andern geheimen Unwillen einiges Ver- langen truͤge, ein Leben, das er verkuͤrzet hat, zu behalten.
Die goͤttliche Fraͤulein wandte hierauf ihren Kopf auf die Seite ‒ ‒ Der arme Menſch, ſprach ſie! Jch haͤtte ihn einmal lieben koͤnnen. Dieß iſt mehr geſagt, als ich jemals von irgend einer andern Mannsperſon aus meiner eignen Fa- milie ſagen konnte! Haͤtte er mir erlauben wollen, ein geringes Werzeug zu ſeyn, ihn from zu ma- chen: ſo denke ich, haͤtte ich ihn gluͤcklich machen koͤnnen. ‒ ‒ Aber ſagen ſie ihm das nicht, wo er wirklich Reue empfindet ‒ ‒ Es moͤchte ihn zu ſehr ſchmerzen ‒ ‒ Hier hielte ſie inne.
Unvergleichliche Fraͤu[lein]! ‒ ‒ Himmliſches Beyſpiel der Vergebenden! ‒ ‒ Darauf fing ſie wieder an ‒ ‒ Allein melden ſie ihm, ich bitte ſie, daß, wenn ich wiſſen koͤnnte, daß mein Tod ein Mittel ſeyn moͤchte, ihn auf beſſere Wege zu brin- gen und ſeine Seele zu retten, es mir ein unaus- ſprechliches Vergnuͤgen ſeyn wuͤrde.
Jnzwiſchen laſſen ſie mich doch nicht durch die Furcht, ihn zu ſehen, beunruhiget werden. Es iſt mir unertaͤglich, ihn zu ſehen.
Eben da ſie ausgeredet hatte, ließ der Geiſtli- che, welcher ſo oft bey ihr geweſen war, hinaufſa-
gen,
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wenn ich es nicht von ganzem Herzen ſagen koͤnnte,
ſehr unruhig ſeyn, und glauben wuͤrde, daß mei-
ne Hoffnung, Gnade zu erlangen, auf einem ſehr
ſchwachen Grunde ruhete, und ich noch in einem
oder dem andern geheimen Unwillen einiges Ver-
langen truͤge, ein Leben, das er verkuͤrzet hat, zu
behalten.
Die goͤttliche Fraͤulein wandte hierauf ihren
Kopf auf die Seite ‒ ‒ Der arme Menſch, ſprach
ſie! Jch haͤtte ihn einmal lieben koͤnnen. Dieß
iſt mehr geſagt, als ich jemals von irgend einer
andern Mannsperſon aus meiner eignen Fa-
milie ſagen konnte! Haͤtte er mir erlauben wollen,
ein geringes Werzeug zu ſeyn, ihn from zu ma-
chen: ſo denke ich, haͤtte ich ihn gluͤcklich machen
koͤnnen. ‒ ‒ Aber ſagen ſie ihm das nicht, wo er
wirklich Reue empfindet ‒ ‒ Es moͤchte ihn
zu ſehr ſchmerzen ‒ ‒ Hier hielte ſie inne.
Unvergleichliche Fraͤulein! ‒ ‒ Himmliſches
Beyſpiel der Vergebenden! ‒ ‒ Darauf fing ſie
wieder an ‒ ‒ Allein melden ſie ihm, ich bitte ſie,
daß, wenn ich wiſſen koͤnnte, daß mein Tod ein
Mittel ſeyn moͤchte, ihn auf beſſere Wege zu brin-
gen und ſeine Seele zu retten, es mir ein unaus-
ſprechliches Vergnuͤgen ſeyn wuͤrde.
Jnzwiſchen laſſen ſie mich doch nicht durch die
Furcht, ihn zu ſehen, beunruhiget werden. Es
iſt mir unertaͤglich, ihn zu ſehen.
Eben da ſie ausgeredet hatte, ließ der Geiſtli-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/400>, abgerufen am 25.11.2024.
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