dinn Nachricht brächte, und sie erführe, ob sie durch einem Bericht, daß sie noch am Leben wäre, Muth bekommen könnte, ihr einen Besuch zu ge- ben: indem befohlen war, daß alles zu ihrer Hin- aufreise, wofern er mit derjenigen Zeitung zurück- käme, welche sie wünschte, und durch ihr Gebeth mit der äußersten Sehnsucht zu erhalten suchte, in Bereitschaft seyn sollte. Henrich kam eben zu rechter Zeit, die Abreise des Menschen zu ver- hüten.
Er gebrauchte die Vorsichtigkeit, daß er mit der Kammerfrau oder dem Kammermägdchen der Fräulein Howe zu sprechen verlangte: und dieser hinterbrachte er die unglückliche Zeitung, damit sie dieselbe ihrer Fräulein auf eine gute Art bey- bringen möchte. Das Mägdchen aber erschrack selbst so darüber, daß ihre gnädige Frau, die al- lenthalben, wie Henrich sagte, zugleich zu seyn schiene, dazu kam, um zu sehen, was ihr fehlte. Allein diese ward auch über die Nachricht in sol- ches Schrecken gesetzt, daß sie genöthigt wurde, sich auf einen Stuhl niederzulassen. O die ange- nehme Fräulein! sagte sie - - Jst es so weit gekommen! - - O mein armes Annchen! - - Wie werde ich im Stande seyn, meinem Annchen die Sache auf eine gute Art beyzubringen!
Herr Hickmann war in dem Hause. Er eilte hinein, die gnädige Frau zu trösten - - Aber er konnte sich selbst der Thränen nicht verwehren. Er hätte wohl besürchtet, sagte er, da er das letzte mal in London gewesen wäre, daß sich dieser traurige
Fall
dinn Nachricht braͤchte, und ſie erfuͤhre, ob ſie durch einem Bericht, daß ſie noch am Leben waͤre, Muth bekommen koͤnnte, ihr einen Beſuch zu ge- ben: indem befohlen war, daß alles zu ihrer Hin- aufreiſe, wofern er mit derjenigen Zeitung zuruͤck- kaͤme, welche ſie wuͤnſchte, und durch ihr Gebeth mit der aͤußerſten Sehnſucht zu erhalten ſuchte, in Bereitſchaft ſeyn ſollte. Henrich kam eben zu rechter Zeit, die Abreiſe des Menſchen zu ver- huͤten.
Er gebrauchte die Vorſichtigkeit, daß er mit der Kammerfrau oder dem Kammermaͤgdchen der Fraͤulein Howe zu ſprechen verlangte: und dieſer hinterbrachte er die ungluͤckliche Zeitung, damit ſie dieſelbe ihrer Fraͤulein auf eine gute Art bey- bringen moͤchte. Das Maͤgdchen aber erſchrack ſelbſt ſo daruͤber, daß ihre gnaͤdige Frau, die al- lenthalben, wie Henrich ſagte, zugleich zu ſeyn ſchiene, dazu kam, um zu ſehen, was ihr fehlte. Allein dieſe ward auch uͤber die Nachricht in ſol- ches Schrecken geſetzt, daß ſie genoͤthigt wurde, ſich auf einen Stuhl niederzulaſſen. O die ange- nehme Fraͤulein! ſagte ſie ‒ ‒ Jſt es ſo weit gekommen! ‒ ‒ O mein armes Annchen! ‒ ‒ Wie werde ich im Stande ſeyn, meinem Annchen die Sache auf eine gute Art beyzubringen!
Herr Hickmann war in dem Hauſe. Er eilte hinein, die gnaͤdige Frau zu troͤſten ‒ ‒ Aber er konnte ſich ſelbſt der Thraͤnen nicht verwehren. Er haͤtte wohl beſuͤrchtet, ſagte er, da er das letzte mal in London geweſen waͤre, daß ſich dieſer traurige
Fall
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dinn Nachricht braͤchte, und ſie erfuͤhre, ob ſie
durch einem Bericht, daß ſie noch am Leben waͤre,
Muth bekommen koͤnnte, ihr einen Beſuch zu ge-
ben: indem befohlen war, daß alles zu ihrer Hin-
aufreiſe, wofern er mit derjenigen Zeitung zuruͤck-
kaͤme, welche ſie wuͤnſchte, und durch ihr Gebeth
mit der aͤußerſten Sehnſucht zu erhalten ſuchte,
in Bereitſchaft ſeyn ſollte. Henrich kam eben
zu rechter Zeit, die Abreiſe des Menſchen zu ver-
huͤten.
Er gebrauchte die Vorſichtigkeit, daß er mit
der Kammerfrau oder dem Kammermaͤgdchen der
Fraͤulein Howe zu ſprechen verlangte: und dieſer
hinterbrachte er die ungluͤckliche Zeitung, damit
ſie dieſelbe ihrer Fraͤulein auf eine gute Art bey-
bringen moͤchte. Das Maͤgdchen aber erſchrack
ſelbſt ſo daruͤber, daß ihre gnaͤdige Frau, die al-
lenthalben, wie Henrich ſagte, zugleich zu ſeyn
ſchiene, dazu kam, um zu ſehen, was ihr fehlte.
Allein dieſe ward auch uͤber die Nachricht in ſol-
ches Schrecken geſetzt, daß ſie genoͤthigt wurde,
ſich auf einen Stuhl niederzulaſſen. O die ange-
nehme Fraͤulein! ſagte ſie ‒ ‒ Jſt es ſo weit
gekommen! ‒ ‒ O mein armes Annchen! ‒ ‒
Wie werde ich im Stande ſeyn, meinem Annchen
die Sache auf eine gute Art beyzubringen!
Herr Hickmann war in dem Hauſe. Er eilte
hinein, die gnaͤdige Frau zu troͤſten ‒ ‒ Aber er
konnte ſich ſelbſt der Thraͤnen nicht verwehren. Er
haͤtte wohl beſuͤrchtet, ſagte er, da er das letzte mal
in London geweſen waͤre, daß ſich dieſer traurige
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/522>, abgerufen am 22.11.2024.
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