Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



dieser neuen Probe der Treulosigkeit gegen deinen
General mehr gehöret haben.

Du ertheilst dir selbst beständig große Lobsprü-
che durch die Vergleichung, worinn du dich an-
dern, wie ich sagen mag, entgegenstellest: in-
dem du dich auf eine gelinde und listige Weise
wegen solcher Eigenschaften tadelst, die du doch zu
eben der Zeit für lobenswürdig gehalten wissen
wolltest, und die auch gemeiniglich für lobenswür-
dig gehalten werden.

So wolltest du gern in deinem Bezeigen ge-
gen deine Bedienten für einen mächtig leutseli-
gen Menschen angesehen seyn: und das auf Mow-
brayens und meine Kosten, die du als Könige
und Kayser gegen unser Gesinde vorstellest.
Dennoch bist du allezeit in deinen Versuchen von
dieser Art unglücklich, und kannst uns, die dich
besser kennen, nicht überreden, daß das eine Tu-
gend an dir seyn sollte, was bloß eine Wirkung
deiner natürlichen Kaltsinnigkeit und Ungereimt-
heit ist.

Weißt du nicht, daß einige Leute von Natur
etwas Erhabenes in ihrem Wesen haben, welches
macht, daß sie auf einen Blick mehr gelten, als
ihr, du mit deinen kriechender, oder Mowbray
mit seinen heftigen Redensarten, gelten könnet?

Jch bin geschickt, ein Fürst zu seyn; das kann
ich dir sagen: denn ich belohne wohl, und strafe
zu rechter Zeit und auf gehörige Art. Jch bin
auch überhaupt so wohl bedienet, als irgend ein
Mensch.

Die



dieſer neuen Probe der Treuloſigkeit gegen deinen
General mehr gehoͤret haben.

Du ertheilſt dir ſelbſt beſtaͤndig große Lobſpruͤ-
che durch die Vergleichung, worinn du dich an-
dern, wie ich ſagen mag, entgegenſtelleſt: in-
dem du dich auf eine gelinde und liſtige Weiſe
wegen ſolcher Eigenſchaften tadelſt, die du doch zu
eben der Zeit fuͤr lobenswuͤrdig gehalten wiſſen
wollteſt, und die auch gemeiniglich fuͤr lobenswuͤr-
dig gehalten werden.

So wollteſt du gern in deinem Bezeigen ge-
gen deine Bedienten fuͤr einen maͤchtig leutſeli-
gen Menſchen angeſehen ſeyn: und das auf Mow-
brayens und meine Koſten, die du als Koͤnige
und Kayſer gegen unſer Geſinde vorſtelleſt.
Dennoch biſt du allezeit in deinen Verſuchen von
dieſer Art ungluͤcklich, und kannſt uns, die dich
beſſer kennen, nicht uͤberreden, daß das eine Tu-
gend an dir ſeyn ſollte, was bloß eine Wirkung
deiner natuͤrlichen Kaltſinnigkeit und Ungereimt-
heit iſt.

Weißt du nicht, daß einige Leute von Natur
etwas Erhabenes in ihrem Weſen haben, welches
macht, daß ſie auf einen Blick mehr gelten, als
ihr, du mit deinen kriechender, oder Mowbray
mit ſeinen heftigen Redensarten, gelten koͤnnet?

Jch bin geſchickt, ein Fuͤrſt zu ſeyn; das kann
ich dir ſagen: denn ich belohne wohl, und ſtrafe
zu rechter Zeit und auf gehoͤrige Art. Jch bin
auch uͤberhaupt ſo wohl bedienet, als irgend ein
Menſch.

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0054" n="48"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
die&#x017F;er neuen Probe der Treulo&#x017F;igkeit gegen deinen<lb/>
General mehr geho&#x0364;ret haben.</p><lb/>
          <p>Du ertheil&#x017F;t dir &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;ta&#x0364;ndig große Lob&#x017F;pru&#x0364;-<lb/>
che durch die Vergleichung, worinn du dich an-<lb/>
dern, wie ich &#x017F;agen mag, <hi rendition="#fr">entgegen&#x017F;telle&#x017F;t:</hi> in-<lb/>
dem du dich auf eine gelinde und li&#x017F;tige Wei&#x017F;e<lb/>
wegen &#x017F;olcher Eigen&#x017F;chaften tadel&#x017F;t, die du doch zu<lb/>
eben der Zeit fu&#x0364;r lobenswu&#x0364;rdig gehalten wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wollte&#x017F;t, und die auch gemeiniglich fu&#x0364;r lobenswu&#x0364;r-<lb/>
dig gehalten werden.</p><lb/>
          <p>So wollte&#x017F;t du gern in deinem Bezeigen ge-<lb/>
gen deine Bedienten fu&#x0364;r einen ma&#x0364;chtig leut&#x017F;eli-<lb/>
gen Men&#x017F;chen ange&#x017F;ehen &#x017F;eyn: und das auf Mow-<lb/>
brayens und meine Ko&#x017F;ten, die du als Ko&#x0364;nige<lb/>
und Kay&#x017F;er gegen un&#x017F;er Ge&#x017F;inde vor&#x017F;telle&#x017F;t.<lb/>
Dennoch bi&#x017F;t du allezeit in deinen Ver&#x017F;uchen von<lb/>
die&#x017F;er Art unglu&#x0364;cklich, und kann&#x017F;t uns, die dich<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er kennen, nicht u&#x0364;berreden, daß das eine Tu-<lb/>
gend an dir &#x017F;eyn &#x017F;ollte, was bloß eine Wirkung<lb/>
deiner natu&#x0364;rlichen Kalt&#x017F;innigkeit und Ungereimt-<lb/>
heit i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Weißt du nicht, daß einige Leute von Natur<lb/>
etwas Erhabenes in ihrem We&#x017F;en haben, welches<lb/>
macht, daß &#x017F;ie auf einen Blick mehr gelten, als<lb/>
ihr, du mit deinen kriechender, oder Mowbray<lb/>
mit &#x017F;einen heftigen Redensarten, gelten ko&#x0364;nnet?</p><lb/>
          <p>Jch bin ge&#x017F;chickt, ein Fu&#x0364;r&#x017F;t zu &#x017F;eyn; das kann<lb/>
ich dir &#x017F;agen: denn ich belohne wohl, und &#x017F;trafe<lb/>
zu rechter Zeit und auf geho&#x0364;rige Art. Jch bin<lb/>
auch u&#x0364;berhaupt &#x017F;o wohl bedienet, als irgend ein<lb/>
Men&#x017F;ch.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0054] dieſer neuen Probe der Treuloſigkeit gegen deinen General mehr gehoͤret haben. Du ertheilſt dir ſelbſt beſtaͤndig große Lobſpruͤ- che durch die Vergleichung, worinn du dich an- dern, wie ich ſagen mag, entgegenſtelleſt: in- dem du dich auf eine gelinde und liſtige Weiſe wegen ſolcher Eigenſchaften tadelſt, die du doch zu eben der Zeit fuͤr lobenswuͤrdig gehalten wiſſen wollteſt, und die auch gemeiniglich fuͤr lobenswuͤr- dig gehalten werden. So wollteſt du gern in deinem Bezeigen ge- gen deine Bedienten fuͤr einen maͤchtig leutſeli- gen Menſchen angeſehen ſeyn: und das auf Mow- brayens und meine Koſten, die du als Koͤnige und Kayſer gegen unſer Geſinde vorſtelleſt. Dennoch biſt du allezeit in deinen Verſuchen von dieſer Art ungluͤcklich, und kannſt uns, die dich beſſer kennen, nicht uͤberreden, daß das eine Tu- gend an dir ſeyn ſollte, was bloß eine Wirkung deiner natuͤrlichen Kaltſinnigkeit und Ungereimt- heit iſt. Weißt du nicht, daß einige Leute von Natur etwas Erhabenes in ihrem Weſen haben, welches macht, daß ſie auf einen Blick mehr gelten, als ihr, du mit deinen kriechender, oder Mowbray mit ſeinen heftigen Redensarten, gelten koͤnnet? Jch bin geſchickt, ein Fuͤrſt zu ſeyn; das kann ich dir ſagen: denn ich belohne wohl, und ſtrafe zu rechter Zeit und auf gehoͤrige Art. Jch bin auch uͤberhaupt ſo wohl bedienet, als irgend ein Menſch. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/54
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/54>, abgerufen am 18.05.2024.