zurückzulassen. Jch befahl der Magd, welche sie so wohl bedächtlich die Güte gehabt hatten, mit ihr herunter zu schicken, daß sie ihrer aufs sorgfäl- tigste pflegen sollte, und ließ die Kutsche zurück, auf sie zu warten. Sie verdienet alle Achtung, die ihr bezeigt werden kann, nicht allein um meiner Base, sondern um ihr selbst willen. Sie ist eine vortreffliche Frau.
Als wir zu fünf Meilen von Harlowe-Burg waren: so fing ich einen kurzen Galop an. Jch befahl, daß der Leichenwagen noch langsamer fahren sollte, weil der Kreuzweg, worinn wir wa- ren, uneben war, und wir mehr Zeit vor uns hat- ten, als ich wollte: denn ich wollte nicht gern, daß der Leichenwagen eher, als gegen die Abend- dämmerung zur Stelle seyn sollte.
Jch kam bey meinen Vettern um vier Uhr an. Sie können leicht glauben, daß ich ein trauervolles Haus fand. Aber sie verlangen, daß ich sehr um- ständlich schreiben soll.
Als ich in den Hof kam, waren sie alle in Be- wegung. Ein jeder Bedienter, den ich erblickte, hatte aufgeschwollene Augen, und sahe so traurig aus, daß ich anfangs besorgte, es möchte ein neues Unglück in der Familie vorgefallen seyn.
Herr Johann und Herr Anton Harlowe und Fr. Hervey waren da. Diese alle verstärkten ein- ander ihren Kummer, wie sie vorher einander in der Unbarmherzigkeit gestärkt hatten.
Mein Vetter Jakob kam mir entgegen, als ich in den Vorsaal trat. Jn seinem Gesichte ließ
sich
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zuruͤckzulaſſen. Jch befahl der Magd, welche ſie ſo wohl bedaͤchtlich die Guͤte gehabt hatten, mit ihr herunter zu ſchicken, daß ſie ihrer aufs ſorgfaͤl- tigſte pflegen ſollte, und ließ die Kutſche zuruͤck, auf ſie zu warten. Sie verdienet alle Achtung, die ihr bezeigt werden kann, nicht allein um meiner Baſe, ſondern um ihr ſelbſt willen. Sie iſt eine vortreffliche Frau.
Als wir zu fuͤnf Meilen von Harlowe-Burg waren: ſo fing ich einen kurzen Galop an. Jch befahl, daß der Leichenwagen noch langſamer fahren ſollte, weil der Kreuzweg, worinn wir wa- ren, uneben war, und wir mehr Zeit vor uns hat- ten, als ich wollte: denn ich wollte nicht gern, daß der Leichenwagen eher, als gegen die Abend- daͤmmerung zur Stelle ſeyn ſollte.
Jch kam bey meinen Vettern um vier Uhr an. Sie koͤnnen leicht glauben, daß ich ein trauervolles Haus fand. Aber ſie verlangen, daß ich ſehr um- ſtaͤndlich ſchreiben ſoll.
Als ich in den Hof kam, waren ſie alle in Be- wegung. Ein jeder Bedienter, den ich erblickte, hatte aufgeſchwollene Augen, und ſahe ſo traurig aus, daß ich anfangs beſorgte, es moͤchte ein neues Ungluͤck in der Familie vorgefallen ſeyn.
Herr Johann und Herr Anton Harlowe und Fr. Hervey waren da. Dieſe alle verſtaͤrkten ein- ander ihren Kummer, wie ſie vorher einander in der Unbarmherzigkeit geſtaͤrkt hatten.
Mein Vetter Jakob kam mir entgegen, als ich in den Vorſaal trat. Jn ſeinem Geſichte ließ
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zuruͤckzulaſſen. Jch befahl der Magd, welche ſie
ſo wohl bedaͤchtlich die Guͤte gehabt hatten, mit
ihr herunter zu ſchicken, daß ſie ihrer aufs ſorgfaͤl-
tigſte pflegen ſollte, und ließ die Kutſche zuruͤck, auf
ſie zu warten. Sie verdienet alle Achtung, die
ihr bezeigt werden kann, nicht allein um meiner
Baſe, ſondern um ihr ſelbſt willen. Sie iſt eine
vortreffliche Frau.
Als wir zu fuͤnf Meilen von Harlowe-Burg
waren: ſo fing ich einen kurzen Galop an. Jch
befahl, daß der Leichenwagen noch langſamer
fahren ſollte, weil der Kreuzweg, worinn wir wa-
ren, uneben war, und wir mehr Zeit vor uns hat-
ten, als ich wollte: denn ich wollte nicht gern,
daß der Leichenwagen eher, als gegen die Abend-
daͤmmerung zur Stelle ſeyn ſollte.
Jch kam bey meinen Vettern um vier Uhr an.
Sie koͤnnen leicht glauben, daß ich ein trauervolles
Haus fand. Aber ſie verlangen, daß ich ſehr um-
ſtaͤndlich ſchreiben ſoll.
Als ich in den Hof kam, waren ſie alle in Be-
wegung. Ein jeder Bedienter, den ich erblickte,
hatte aufgeſchwollene Augen, und ſahe ſo traurig
aus, daß ich anfangs beſorgte, es moͤchte ein
neues Ungluͤck in der Familie vorgefallen ſeyn.
Herr Johann und Herr Anton Harlowe und
Fr. Hervey waren da. Dieſe alle verſtaͤrkten ein-
ander ihren Kummer, wie ſie vorher einander in
der Unbarmherzigkeit geſtaͤrkt hatten.
Mein Vetter Jakob kam mir entgegen, als
ich in den Vorſaal trat. Jn ſeinem Geſichte ließ
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/571>, abgerufen am 22.11.2024.
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