Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



London, einen Theil des Vorwurfs, der ihn billig
traf, zu schieben.

Herr Melvill, D. Lewins Gehülfe, sagte er,
müßte der Mann seyn. Er rühmte ihn wegen
seiner Geschicklichkeit, seiner Ausrede, und seines
unverwerflichen Betragens, und versprach, es ihm
morgen bey früher Zeit aufzutragen.

Er rief seine Schwester heraus: und die war
seiner Meynung. Also überließ ich dieß ihnen
beyden.

Sie ließen sich beyde, mit nicht weniger Hi-
tze, ihr Misfallen merken, daß Sie, mein Herr,
die Vollziehung von dem Testament ihrer Schwe-
ster haben sollten: weil Sie mit dem Urheber ih-
res Unglücks in so vertrauter Freundschaft stün-
den.

Sie müssen nichts übel nehmen, was ich Jh-
nen von ihren Reden bey dieser Gelegenheit ent-
decken werde. Weil ich das Vertrauen zu Jh-
nen habe, daß Sie es nicht thun werden: so wer-
de ich desto freyer schreiben.

Jch erzählte ihnen, wie viele Verbindlichkeit
meine liebe Base ihrer Freundschaft und Höflich-
keit hätte. Jch stellte ihnen die Verbindungen
vor, welche sie Jhnen aufgeleget hätte: ich stellte
Jhre eigne Neigung vor, dieselben zu beobachten.
Jch sagte, Sie wären ein Herr, der Ehre und
Tugend liebte; Sie trügen Verlangen, sich mei-
nes Raths zu bedienen; und ich hätte große Lust,
mir Jhre Gunst und Jhren Briefwechsel zu er-
halten.

Sie
O o 5



London, einen Theil des Vorwurfs, der ihn billig
traf, zu ſchieben.

Herr Melvill, D. Lewins Gehuͤlfe, ſagte er,
muͤßte der Mann ſeyn. Er ruͤhmte ihn wegen
ſeiner Geſchicklichkeit, ſeiner Ausrede, und ſeines
unverwerflichen Betragens, und verſprach, es ihm
morgen bey fruͤher Zeit aufzutragen.

Er rief ſeine Schweſter heraus: und die war
ſeiner Meynung. Alſo uͤberließ ich dieß ihnen
beyden.

Sie ließen ſich beyde, mit nicht weniger Hi-
tze, ihr Misfallen merken, daß Sie, mein Herr,
die Vollziehung von dem Teſtament ihrer Schwe-
ſter haben ſollten: weil Sie mit dem Urheber ih-
res Ungluͤcks in ſo vertrauter Freundſchaft ſtuͤn-
den.

Sie muͤſſen nichts uͤbel nehmen, was ich Jh-
nen von ihren Reden bey dieſer Gelegenheit ent-
decken werde. Weil ich das Vertrauen zu Jh-
nen habe, daß Sie es nicht thun werden: ſo wer-
de ich deſto freyer ſchreiben.

Jch erzaͤhlte ihnen, wie viele Verbindlichkeit
meine liebe Baſe ihrer Freundſchaft und Hoͤflich-
keit haͤtte. Jch ſtellte ihnen die Verbindungen
vor, welche ſie Jhnen aufgeleget haͤtte: ich ſtellte
Jhre eigne Neigung vor, dieſelben zu beobachten.
Jch ſagte, Sie waͤren ein Herr, der Ehre und
Tugend liebte; Sie truͤgen Verlangen, ſich mei-
nes Raths zu bedienen; und ich haͤtte große Luſt,
mir Jhre Gunſt und Jhren Briefwechſel zu er-
halten.

Sie
O o 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0591" n="585"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
London, einen Theil des Vorwurfs, der ihn billig<lb/>
traf, zu &#x017F;chieben.</p><lb/>
            <p>Herr Melvill, D. Lewins Gehu&#x0364;lfe, &#x017F;agte er,<lb/>
mu&#x0364;ßte der Mann &#x017F;eyn. Er ru&#x0364;hmte ihn wegen<lb/>
&#x017F;einer Ge&#x017F;chicklichkeit, &#x017F;einer Ausrede, und &#x017F;eines<lb/>
unverwerflichen Betragens, und ver&#x017F;prach, es ihm<lb/>
morgen bey fru&#x0364;her Zeit aufzutragen.</p><lb/>
            <p>Er rief &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter heraus: und die war<lb/>
&#x017F;einer Meynung. Al&#x017F;o u&#x0364;berließ ich dieß ihnen<lb/>
beyden.</p><lb/>
            <p>Sie ließen &#x017F;ich beyde, mit nicht weniger Hi-<lb/>
tze, ihr Misfallen merken, daß Sie, mein Herr,<lb/>
die Vollziehung von dem Te&#x017F;tament ihrer Schwe-<lb/>
&#x017F;ter haben &#x017F;ollten: weil Sie mit dem Urheber ih-<lb/>
res Unglu&#x0364;cks in &#x017F;o vertrauter Freund&#x017F;chaft &#x017F;tu&#x0364;n-<lb/>
den.</p><lb/>
            <p>Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nichts u&#x0364;bel nehmen, was ich Jh-<lb/>
nen von ihren Reden bey die&#x017F;er Gelegenheit ent-<lb/>
decken werde. Weil ich das Vertrauen zu Jh-<lb/>
nen habe, daß Sie es nicht thun werden: &#x017F;o wer-<lb/>
de ich de&#x017F;to freyer &#x017F;chreiben.</p><lb/>
            <p>Jch erza&#x0364;hlte ihnen, wie viele Verbindlichkeit<lb/>
meine liebe Ba&#x017F;e ihrer Freund&#x017F;chaft und Ho&#x0364;flich-<lb/>
keit ha&#x0364;tte. Jch &#x017F;tellte ihnen die Verbindungen<lb/>
vor, welche &#x017F;ie Jhnen aufgeleget ha&#x0364;tte: ich &#x017F;tellte<lb/>
Jhre eigne Neigung vor, die&#x017F;elben zu beobachten.<lb/>
Jch &#x017F;agte, Sie wa&#x0364;ren ein Herr, der Ehre und<lb/>
Tugend liebte; Sie tru&#x0364;gen Verlangen, &#x017F;ich mei-<lb/>
nes Raths zu bedienen; und ich ha&#x0364;tte große Lu&#x017F;t,<lb/>
mir Jhre Gun&#x017F;t und Jhren Briefwech&#x017F;el zu er-<lb/>
halten.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">O o 5</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[585/0591] London, einen Theil des Vorwurfs, der ihn billig traf, zu ſchieben. Herr Melvill, D. Lewins Gehuͤlfe, ſagte er, muͤßte der Mann ſeyn. Er ruͤhmte ihn wegen ſeiner Geſchicklichkeit, ſeiner Ausrede, und ſeines unverwerflichen Betragens, und verſprach, es ihm morgen bey fruͤher Zeit aufzutragen. Er rief ſeine Schweſter heraus: und die war ſeiner Meynung. Alſo uͤberließ ich dieß ihnen beyden. Sie ließen ſich beyde, mit nicht weniger Hi- tze, ihr Misfallen merken, daß Sie, mein Herr, die Vollziehung von dem Teſtament ihrer Schwe- ſter haben ſollten: weil Sie mit dem Urheber ih- res Ungluͤcks in ſo vertrauter Freundſchaft ſtuͤn- den. Sie muͤſſen nichts uͤbel nehmen, was ich Jh- nen von ihren Reden bey dieſer Gelegenheit ent- decken werde. Weil ich das Vertrauen zu Jh- nen habe, daß Sie es nicht thun werden: ſo wer- de ich deſto freyer ſchreiben. Jch erzaͤhlte ihnen, wie viele Verbindlichkeit meine liebe Baſe ihrer Freundſchaft und Hoͤflich- keit haͤtte. Jch ſtellte ihnen die Verbindungen vor, welche ſie Jhnen aufgeleget haͤtte: ich ſtellte Jhre eigne Neigung vor, dieſelben zu beobachten. Jch ſagte, Sie waͤren ein Herr, der Ehre und Tugend liebte; Sie truͤgen Verlangen, ſich mei- nes Raths zu bedienen; und ich haͤtte große Luſt, mir Jhre Gunſt und Jhren Briefwechſel zu er- halten. Sie O o 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/591
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/591>, abgerufen am 16.07.2024.