Der ein und achtzigste Brief. Die Fortsetzung von dem Obrist Morden.
Mont. Nachmittags, den 11ten Sept.
Mein Herr.
Wir sind hier eine so schlechte Gesellschaft für einander, daß es einige Erleichterung ist, sich allein in sein Zimmer zu begeben und zu schreiben.
Um halb neun herum bekam ich eine Anfor- derung, zum Frühstück zu kommen. Die trau- rige Versammlung kam langsam zusammen. Wir nahmen alle unlustig und unmuthig unsere Plätze. Ein jeder fragte mit geschwollenen Augen den an- dern, wie er geruhet hatte, ohne eine leidliche Nach- richt zu erwarten.
Die kummervolle Mutter gab zur Antwort, sie würde niemals mehr wissen, was Ruhe wäre.
Als wir in gutem Frieden saßen, klingelte die Klocke, weil sich das äußere Thor öffnete, und ein Wagen rasselte über das Pflaster in dem Hofe. Das brachte sie in Bewegung.
Jch ging von ihnen: und kam eben zu rech- ter Zeit, der Fräulein Howe, indem sie ausstieg,
meine
Der ein und achtzigſte Brief. Die Fortſetzung von dem Obriſt Morden.
Mont. Nachmittags, den 11ten Sept.
Mein Herr.
Wir ſind hier eine ſo ſchlechte Geſellſchaft fuͤr einander, daß es einige Erleichterung iſt, ſich allein in ſein Zimmer zu begeben und zu ſchreiben.
Um halb neun herum bekam ich eine Anfor- derung, zum Fruͤhſtuͤck zu kommen. Die trau- rige Verſammlung kam langſam zuſammen. Wir nahmen alle unluſtig und unmuthig unſere Plaͤtze. Ein jeder fragte mit geſchwollenen Augen den an- dern, wie er geruhet hatte, ohne eine leidliche Nach- richt zu erwarten.
Die kummervolle Mutter gab zur Antwort, ſie wuͤrde niemals mehr wiſſen, was Ruhe waͤre.
Als wir in gutem Frieden ſaßen, klingelte die Klocke, weil ſich das aͤußere Thor oͤffnete, und ein Wagen raſſelte uͤber das Pflaſter in dem Hofe. Das brachte ſie in Bewegung.
Jch ging von ihnen: und kam eben zu rech- ter Zeit, der Fraͤulein Howe, indem ſie ausſtieg,
meine
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Der ein und achtzigſte Brief.
Die Fortſetzung
von dem Obriſt Morden.
Mont. Nachmittags, den 11ten Sept.
Mein Herr.
Wir ſind hier eine ſo ſchlechte Geſellſchaft fuͤr
einander, daß es einige Erleichterung iſt,
ſich allein in ſein Zimmer zu begeben und zu
ſchreiben.
Um halb neun herum bekam ich eine Anfor-
derung, zum Fruͤhſtuͤck zu kommen. Die trau-
rige Verſammlung kam langſam zuſammen. Wir
nahmen alle unluſtig und unmuthig unſere Plaͤtze.
Ein jeder fragte mit geſchwollenen Augen den an-
dern, wie er geruhet hatte, ohne eine leidliche Nach-
richt zu erwarten.
Die kummervolle Mutter gab zur Antwort,
ſie wuͤrde niemals mehr wiſſen, was Ruhe waͤre.
Als wir in gutem Frieden ſaßen, klingelte die
Klocke, weil ſich das aͤußere Thor oͤffnete, und ein
Wagen raſſelte uͤber das Pflaſter in dem Hofe.
Das brachte ſie in Bewegung.
Jch ging von ihnen: und kam eben zu rech-
ter Zeit, der Fraͤulein Howe, indem ſie ausſtieg,
meine
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/595>, abgerufen am 22.11.2024.
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