Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite




Der neunzigste Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.

Seit dem unglücklichen siebenden dieses Mo-
naths, bin ich allezeit mir selbst und aller
Freude des Lebens geraubet gewesen. Jch hätte
noch weiter als auf den unglücklichen siebenden
zurückgehen mögen, den ich in Zukunft nicht an-
ders als in Trauer jährlich wiederkommen sehen
will: nur hatte ich doch bis auf den verfluchten
Tag noch einige Strahlen der Hoffnung, die bis-
weilen auf mich schossen.

Man sagt mir von einem wunderlichen Brie-
se, den ich an euch geschrieben habe (*). Jch be-
sinne mich wohl, daß ich geschrieben: aber, was
ich geschrieben, davon besinne ich mich sehr wenig.

Jch bin in einem verfluchten Zustande gewe-
sen. Mich deucht, es hat etwas auf eine seltsa-
me Art zu meiner Strafe gewirket, um mir alles
zu vergelten. Jch bin niemals ein solcher Narr
gewesen, daß ich eine Vorsehung geleugnet hätte:
jedoch ist es auch nicht meine Weise, alles, was
auf eine Zeitlang wie Rache aussiehet, auf ein
göttliches Gericht hinauszuleiten. Wo mir aber

hier,
(*) Man sehe den vorhergehenden LXXVI. Brief.




Der neunzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.

Seit dem ungluͤcklichen ſiebenden dieſes Mo-
naths, bin ich allezeit mir ſelbſt und aller
Freude des Lebens geraubet geweſen. Jch haͤtte
noch weiter als auf den ungluͤcklichen ſiebenden
zuruͤckgehen moͤgen, den ich in Zukunft nicht an-
ders als in Trauer jaͤhrlich wiederkommen ſehen
will: nur hatte ich doch bis auf den verfluchten
Tag noch einige Strahlen der Hoffnung, die bis-
weilen auf mich ſchoſſen.

Man ſagt mir von einem wunderlichen Brie-
ſe, den ich an euch geſchrieben habe (*). Jch be-
ſinne mich wohl, daß ich geſchrieben: aber, was
ich geſchrieben, davon beſinne ich mich ſehr wenig.

Jch bin in einem verfluchten Zuſtande gewe-
ſen. Mich deucht, es hat etwas auf eine ſeltſa-
me Art zu meiner Strafe gewirket, um mir alles
zu vergelten. Jch bin niemals ein ſolcher Narr
geweſen, daß ich eine Vorſehung geleugnet haͤtte:
jedoch iſt es auch nicht meine Weiſe, alles, was
auf eine Zeitlang wie Rache ausſiehet, auf ein
goͤttliches Gericht hinauszuleiten. Wo mir aber

hier,
(*) Man ſehe den vorhergehenden LXXVI. Brief.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0684" n="678"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der neunzig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.</hi></head><lb/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">M. Hall, Donner&#x017F;tags, den 14ten Sept.</hi> </dateline><lb/>
            <p><hi rendition="#in">S</hi>eit dem unglu&#x0364;cklichen &#x017F;iebenden die&#x017F;es Mo-<lb/>
naths, bin ich allezeit mir &#x017F;elb&#x017F;t und aller<lb/>
Freude des Lebens geraubet gewe&#x017F;en. Jch ha&#x0364;tte<lb/>
noch weiter als auf den unglu&#x0364;cklichen &#x017F;iebenden<lb/>
zuru&#x0364;ckgehen mo&#x0364;gen, den ich in Zukunft nicht an-<lb/>
ders als in Trauer ja&#x0364;hrlich wiederkommen &#x017F;ehen<lb/>
will: nur hatte ich doch bis auf den verfluchten<lb/>
Tag noch einige Strahlen der Hoffnung, die bis-<lb/>
weilen auf mich &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Man &#x017F;agt mir von einem wunderlichen Brie-<lb/>
&#x017F;e, den ich an euch ge&#x017F;chrieben habe <note place="foot" n="(*)">Man &#x017F;ehe den vorhergehenden <hi rendition="#aq">LXXVI.</hi> Brief.</note>. Jch be-<lb/>
&#x017F;inne mich wohl, daß ich ge&#x017F;chrieben: aber, was<lb/>
ich ge&#x017F;chrieben, davon be&#x017F;inne ich mich &#x017F;ehr wenig.</p><lb/>
            <p>Jch bin in einem verfluchten Zu&#x017F;tande gewe-<lb/>
&#x017F;en. Mich deucht, es hat etwas auf eine &#x017F;elt&#x017F;a-<lb/>
me Art zu meiner Strafe gewirket, um mir alles<lb/>
zu <hi rendition="#fr">vergelten.</hi> Jch bin niemals ein &#x017F;olcher Narr<lb/>
gewe&#x017F;en, daß ich eine Vor&#x017F;ehung geleugnet ha&#x0364;tte:<lb/>
jedoch i&#x017F;t es auch nicht meine Wei&#x017F;e, alles, was<lb/>
auf eine Zeitlang wie Rache aus&#x017F;iehet, auf ein<lb/>
go&#x0364;ttliches Gericht hinauszuleiten. Wo mir aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">hier,</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[678/0684] Der neunzigſte Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford. M. Hall, Donnerſtags, den 14ten Sept. Seit dem ungluͤcklichen ſiebenden dieſes Mo- naths, bin ich allezeit mir ſelbſt und aller Freude des Lebens geraubet geweſen. Jch haͤtte noch weiter als auf den ungluͤcklichen ſiebenden zuruͤckgehen moͤgen, den ich in Zukunft nicht an- ders als in Trauer jaͤhrlich wiederkommen ſehen will: nur hatte ich doch bis auf den verfluchten Tag noch einige Strahlen der Hoffnung, die bis- weilen auf mich ſchoſſen. Man ſagt mir von einem wunderlichen Brie- ſe, den ich an euch geſchrieben habe (*). Jch be- ſinne mich wohl, daß ich geſchrieben: aber, was ich geſchrieben, davon beſinne ich mich ſehr wenig. Jch bin in einem verfluchten Zuſtande gewe- ſen. Mich deucht, es hat etwas auf eine ſeltſa- me Art zu meiner Strafe gewirket, um mir alles zu vergelten. Jch bin niemals ein ſolcher Narr geweſen, daß ich eine Vorſehung geleugnet haͤtte: jedoch iſt es auch nicht meine Weiſe, alles, was auf eine Zeitlang wie Rache ausſiehet, auf ein goͤttliches Gericht hinauszuleiten. Wo mir aber hier, (*) Man ſehe den vorhergehenden LXXVI. Brief.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/684
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/684>, abgerufen am 22.11.2024.