Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.XCI. Wunder-Horn an der Stirne eines Mannes. JOhann Guy/ Wollen - Kämmer zu Mompellier/ kam eines Tages zu mir/ und fragte / ob ich ihm könte ohne Gefahr ein Horn abschneiden/ welches ihm an der Stirne gewachsen war/ ein wenig unterhalb dem Haare/ auf der lincken Seiten? Dasselbe betrachtete ich wohl/ und vermerckte/ daß es gantz und gar unten an das Bein angewachsen war: Es war eines halben Schuhes lang/ und eines guten Daumens dicke. Seine Gestalt war ungleich/ unten dicke/ und oben spitzig zu: Und war gebeuget / wie eines jungen Hammels von sechs Monden. Endlich als ich sahe/ wie es ihm so beschwehrlich und so hinderlich war/ auch durch seine Bitte überwunden ward: Wagete ich es/ und Schnitte dieses Horn ab / so tieff/ als ich kunte: Daraus lieff heftig viel Blut/ also daß ich das Brenn- XCI. Wunder-Horn an der Stirne eines Mannes. JOhann Guy/ Wollen - Kämmer zu Mompellier/ kam eines Tages zu mir/ und fragte / ob ich ihm könte ohne Gefahr ein Horn abschneiden/ welches ihm an der Stirne gewachsen war/ ein wenig unterhalb dem Haare/ auf der lincken Seiten? Dasselbe betrachtete ich wohl/ und vermerckte/ daß es gantz und gar unten an das Bein angewachsen war: Es war eines halben Schuhes lang/ und eines guten Daumens dicke. Seine Gestalt war ungleich/ unten dicke/ und oben spitzig zu: Und war gebeuget / wie eines jungen Ham̃els von sechs Monden. Endlich als ich sahe/ wie es ihm so beschwehrlich und so hinderlich war/ auch durch seine Bitte überwunden ward: Wagete ich es/ und Schnitte dieses Horn ab / so tieff/ als ich kunte: Daraus lieff heftig viel Blut/ also daß ich das Brenn- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0314" n="292"/> <p>XCI.</p> <p>Wunder-Horn an der Stirne eines Mannes.</p> <p>JOhann Guy/ Wollen - Kämmer zu Mompellier/ kam eines Tages zu mir/ und fragte / ob ich ihm könte ohne Gefahr ein Horn abschneiden/ welches ihm an der Stirne gewachsen war/ ein wenig unterhalb dem Haare/ auf der lincken Seiten? Dasselbe betrachtete ich wohl/ und vermerckte/ daß es gantz und gar unten an das Bein angewachsen war: Es war eines halben Schuhes lang/ und eines guten Daumens dicke.</p> <p>Seine Gestalt war ungleich/ unten dicke/ und oben spitzig zu: Und war gebeuget / wie eines jungen Ham̃els von sechs Monden.</p> <p>Endlich als ich sahe/ wie es ihm so beschwehrlich und so hinderlich war/ auch durch seine Bitte überwunden ward: Wagete ich es/ und Schnitte dieses Horn ab / so tieff/ als ich kunte: Daraus lieff heftig viel Blut/ also daß ich das Brenn- </p> </div> </body> </text> </TEI> [292/0314]
XCI.
Wunder-Horn an der Stirne eines Mannes.
JOhann Guy/ Wollen - Kämmer zu Mompellier/ kam eines Tages zu mir/ und fragte / ob ich ihm könte ohne Gefahr ein Horn abschneiden/ welches ihm an der Stirne gewachsen war/ ein wenig unterhalb dem Haare/ auf der lincken Seiten? Dasselbe betrachtete ich wohl/ und vermerckte/ daß es gantz und gar unten an das Bein angewachsen war: Es war eines halben Schuhes lang/ und eines guten Daumens dicke.
Seine Gestalt war ungleich/ unten dicke/ und oben spitzig zu: Und war gebeuget / wie eines jungen Ham̃els von sechs Monden.
Endlich als ich sahe/ wie es ihm so beschwehrlich und so hinderlich war/ auch durch seine Bitte überwunden ward: Wagete ich es/ und Schnitte dieses Horn ab / so tieff/ als ich kunte: Daraus lieff heftig viel Blut/ also daß ich das Brenn-
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