Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.

Bild:
<< vorherige Seite

Am andern Tage des Junii wolte sie Schuhe putzen/ nahm ihr Messer eines/ so einen halben Schuhe lang war: Und als sie sich in der Kammer in einem Winckel niedergesetzt/ und anfieng zu putzen/ sie auch noch gar schwach war von einem Fieber/ welches sie lange Zeit gehabt: Da kam geschwinde hinein gegangen ein altes Weib/ dasselbe fragte sie/ ob sie noch das Fieber hätte / und wie sie sich nach ihrer Kranckheit befinde? Darnach gieng sie heraus/ und sagte kein Wort.

Nach dem die Schuhe geputzet waren/ leiß die Jungfrau ihr Messer in den Schoß fallen/ welches sie darnach nicht kunte wieder finden/ wie fleissig sie es suchte: Darüber erschrack sie/ aber noch mehr/ als sie einen schwartzen Hund sahe unter dem Tische liegen/ denselben jagte sie/ meinend/ sie wolte ihr Messer finden.

Der Hund ergrimm[unleserliches Material]te/ und fieng an ihr die Zähne zu weisen/ und zu murren / sprang auf die Gassen/ und lief davon.

Alsbald deuchte diese Tochter/ als wenn sie etwas fühlete/ das ihr hinten auf dem Rücken herunter lieffe/ gleichsam als eine kalte Feuchtigkeit: Und stracks fiel sie in eine Ohnmacht/ und blieb darinnen biß auf den dritten Tag: Da fieng sie an ein wenig sich zu erhohlen/ und etwas von Speise zu sich zu nehmen.

Als sie nun fleissig gefraget wurde ümb die Ursache ihres Ubels: Antwortete sie / sie wüste ge-

Am andern Tage des Junii wolte sie Schuhe putzen/ nahm ihr Messer eines/ so einen halben Schuhe lang war: Und als sie sich in der Kam̃er in einem Winckel niedergesetzt/ und anfieng zu putzen/ sie auch noch gar schwach war von einem Fieber/ welches sie lange Zeit gehabt: Da kam geschwinde hinein gegangen ein altes Weib/ dasselbe fragte sie/ ob sie noch das Fieber hätte / und wie sie sich nach ihrer Kranckheit befinde? Darnach gieng sie heraus/ und sagte kein Wort.

Nach dem die Schuhe geputzet waren/ leiß die Jungfrau ihr Messer in den Schoß fallen/ welches sie darnach nicht kunte wieder finden/ wie fleissig sie es suchte: Darüber erschrack sie/ aber noch mehr/ als sie einen schwartzen Hund sahe unter dem Tische liegen/ denselben jagte sie/ meinend/ sie wolte ihr Messer finden.

Der Hund ergrimm[unleserliches Material]te/ und fieng an ihr die Zähne zu weisen/ und zu murren / sprang auf die Gassen/ und lief davon.

Alsbald deuchte diese Tochter/ als wenn sie etwas fühlete/ das ihr hinten auf dem Rücken herunter lieffe/ gleichsam als eine kalte Feuchtigkeit: Und stracks fiel sie in eine Ohnmacht/ und blieb darinnen biß auf den dritten Tag: Da fieng sie an ein wenig sich zu erhohlen/ und etwas von Speise zu sich zu nehmen.

Als sie nun fleissig gefraget wurde ümb die Ursache ihres Ubels: Antwortete sie / sie wüste ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0333" n="309"/>
        <p>Am andern Tage des Junii wolte sie Schuhe putzen/ nahm ihr Messer eines/ so                      einen halben Schuhe lang war: Und als sie sich in der Kam&#x0303;er in einem                      Winckel niedergesetzt/ und anfieng zu putzen/ sie auch noch gar schwach war                      von einem Fieber/ welches sie lange Zeit gehabt: Da kam geschwinde hinein                      gegangen ein altes Weib/ dasselbe fragte sie/ ob sie noch das Fieber hätte /                      und wie sie sich nach ihrer Kranckheit befinde? Darnach gieng sie heraus/ und                      sagte kein Wort.</p>
        <p>Nach dem die Schuhe geputzet waren/ leiß die Jungfrau ihr Messer in den Schoß                      fallen/ welches sie darnach nicht kunte wieder finden/ wie fleissig sie es                      suchte: Darüber erschrack sie/ aber noch mehr/ als sie einen schwartzen Hund                      sahe unter dem Tische liegen/ denselben jagte sie/ meinend/ sie wolte ihr                      Messer finden.</p>
        <p>Der Hund ergrimm<gap reason="illegible"/>te/ und fieng an ihr die Zähne zu weisen/ und zu murren /                      sprang auf die Gassen/ und lief davon.</p>
        <p>Alsbald deuchte diese Tochter/ als wenn sie etwas fühlete/ das ihr hinten auf                      dem Rücken herunter lieffe/ gleichsam als eine kalte Feuchtigkeit: Und stracks                      fiel sie in eine Ohnmacht/ und blieb darinnen biß auf den dritten Tag: Da fieng                      sie an ein wenig sich zu erhohlen/ und etwas von Speise zu sich zu nehmen.</p>
        <p>Als sie nun fleissig gefraget wurde ümb die Ursache ihres Ubels: Antwortete sie /                      sie wüste ge-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0333] Am andern Tage des Junii wolte sie Schuhe putzen/ nahm ihr Messer eines/ so einen halben Schuhe lang war: Und als sie sich in der Kam̃er in einem Winckel niedergesetzt/ und anfieng zu putzen/ sie auch noch gar schwach war von einem Fieber/ welches sie lange Zeit gehabt: Da kam geschwinde hinein gegangen ein altes Weib/ dasselbe fragte sie/ ob sie noch das Fieber hätte / und wie sie sich nach ihrer Kranckheit befinde? Darnach gieng sie heraus/ und sagte kein Wort. Nach dem die Schuhe geputzet waren/ leiß die Jungfrau ihr Messer in den Schoß fallen/ welches sie darnach nicht kunte wieder finden/ wie fleissig sie es suchte: Darüber erschrack sie/ aber noch mehr/ als sie einen schwartzen Hund sahe unter dem Tische liegen/ denselben jagte sie/ meinend/ sie wolte ihr Messer finden. Der Hund ergrimm_ te/ und fieng an ihr die Zähne zu weisen/ und zu murren / sprang auf die Gassen/ und lief davon. Alsbald deuchte diese Tochter/ als wenn sie etwas fühlete/ das ihr hinten auf dem Rücken herunter lieffe/ gleichsam als eine kalte Feuchtigkeit: Und stracks fiel sie in eine Ohnmacht/ und blieb darinnen biß auf den dritten Tag: Da fieng sie an ein wenig sich zu erhohlen/ und etwas von Speise zu sich zu nehmen. Als sie nun fleissig gefraget wurde ümb die Ursache ihres Ubels: Antwortete sie / sie wüste ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richter_spectaculum_1661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richter_spectaculum_1661/333
Zitationshilfe: Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richter_spectaculum_1661/333>, abgerufen am 21.11.2024.