Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.2. Mesopotamisches. unkontrollirbaren Aufkommen desselben, maassgebend gewesen sein:späterhin war die Grundbedeutung gewiss eine dekorative, was auch die Herübernahme in die verschiedensten anderen Stile, insbesondere in die griechischen (Blumenvase!) beweist. An dieser Stelle interessirt uns nur das Verhältniss des heiligen Baumes zur Entwicklung der Pflanzenornamentik. Der Baum in seiner natürlichen Erscheinung ist in der Regel nicht [Abbildung]
Fig. 39. kürzten (fächerlosen) Palmette empor, der obere Schaft ist bekrönt mitSogen. heiliger Baum der Assyrer. einer Palmette mit Fächer 63). Die Hülsen sind zusammengesetzt aus je 61) Nach Layard, Ninive I. 7. 62) Eine solche Hülse aus Metall, die zweifellos als verbindende Heftel gedient hatte, gefunden zu Nimrud, ist abgebildet bei Layard I. 96; ihre An- wendung illustrirt z. B. das Tabouret auf dem Relief bei Layard I. 5. 63) Die assyrische Palmette dient ebenso wie der egyptische Lotus und "Papyrus" zur Charakterisirung der freien Endigung. Besonders beweisend 7*
2. Mesopotamisches. unkontrollirbaren Aufkommen desselben, maassgebend gewesen sein:späterhin war die Grundbedeutung gewiss eine dekorative, was auch die Herübernahme in die verschiedensten anderen Stile, insbesondere in die griechischen (Blumenvase!) beweist. An dieser Stelle interessirt uns nur das Verhältniss des heiligen Baumes zur Entwicklung der Pflanzenornamentik. Der Baum in seiner natürlichen Erscheinung ist in der Regel nicht [Abbildung]
Fig. 39. kürzten (fächerlosen) Palmette empor, der obere Schaft ist bekrönt mitSogen. heiliger Baum der Assyrer. einer Palmette mit Fächer 63). Die Hülsen sind zusammengesetzt aus je 61) Nach Layard, Ninive I. 7. 62) Eine solche Hülse aus Metall, die zweifellos als verbindende Heftel gedient hatte, gefunden zu Nimrud, ist abgebildet bei Layard I. 96; ihre An- wendung illustrirt z. B. das Tabouret auf dem Relief bei Layard I. 5. 63) Die assyrische Palmette dient ebenso wie der egyptische Lotus und „Papyrus“ zur Charakterisirung der freien Endigung. Besonders beweisend 7*
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2. Mesopotamisches.
unkontrollirbaren Aufkommen desselben, maassgebend gewesen sein:
späterhin war die Grundbedeutung gewiss eine dekorative, was auch
die Herübernahme in die verschiedensten anderen Stile, insbesondere
in die griechischen (Blumenvase!) beweist. An dieser Stelle interessirt
uns nur das Verhältniss des heiligen Baumes zur Entwicklung der
Pflanzenornamentik.
Der Baum in seiner natürlichen Erscheinung ist in der Regel nicht
durch eine verhältnissmässig so weitgehende symmetrische Gestaltung
seiner nackten Grundform ausgezeichnet
wie die kleine Pflanzenstaude. Er hat auch
deshalb in der Ornamentik eigentlich nie-
mals eine umfangreichere Verwendung ge-
funden. In der altegyptischen Kunst sind
die Bäume dort, wo sie um ihrer gegen-
ständlichen Bedeutung willen, z. B. zur Be-
zeichnung eines Gartens (Tell el Amarna),
eingeführt werden mussten, in naturalistisch
gedachter, wenn auch schematisch ausge-
führter Symmetrielosigkeit dargestellt. Die
Assyrer gebrauchten in solchen Fällen
wenigstens für die Darstellung von Pal-
menwedeln den symmetrischen Palmetten-
fächer. Was uns aber als vermeintlicher
heiliger Baum der Assyrer entgegentritt
(Fig. 39) 61), verdient gar nicht die Bezeich-
nung eines Baumes. Es ist dies vielmehr
ein möbelartig zusammengesetztes Gebilde,
bestehend aus zwei viereckigen Schäften,
die so wie an den assyrischen Möbeln mittels
Hülsen 62) unter einander verbunden sind.
Der untere Schaft wächst aus einer abge-
[Abbildung Fig. 39.
Sogen. heiliger Baum der Assyrer.
Steinskulptur aus Nimrud.]
kürzten (fächerlosen) Palmette empor, der obere Schaft ist bekrönt mit
einer Palmette mit Fächer 63). Die Hülsen sind zusammengesetzt aus je
61) Nach Layard, Ninive I. 7.
62) Eine solche Hülse aus Metall, die zweifellos als verbindende Heftel
gedient hatte, gefunden zu Nimrud, ist abgebildet bei Layard I. 96; ihre An-
wendung illustrirt z. B. das Tabouret auf dem Relief bei Layard I. 5.
63) Die assyrische Palmette dient ebenso wie der egyptische Lotus und
„Papyrus“ zur Charakterisirung der freien Endigung. Besonders beweisend
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