Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.1. Mykenisches. Deckenmusters mit egyptischen Vorbildern zu beweisen geeignet sind.Es ist dies namentlich die Musterung in Spiralen, deren je vier immer an einem mittleren Auge zusammenlaufen. Genau dasselbe Schema finden wir wieder an einer gemalten egyptischen Deckendekoration (Fig. 56)28). Die vier sphärischen Zwickel, die durch je vier benach- barte Spiralen gebildet erscheinen, sind in letzterem Falle mit je einem Zwickellotus ausgefüllt, so dass in der Mitte noch Raum bleibt für eine Rosette. Dagegen ist am mykenischen Beispiel Fig. 55 immer nur einer von je vier Zwickeln ausgefüllt, aber das zur Füllung desselben verwen- dete Motiv ist zweifellos ebenfalls einem gleichgearteten egyptischen Vorbilde entlehnt. Auch das myke- nische Füllungsmotiv zeigt nämlich die Grundform eines aus drei langen und spitzen Blättern gebildeten Blu- menprofils; die dazwischen eingezeich- neten Blätter sind in Fig. 56 aller- dings von spitzer Form, in Fig. 55 dagegen abgerundet, welche Ab- weichung aber keineswegs als eine wesentliche gelten darf, da auch für diese Art der Stilisirung des Zwickel- lotus ein egyptisches Vorbild vorliegt, nämlich die Lotuspalmette, die in der egyptischen Kunst zur Zwickelfüllung in spiralengemusterten Bändern unter- schiedslos neben dem spitzblättrigen Lotusprofil verwendet vorkommt. Das [Abbildung]
Fig. 56. Zerfallen der den Fächer an Fig. 55 bildenden abgerundeten Blätter in jeGemaltes egyptisches Deckenmuster. vier Zonen ist nicht minder egyptisch und könnte vielleicht mit der techni- schen Herstellung29) zusammenhängen. Als ein wesentliches Moment muss aber die Schraffirung der beiden Kelchblätter betont werden, die sich den Spiralen sphärisch anschmiegen. Das dritte, füllende Spitzblatt ist nicht quer schraffirt, sondern der Länge nach durch Furchen gegliedert. 28) Prisse d'Avennes, Ornementation des plafonds, postes et fleurs, No. 3. 29) Vielleicht waren die durch Stege begrenzten Zellen dazu bestimmt Emailpasten aufzunehmen. 9*
1. Mykenisches. Deckenmusters mit egyptischen Vorbildern zu beweisen geeignet sind.Es ist dies namentlich die Musterung in Spiralen, deren je vier immer an einem mittleren Auge zusammenlaufen. Genau dasselbe Schema finden wir wieder an einer gemalten egyptischen Deckendekoration (Fig. 56)28). Die vier sphärischen Zwickel, die durch je vier benach- barte Spiralen gebildet erscheinen, sind in letzterem Falle mit je einem Zwickellotus ausgefüllt, so dass in der Mitte noch Raum bleibt für eine Rosette. Dagegen ist am mykenischen Beispiel Fig. 55 immer nur einer von je vier Zwickeln ausgefüllt, aber das zur Füllung desselben verwen- dete Motiv ist zweifellos ebenfalls einem gleichgearteten egyptischen Vorbilde entlehnt. Auch das myke- nische Füllungsmotiv zeigt nämlich die Grundform eines aus drei langen und spitzen Blättern gebildeten Blu- menprofils; die dazwischen eingezeich- neten Blätter sind in Fig. 56 aller- dings von spitzer Form, in Fig. 55 dagegen abgerundet, welche Ab- weichung aber keineswegs als eine wesentliche gelten darf, da auch für diese Art der Stilisirung des Zwickel- lotus ein egyptisches Vorbild vorliegt, nämlich die Lotuspalmette, die in der egyptischen Kunst zur Zwickelfüllung in spiralengemusterten Bändern unter- schiedslos neben dem spitzblättrigen Lotusprofil verwendet vorkommt. Das [Abbildung]
Fig. 56. Zerfallen der den Fächer an Fig. 55 bildenden abgerundeten Blätter in jeGemaltes egyptisches Deckenmuster. vier Zonen ist nicht minder egyptisch und könnte vielleicht mit der techni- schen Herstellung29) zusammenhängen. Als ein wesentliches Moment muss aber die Schraffirung der beiden Kelchblätter betont werden, die sich den Spiralen sphärisch anschmiegen. Das dritte, füllende Spitzblatt ist nicht quer schraffirt, sondern der Länge nach durch Furchen gegliedert. 28) Prisse d’Avennes, Ornementation des plafonds, postes et fleurs, No. 3. 29) Vielleicht waren die durch Stege begrenzten Zellen dazu bestimmt Emailpasten aufzunehmen. 9*
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1. Mykenisches.
Deckenmusters mit egyptischen Vorbildern zu beweisen geeignet sind.
Es ist dies namentlich die Musterung in Spiralen, deren je vier immer
an einem mittleren Auge zusammenlaufen. Genau dasselbe Schema
finden wir wieder an einer gemalten egyptischen Deckendekoration
(Fig. 56) 28). Die vier sphärischen Zwickel, die durch je vier benach-
barte Spiralen gebildet erscheinen, sind in letzterem Falle mit je einem
Zwickellotus ausgefüllt, so dass in der Mitte noch Raum bleibt für eine
Rosette. Dagegen ist am mykenischen Beispiel Fig. 55 immer nur einer
von je vier Zwickeln ausgefüllt, aber
das zur Füllung desselben verwen-
dete Motiv ist zweifellos ebenfalls
einem gleichgearteten egyptischen
Vorbilde entlehnt. Auch das myke-
nische Füllungsmotiv zeigt nämlich
die Grundform eines aus drei langen
und spitzen Blättern gebildeten Blu-
menprofils; die dazwischen eingezeich-
neten Blätter sind in Fig. 56 aller-
dings von spitzer Form, in Fig. 55
dagegen abgerundet, welche Ab-
weichung aber keineswegs als eine
wesentliche gelten darf, da auch für
diese Art der Stilisirung des Zwickel-
lotus ein egyptisches Vorbild vorliegt,
nämlich die Lotuspalmette, die in der
egyptischen Kunst zur Zwickelfüllung
in spiralengemusterten Bändern unter-
schiedslos neben dem spitzblättrigen
Lotusprofil verwendet vorkommt. Das
[Abbildung Fig. 56.
Gemaltes egyptisches Deckenmuster.]
Zerfallen der den Fächer an Fig. 55 bildenden abgerundeten Blätter in je
vier Zonen ist nicht minder egyptisch und könnte vielleicht mit der techni-
schen Herstellung 29) zusammenhängen. Als ein wesentliches Moment muss
aber die Schraffirung der beiden Kelchblätter betont werden, die sich
den Spiralen sphärisch anschmiegen. Das dritte, füllende Spitzblatt ist
nicht quer schraffirt, sondern der Länge nach durch Furchen gegliedert.
28) Prisse d’Avennes, Ornementation des plafonds, postes et fleurs, No. 3.
29) Vielleicht waren die durch Stege begrenzten Zellen dazu bestimmt
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