Rilke, Rainer Maria: Advent. Leipzig, 1898.Ich gehe unter rothen Zweigen Und suche einen späten Strauss.Weiss nicht vor Glück wo ein und aus, Mir ist so neu, mir ist so eigen; Mein Lieb ist müd und ist zuhaus. Jetzt ist mein Mädel erst recht eitel Seit sich sein Mieder weiter zieht,Und seit ein Wunder ihm geschieht: Bald hat es breite braune Scheitel Und sitzt und singt ein Wiegenlied. Ich gehe unter rothen Zweigen Und suche einen späten Strauss.Weiss nicht vor Glück wo ein und aus, Mir ist so neu, mir ist so eigen; Mein Lieb ist müd und ist zuhaus. Jetzt ist mein Mädel erst recht eitel Seit sich sein Mieder weiter zieht,Und seit ein Wunder ihm geschieht: Bald hat es breite braune Scheitel Und sitzt und singt ein Wiegenlied. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0082" n="82"/> <lg n="5"> <l rendition="#et">Ich gehe unter rothen Zweigen<lb/></l> <l>Und suche einen späten Strauss.<lb/></l> <l>Weiss nicht vor Glück wo ein und aus,<lb/></l> <l>Mir ist so neu, mir ist so eigen;<lb/></l> <l>Mein Lieb ist müd und ist zuhaus.<lb/></l> </lg> <lg n="6"> <l rendition="#et">Jetzt ist mein Mädel erst recht eitel<lb/></l> <l>Seit sich sein Mieder weiter zieht,<lb/></l> <l>Und seit ein Wunder ihm geschieht:<lb/></l> <l>Bald hat es breite braune Scheitel<lb/></l> <l>Und sitzt und singt ein Wiegenlied.<lb/></l> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0082]
Ich gehe unter rothen Zweigen
Und suche einen späten Strauss.
Weiss nicht vor Glück wo ein und aus,
Mir ist so neu, mir ist so eigen;
Mein Lieb ist müd und ist zuhaus.
Jetzt ist mein Mädel erst recht eitel
Seit sich sein Mieder weiter zieht,
Und seit ein Wunder ihm geschieht:
Bald hat es breite braune Scheitel
Und sitzt und singt ein Wiegenlied.
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