Rist, Johann: Das Friede Wünschende Teütschland. [s. l.], 1647.Des Friedewünschenden Teutschlandes ist noch frü genug/ daß du wieder ümmekehrestund dieses ruchlose Leben verlassest/ Gedenke/ O Sausewind an dein Ende/ zuem allermei- sten aber bedenke Tag und Nacht die unend- liche Ewigkeit. Der Schauplatz öffnet sich: Einer hat sich selber erbänget/ ein Ander bat sein Angesicht voller Pflaster/ auch die Schenkel und Arm mit vielen Tücheren ver- bunden/ der Dritte läuffet vor mit einem grausahmen Geschrei und wird von einem anderen mit einer Pi- stolen erschossen. Sausewind. Was sehe Jch abermahl vor erschrekliche Greüel O Merkuri? Das Hertz im Leibe solte einem davor erzitteren/ Jch weis fürwahr selber kaum/ was Jch sehe. Merkurius. Freilich mag ein Christliches Hertz erzitteren/ wenn es die wunderbare Ge- richte Gottes und dessen unaußbleibliche Straf- fen betrachtet. Diese/ welche du/ bei gegen- wärtigem erbärmlichen Zustande vor Augen siehest/ sind eben die vier höffliche Courtisa- nen und Auffwahrter des Frauenzimmers/ welche sich hiebevor mit den Damen so lustig gemachet haben. Dieser/ welchen du dort sie- hest hängen/ ist von einer Weibesperson/ wel- che er mehr als seine eigene Seele hat geliebet/ untreülich verlassen worden/ worüber er in ei- ne
Des Friedewuͤnſchenden Teutſchlandes iſt noch fruͤ genug/ daß du wieder uͤmmekehreſtund dieſes ruchloſe Leben verlaſſeſt/ Gedenke/ O Sauſewind an dein Ende/ zuem allermei- ſten aber bedenke Tag und Nacht die unend- liche Ewigkeit. ☾ Der Schauplatz oͤffnet ſich: Einer hat ſich ſelber erbaͤnget/ ein Ander bat ſein Angeſicht voller Pflaſter/ auch die Schenkel und Arm mit vielen Tuͤcheren ver- bunden/ der Dritte laͤuffet vor mit einem grauſahmen Geſchrei und wird von einem anderen mit einer Pi- ſtolen erſchoſſen. ☽ Sauſewind. Was ſehe Jch abermahl vor erſchrekliche Greuͤel O Merkuri? Das Hertz im Leibe ſolte einem davor erzitteren/ Jch weis fuͤrwahr ſelber kaum/ was Jch ſehe. Merkurius. Freilich mag ein Chriſtliches Hertz erzitteren/ wenn es die wunderbare Ge- richte Gottes uñ deſſen unaußbleibliche Straf- fen betrachtet. Dieſe/ welche du/ bei gegen- waͤrtigem erbaͤrmlichen Zuſtande vor Augen ſieheſt/ ſind eben die vier hoͤffliche Courtiſa- nen und Auffwahrter des Frauenzimmers/ welche ſich hiebevor mit den Damen ſo luſtig gemachet haben. Dieſer/ welchen du dort ſie- heſt haͤngen/ iſt von einer Weibesperſon/ wel- che er mehr als ſeine eigene Seele hat geliebet/ untreuͤlich verlaſſen worden/ woruͤber er in ei- ne
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MER"> <p><pb facs="#f0198" n="131[130]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des Friedewuͤnſchenden Teutſchlandes</hi></fw><lb/> iſt noch fruͤ genug/ daß du wieder uͤmmekehreſt<lb/> und dieſes ruchloſe Leben verlaſſeſt/ Gedenke/<lb/> O Sauſewind an dein Ende/ zuem allermei-<lb/> ſten aber bedenke Tag und Nacht die unend-<lb/> liche Ewigkeit.</p> </sp><lb/> <stage>☾ <hi rendition="#fr">Der Schauplatz oͤffnet ſich: Einer hat ſich ſelber<lb/> erbaͤnget/ ein Ander bat ſein Angeſicht voller Pflaſter/<lb/> auch die Schenkel und Arm mit vielen Tuͤcheren ver-<lb/> bunden/ der Dritte laͤuffet vor mit einem grauſahmen<lb/> Geſchrei und wird von einem anderen mit einer Pi-<lb/> ſtolen erſchoſſen.</hi> ☽</stage><lb/> <sp who="#SAU"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sauſewind.</hi> </speaker> <p>Was ſehe Jch abermahl vor<lb/> erſchrekliche Greuͤel O Merkuri? Das Hertz<lb/> im Leibe ſolte einem davor erzitteren/ Jch weis<lb/> fuͤrwahr ſelber kaum/ was Jch ſehe.</p> </sp><lb/> <sp who="#MER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Merkurius.</hi> </speaker> <p>Freilich mag ein Chriſtliches<lb/> Hertz erzitteren/ wenn es die wunderbare Ge-<lb/> richte Gottes uñ deſſen unaußbleibliche Straf-<lb/> fen betrachtet. Dieſe/ welche du/ bei gegen-<lb/> waͤrtigem erbaͤrmlichen Zuſtande vor Augen<lb/> ſieheſt/ ſind eben die vier hoͤffliche <hi rendition="#aq">Courtiſa-<lb/> nen</hi> und Auffwahrter des Frauenzimmers/<lb/> welche ſich hiebevor mit den Damen ſo luſtig<lb/> gemachet haben. Dieſer/ welchen du dort ſie-<lb/> heſt haͤngen/ iſt von einer Weibesperſon/ wel-<lb/> che <hi rendition="#k">e</hi>r mehr als ſeine eigene Seele hat geliebet/<lb/> untreuͤlich verlaſſen worden/ woruͤber <hi rendition="#k">e</hi>r in ei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ne</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131[130]/0198]
Des Friedewuͤnſchenden Teutſchlandes
iſt noch fruͤ genug/ daß du wieder uͤmmekehreſt
und dieſes ruchloſe Leben verlaſſeſt/ Gedenke/
O Sauſewind an dein Ende/ zuem allermei-
ſten aber bedenke Tag und Nacht die unend-
liche Ewigkeit.
☾ Der Schauplatz oͤffnet ſich: Einer hat ſich ſelber
erbaͤnget/ ein Ander bat ſein Angeſicht voller Pflaſter/
auch die Schenkel und Arm mit vielen Tuͤcheren ver-
bunden/ der Dritte laͤuffet vor mit einem grauſahmen
Geſchrei und wird von einem anderen mit einer Pi-
ſtolen erſchoſſen. ☽
Sauſewind. Was ſehe Jch abermahl vor
erſchrekliche Greuͤel O Merkuri? Das Hertz
im Leibe ſolte einem davor erzitteren/ Jch weis
fuͤrwahr ſelber kaum/ was Jch ſehe.
Merkurius. Freilich mag ein Chriſtliches
Hertz erzitteren/ wenn es die wunderbare Ge-
richte Gottes uñ deſſen unaußbleibliche Straf-
fen betrachtet. Dieſe/ welche du/ bei gegen-
waͤrtigem erbaͤrmlichen Zuſtande vor Augen
ſieheſt/ ſind eben die vier hoͤffliche Courtiſa-
nen und Auffwahrter des Frauenzimmers/
welche ſich hiebevor mit den Damen ſo luſtig
gemachet haben. Dieſer/ welchen du dort ſie-
heſt haͤngen/ iſt von einer Weibesperſon/ wel-
che er mehr als ſeine eigene Seele hat geliebet/
untreuͤlich verlaſſen worden/ woruͤber er in ei-
ne
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |