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[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

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Einleitung.
erhielt ich des Herrn Hofrath Schlossers
Catechismum für das Landvolk.
Auf-
fallend rührte mich die Aehnlichkeit unserer
Absichten, die gleiche Lehrart und Gesin-
nungen gegen den zahlreichsten aber verach-
tetsten Theil unserer Mitmenschen.

Wir sind, so dachte ich, einander völlig
unbekannt, und schreiben fast zu einer Zeit,
an entfernten Orten in Deutschland, über
einen Vorwurf -- Vielleicht ist dieses ein
Wink der Vorsehung -- Ich will ihn nicht
verachten -- Und so entschloß ich mich,
meinen Versuch durch den Druck bekannt
zu machen. Nun sey es mir erlaubt, ei-
nen kurzen Abriß und die Gründe meiner
Anlage dem Leser vorzulegen.

Ich habe mit Aufmerksamkeit und
Wißbegierde angefangen, und behaupte,
daß mit diesem Capitel, welches auf un-
zählige Arten verändert werden kann, fast
ein halbes Jahr lang, die Kinder geübt
werden müssen. Denn, haben sie erst,
aufs Wort und auf Sachen, merken ge-
lernt; so ist der übrige Unterricht leicht,
und eine Lust, für Lehrer und Lernende.
Man denke aber nicht, daß es eine leichte
Sache sey, den flatterhaften Sinn der
Kinder dahin zu bringen. In die gute

An-

Einleitung.
erhielt ich des Herrn Hofrath Schloſſers
Catechismum fuͤr das Landvolk.
Auf-
fallend ruͤhrte mich die Aehnlichkeit unſerer
Abſichten, die gleiche Lehrart und Geſin-
nungen gegen den zahlreichſten aber verach-
tetſten Theil unſerer Mitmenſchen.

Wir ſind, ſo dachte ich, einander voͤllig
unbekannt, und ſchreiben faſt zu einer Zeit,
an entfernten Orten in Deutſchland, uͤber
einen Vorwurf — Vielleicht iſt dieſes ein
Wink der Vorſehung — Ich will ihn nicht
verachten — Und ſo entſchloß ich mich,
meinen Verſuch durch den Druck bekannt
zu machen. Nun ſey es mir erlaubt, ei-
nen kurzen Abriß und die Gruͤnde meiner
Anlage dem Leſer vorzulegen.

Ich habe mit Aufmerkſamkeit und
Wißbegierde angefangen, und behaupte,
daß mit dieſem Capitel, welches auf un-
zaͤhlige Arten veraͤndert werden kann, faſt
ein halbes Jahr lang, die Kinder geuͤbt
werden muͤſſen. Denn, haben ſie erſt,
aufs Wort und auf Sachen, merken ge-
lernt; ſo iſt der uͤbrige Unterricht leicht,
und eine Luſt, fuͤr Lehrer und Lernende.
Man denke aber nicht, daß es eine leichte
Sache ſey, den flatterhaften Sinn der
Kinder dahin zu bringen. In die gute

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[0014] Einleitung. erhielt ich des Herrn Hofrath Schloſſers Catechismum fuͤr das Landvolk. Auf- fallend ruͤhrte mich die Aehnlichkeit unſerer Abſichten, die gleiche Lehrart und Geſin- nungen gegen den zahlreichſten aber verach- tetſten Theil unſerer Mitmenſchen. Wir ſind, ſo dachte ich, einander voͤllig unbekannt, und ſchreiben faſt zu einer Zeit, an entfernten Orten in Deutſchland, uͤber einen Vorwurf — Vielleicht iſt dieſes ein Wink der Vorſehung — Ich will ihn nicht verachten — Und ſo entſchloß ich mich, meinen Verſuch durch den Druck bekannt zu machen. Nun ſey es mir erlaubt, ei- nen kurzen Abriß und die Gruͤnde meiner Anlage dem Leſer vorzulegen. Ich habe mit Aufmerkſamkeit und Wißbegierde angefangen, und behaupte, daß mit dieſem Capitel, welches auf un- zaͤhlige Arten veraͤndert werden kann, faſt ein halbes Jahr lang, die Kinder geuͤbt werden muͤſſen. Denn, haben ſie erſt, aufs Wort und auf Sachen, merken ge- lernt; ſo iſt der uͤbrige Unterricht leicht, und eine Luſt, fuͤr Lehrer und Lernende. Man denke aber nicht, daß es eine leichte Sache ſey, den flatterhaften Sinn der Kinder dahin zu bringen. In die gute An-

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Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/14>, abgerufen am 18.04.2024.