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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.

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sein Recht. Es sollte in den Grenzen der russischen Herrschaft, geschützt durch den gewaltigen Amurstrom, eine Verbindung hergestellt werden (Abb. 141).

Es war hierbei die Erwägung leitend, daß die chinesische Ostbahn bei kriegerischen Ereignissen, die sich im fernen Osten abspielen könnten, der russischen Regierung kaum je wieder für militärische Zwecke - Truppenbewegungen u. s. w. - zur Benutzung frei stehen würde. Es entstand die Frage, ob es möglich wäre, diese für Rußland notwendige Benutzung der chinesischen Ostbahn mit Waffengewalt zu erzwingen? Die Antwort lautete wenig tröstlich, denn China hatte bereits und konnte jederzeit in nächster Nähe der Bahn so starke Truppenmengen zusammenziehen, daß es stets die Möglichkeit besitzt, dieses wichtige Verbindungsglied zwischen Westen und Osten zu schützen oder im schlimmsten Fall die wichtigsten Baulichkeiten, wie Brücken und Tunnel, zu zerstören und so den ganzen Verkehrsweg der Benutzung zu entziehen. Das waren die Erwägungen, die die Regierung mit Genehmigung des Kaisers Nikolaus II. bestimmten, sich für den Bau einer Bahn zu entscheiden, die derartigen Fährlichkeiten nicht ausgesetzt ist, sondern im Augenblick, wo sie einerseits zur Erhaltung des Besitzstandes und der Macht des Reiches zuverlässige Dienste leisten soll, anderseits zu Zeiten friedlicher Entwicklung, bei der Arbeit um die wirtschaftliche Erschließung des Landes, um dessen Besiedelung mit russischen Bauern, um die Hebung der natürlichen Schätze des Bodens als ein zuverlässiger Verkehrsweg, der sichere Stützpunkt für jede derartige Arbeit zu sein.

Aber die Volksvertretung in der Reichsduma, wie auch der Reichsrat trennten sich in zwei große, zum Teil sehr mächtige Lager. Während auf der einen Seite der Standpunkt der Regierung vertreten wurde und dabei der Wert und die Bedeutung des zu erschließenden und zu schützenden Landes reichlich hoch eingeschätzt und wohl auch überschätzt wurde, vertrat ein anderer Teil den Standpunkt, daß die Interessen Rußlands am Baikalsee ihre Begrenzung finden und daß der Gewinn auf der einen Seite nicht die Opfer auf der anderen Seite aufwiege, die der Bau erfordern werde. Auch erhoben sich sehr gewichtige Stimmen, die darauf hinwiesen, daß Rußland durch die Opfer an Geld, die der Bau der A. erfordern werde, auf die Lösung aller anderen, namentlich sehr wichtiger innerrussischer Aufgaben ganz werde verzichten müssen. Das waren alles Bedenken, die mehr oder weniger schwer ins Gewicht fallen mußten, weil sie der Tatsächlichkeit nicht entbehrten. Wenn sich dennoch, fast im letzten Augenblick, die Parteien auf den Boden der Regierungsvorlage stellten und sich eine Mehrheit (mit 212 Stimmen gegen 101 in der Reichsduma) für diese fand, so ist dieser Ausgang dem Ministerpräsidenten Stolypin zuzuschreiben, der die Volksvertreter an ihre patriotische Pflicht erinnerte und damit die Schwankenden für die Vorlage gewann. Und selbst noch in der Kommission des Reichsrats fand sich nur eine schwache Mehrheit für den Bahnbau. Von 37 Stimmen waren nur 20 für den Bau zu gewinnen gewesen, 17 Kommissionsmitglieder hatten unbeschriebene Zettel abgegeben. Nun stimmte auch der Reichsrat in seiner Plenarsitzung zu und am 6. Juni 1908 erfolgte die Allerhöchste Bestätigung des Bahnbaues und gleichzeitig der Befehl, mit möglichster Beschleunigung an die Ausführung des Baues zu gehen, dem der Kaiser eine ganz besondere Wichtigkeit beilegte und ein ganz besonders warmes Interesse zuwandte.

Die ganze Strecke der A. zerfällt in 4 Teilstrecken, u. zw.:

a) die Kopfstrecke: Kuenga-

Urjum = 183 Werst1,

bestätigt am 6. Juni 1908 17,016.679

b) die Weststrecke: Urjum-

Kerak = 621 Werst,

bestätigt am 22. Juni 1909 76,348.732

c) die mittlere Strecke:

Kerak-Dija = 638 Werst,

nebst Zweigbahn nach

Blagowjeschtschensk = 103 Werst,

bestätigt am 21. Juni 1910 69,994.240

d) die Oststrecke: Dija-

Chabarowsk = 470 Werst, noch

nicht endgültig bestätigt 77,277.180

die gesamte A. nebst der Zweigbahn

Blagowjeschtschensk wird somit

voraussichtlich eine Gesamtlänge

von 1925 Werst (= 2053 km)

haben und an Baukosten 240,636.831

erfordern. [oder 519,775.554 M. oder 608,811.181 K]

Damit war der erste und man darf wohl sagen der große Gedanke Kaiser Alexanders III., als er die bestimmte Absicht aussprach, einen ununterbrochenen Schienenweg auf russischem Gebiet von russischen Arbeitern erbauen zu wollen, zunächst wieder zur Geltung gebracht. Es kommt nunmehr die Ausführung an die Reihe. Wird der Bau so gefördert, wie es der Kaiser Nikolaus II. wünscht, und sind die

1 1 Werst = 1067 m.

sein Recht. Es sollte in den Grenzen der russischen Herrschaft, geschützt durch den gewaltigen Amurstrom, eine Verbindung hergestellt werden (Abb. 141).

Es war hierbei die Erwägung leitend, daß die chinesische Ostbahn bei kriegerischen Ereignissen, die sich im fernen Osten abspielen könnten, der russischen Regierung kaum je wieder für militärische Zwecke – Truppenbewegungen u. s. w. – zur Benutzung frei stehen würde. Es entstand die Frage, ob es möglich wäre, diese für Rußland notwendige Benutzung der chinesischen Ostbahn mit Waffengewalt zu erzwingen? Die Antwort lautete wenig tröstlich, denn China hatte bereits und konnte jederzeit in nächster Nähe der Bahn so starke Truppenmengen zusammenziehen, daß es stets die Möglichkeit besitzt, dieses wichtige Verbindungsglied zwischen Westen und Osten zu schützen oder im schlimmsten Fall die wichtigsten Baulichkeiten, wie Brücken und Tunnel, zu zerstören und so den ganzen Verkehrsweg der Benutzung zu entziehen. Das waren die Erwägungen, die die Regierung mit Genehmigung des Kaisers Nikolaus II. bestimmten, sich für den Bau einer Bahn zu entscheiden, die derartigen Fährlichkeiten nicht ausgesetzt ist, sondern im Augenblick, wo sie einerseits zur Erhaltung des Besitzstandes und der Macht des Reiches zuverlässige Dienste leisten soll, anderseits zu Zeiten friedlicher Entwicklung, bei der Arbeit um die wirtschaftliche Erschließung des Landes, um dessen Besiedelung mit russischen Bauern, um die Hebung der natürlichen Schätze des Bodens als ein zuverlässiger Verkehrsweg, der sichere Stützpunkt für jede derartige Arbeit zu sein.

Aber die Volksvertretung in der Reichsduma, wie auch der Reichsrat trennten sich in zwei große, zum Teil sehr mächtige Lager. Während auf der einen Seite der Standpunkt der Regierung vertreten wurde und dabei der Wert und die Bedeutung des zu erschließenden und zu schützenden Landes reichlich hoch eingeschätzt und wohl auch überschätzt wurde, vertrat ein anderer Teil den Standpunkt, daß die Interessen Rußlands am Baikalsee ihre Begrenzung finden und daß der Gewinn auf der einen Seite nicht die Opfer auf der anderen Seite aufwiege, die der Bau erfordern werde. Auch erhoben sich sehr gewichtige Stimmen, die darauf hinwiesen, daß Rußland durch die Opfer an Geld, die der Bau der A. erfordern werde, auf die Lösung aller anderen, namentlich sehr wichtiger innerrussischer Aufgaben ganz werde verzichten müssen. Das waren alles Bedenken, die mehr oder weniger schwer ins Gewicht fallen mußten, weil sie der Tatsächlichkeit nicht entbehrten. Wenn sich dennoch, fast im letzten Augenblick, die Parteien auf den Boden der Regierungsvorlage stellten und sich eine Mehrheit (mit 212 Stimmen gegen 101 in der Reichsduma) für diese fand, so ist dieser Ausgang dem Ministerpräsidenten Stolypin zuzuschreiben, der die Volksvertreter an ihre patriotische Pflicht erinnerte und damit die Schwankenden für die Vorlage gewann. Und selbst noch in der Kommission des Reichsrats fand sich nur eine schwache Mehrheit für den Bahnbau. Von 37 Stimmen waren nur 20 für den Bau zu gewinnen gewesen, 17 Kommissionsmitglieder hatten unbeschriebene Zettel abgegeben. Nun stimmte auch der Reichsrat in seiner Plenarsitzung zu und am 6. Juni 1908 erfolgte die Allerhöchste Bestätigung des Bahnbaues und gleichzeitig der Befehl, mit möglichster Beschleunigung an die Ausführung des Baues zu gehen, dem der Kaiser eine ganz besondere Wichtigkeit beilegte und ein ganz besonders warmes Interesse zuwandte.

Die ganze Strecke der A. zerfällt in 4 Teilstrecken, u. zw.:

a) die Kopfstrecke: Kuenga-

Urjum = 183 Werst1,

bestätigt am 6. Juni 1908 17,016.679 ₽

b) die Weststrecke: Urjum-

Kerak = 621 Werst,

bestätigt am 22. Juni 1909 76,348.732 ₽

c) die mittlere Strecke:

Kerak-Dija = 638 Werst,

nebst Zweigbahn nach

Blagowjeschtschensk = 103 Werst,

bestätigt am 21. Juni 1910 69,994.240 ₽

d) die Oststrecke: Dija-

Chabarowsk = 470 Werst, noch

nicht endgültig bestätigt 77,277.180 ₽

die gesamte A. nebst der Zweigbahn

Blagowjeschtschensk wird somit

voraussichtlich eine Gesamtlänge

von 1925 Werst (= 2053 km)

haben und an Baukosten 240,636.831 ₽

erfordern. [oder 519,775.554 M. oder 608,811.181 K]

Damit war der erste und man darf wohl sagen der große Gedanke Kaiser Alexanders III., als er die bestimmte Absicht aussprach, einen ununterbrochenen Schienenweg auf russischem Gebiet von russischen Arbeitern erbauen zu wollen, zunächst wieder zur Geltung gebracht. Es kommt nunmehr die Ausführung an die Reihe. Wird der Bau so gefördert, wie es der Kaiser Nikolaus II. wünscht, und sind die

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[148/0157] sein Recht. Es sollte in den Grenzen der russischen Herrschaft, geschützt durch den gewaltigen Amurstrom, eine Verbindung hergestellt werden (Abb. 141). Es war hierbei die Erwägung leitend, daß die chinesische Ostbahn bei kriegerischen Ereignissen, die sich im fernen Osten abspielen könnten, der russischen Regierung kaum je wieder für militärische Zwecke – Truppenbewegungen u. s. w. – zur Benutzung frei stehen würde. Es entstand die Frage, ob es möglich wäre, diese für Rußland notwendige Benutzung der chinesischen Ostbahn mit Waffengewalt zu erzwingen? Die Antwort lautete wenig tröstlich, denn China hatte bereits und konnte jederzeit in nächster Nähe der Bahn so starke Truppenmengen zusammenziehen, daß es stets die Möglichkeit besitzt, dieses wichtige Verbindungsglied zwischen Westen und Osten zu schützen oder im schlimmsten Fall die wichtigsten Baulichkeiten, wie Brücken und Tunnel, zu zerstören und so den ganzen Verkehrsweg der Benutzung zu entziehen. Das waren die Erwägungen, die die Regierung mit Genehmigung des Kaisers Nikolaus II. bestimmten, sich für den Bau einer Bahn zu entscheiden, die derartigen Fährlichkeiten nicht ausgesetzt ist, sondern im Augenblick, wo sie einerseits zur Erhaltung des Besitzstandes und der Macht des Reiches zuverlässige Dienste leisten soll, anderseits zu Zeiten friedlicher Entwicklung, bei der Arbeit um die wirtschaftliche Erschließung des Landes, um dessen Besiedelung mit russischen Bauern, um die Hebung der natürlichen Schätze des Bodens als ein zuverlässiger Verkehrsweg, der sichere Stützpunkt für jede derartige Arbeit zu sein. Aber die Volksvertretung in der Reichsduma, wie auch der Reichsrat trennten sich in zwei große, zum Teil sehr mächtige Lager. Während auf der einen Seite der Standpunkt der Regierung vertreten wurde und dabei der Wert und die Bedeutung des zu erschließenden und zu schützenden Landes reichlich hoch eingeschätzt und wohl auch überschätzt wurde, vertrat ein anderer Teil den Standpunkt, daß die Interessen Rußlands am Baikalsee ihre Begrenzung finden und daß der Gewinn auf der einen Seite nicht die Opfer auf der anderen Seite aufwiege, die der Bau erfordern werde. Auch erhoben sich sehr gewichtige Stimmen, die darauf hinwiesen, daß Rußland durch die Opfer an Geld, die der Bau der A. erfordern werde, auf die Lösung aller anderen, namentlich sehr wichtiger innerrussischer Aufgaben ganz werde verzichten müssen. Das waren alles Bedenken, die mehr oder weniger schwer ins Gewicht fallen mußten, weil sie der Tatsächlichkeit nicht entbehrten. Wenn sich dennoch, fast im letzten Augenblick, die Parteien auf den Boden der Regierungsvorlage stellten und sich eine Mehrheit (mit 212 Stimmen gegen 101 in der Reichsduma) für diese fand, so ist dieser Ausgang dem Ministerpräsidenten Stolypin zuzuschreiben, der die Volksvertreter an ihre patriotische Pflicht erinnerte und damit die Schwankenden für die Vorlage gewann. Und selbst noch in der Kommission des Reichsrats fand sich nur eine schwache Mehrheit für den Bahnbau. Von 37 Stimmen waren nur 20 für den Bau zu gewinnen gewesen, 17 Kommissionsmitglieder hatten unbeschriebene Zettel abgegeben. Nun stimmte auch der Reichsrat in seiner Plenarsitzung zu und am 6. Juni 1908 erfolgte die Allerhöchste Bestätigung des Bahnbaues und gleichzeitig der Befehl, mit möglichster Beschleunigung an die Ausführung des Baues zu gehen, dem der Kaiser eine ganz besondere Wichtigkeit beilegte und ein ganz besonders warmes Interesse zuwandte. Die ganze Strecke der A. zerfällt in 4 Teilstrecken, u. zw.: a) die Kopfstrecke: Kuenga- Urjum = 183 Werst 1, bestätigt am 6. Juni 1908 17,016.679 ₽ b) die Weststrecke: Urjum- Kerak = 621 Werst, bestätigt am 22. Juni 1909 76,348.732 ₽ c) die mittlere Strecke: Kerak-Dija = 638 Werst, nebst Zweigbahn nach Blagowjeschtschensk = 103 Werst, bestätigt am 21. Juni 1910 69,994.240 ₽ d) die Oststrecke: Dija- Chabarowsk = 470 Werst, noch nicht endgültig bestätigt 77,277.180 ₽ die gesamte A. nebst der Zweigbahn Blagowjeschtschensk wird somit voraussichtlich eine Gesamtlänge von 1925 Werst (= 2053 km) haben und an Baukosten 240,636.831 ₽ erfordern. [oder 519,775.554 M. oder 608,811.181 K] Damit war der erste und man darf wohl sagen der große Gedanke Kaiser Alexanders III., als er die bestimmte Absicht aussprach, einen ununterbrochenen Schienenweg auf russischem Gebiet von russischen Arbeitern erbauen zu wollen, zunächst wieder zur Geltung gebracht. Es kommt nunmehr die Ausführung an die Reihe. Wird der Bau so gefördert, wie es der Kaiser Nikolaus II. wünscht, und sind die 1 1 Werst = 1067 m.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912/157>, abgerufen am 21.11.2024.