Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.kommen muß. Nach den angegebenen Ziffern müßte diese Rücklage betragen: Zwischen diesen beiden Grenzfällen sind zahlreiche Abstufungen denkbar. Wird die Erneuerung des Oberbaus und der Fahrzeuge aus Betriebsmitteln, alle anderen Erneuerungen dagegen aus anderen Quellen bestritten, so müßte die Tilgungsquote betragen: Wird die Erneuerung des Oberbaus und der Fahrzeuge sowie - infolge der Vorschrift, daß Erweiterungen, Erneuerungen und Neubauten bis zum Kostenbedarf von 100.000 M. aus Betriebsmitteln zu bestreiten sind - 1/3 der Erneuerung der Stationen und der Erdarbeiten sowie 1/2 der Signalerneuerung aus Betriebsmitteln bestritten, so beträgt die Tilgungsquote: Die Praxis bestätigt dieses Ergebnis. Da in Preußen (s. Etat f. 1909, S. 43) im Jahre 1907 die Restschuld rund 6·4 Milliarden M. betrug gegenüber einem Anlagekapital von rund 9·6 Milliarden M., so entsprach in diesem Jahre die durch das Gesetz vom 8. März 1897 vorgeschriebene Mindesttilgung von 0·6% der Schuld einer Tilgung von 0·4% des Anlagekapitals. Betrachtet man die Schuldentilgung der österreichischen Bahnen während der Jahre 1901-1904, also während einer Zeit, die vor den großen Verstaatlichungen lag und ziemlich gleichmäßige Verhältnisse aufweist, so betrug nach der österreichischen Eisenbahnstatistik bei den Staatsbahnen die Tilgungsquote des Jahres
Bei den österreichischen Privatbahnen betrug die Tilgungsquote des Jahres
Aus den Verwaltungsberichten der württembergischen Verkehrsverwaltung läßt sich folgendes ableiten: es betrug die Tilgungsquote des Jahres
5. Die Praxis der Gesetzgebung über Schuldentilgung. Die Anschauungen der Finanzwissenschaft über die Notwendigkeit der Tilgung von Staatsschulden haben manche Wandlung erfahren. Bei kündbaren Schulden war die Zurückzahlung etwas Selbstverständliches. Seitdem jedoch die Form der fundierten, nicht kündbaren Schuld aufkam und in den beiden Arten der zurückzuzahlenden Tilgungsschuld und der nicht zurückzuzahlenden Rentenschuld Anwendung fand, entstand die Streitfrage, ob die Tilgung der Staatsschulden notwendig sei oder nicht. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Meinungen hierüber geteilt. Angesehene Vertreter der Finanzwissenschaft hielten die Tilgung der Staatsschulden nicht für notwendig; überwiegend jedoch fand die Auffassung Beifall, daß eine gewisse Tilgung zwar geboten oder doch zweckmäßig sei, daß man aber nicht zu stark tilgen dürfe, weil das zu einer schlechten Verwendung der zurückbezahlten Beträge führe. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts fand die Theorie, daß die Tilgung nicht notwendig sei, vielen Anklang und behauptete sich einige Jahrzehnte hindurch. Gegen das Ende des 19. Jahrhunderts trat wieder ein Umschwung ein. Die Notwendigkeit der Schuldentilgung wurde mehr und mehr anerkannt. Die wirkliche Entwicklung folgte im allgemeinen diesen Wandlungen der finanzwissenschaftlichen Theorie. In Württemberg tritt dies besonders deutlich hervor und zeigt eine sehr lehrreiche Entwicklung. Die älteren Staatsschulden tatute von 1816, 1817, 1820 und 1837 beruhten auf dem Grundsatze der Zwangstilgung in strengster Form. Um die Tilgung der ganzen Schuld innerhalb eines Zeitraumes von etwa 45 Jahren zu gewährleisten, sollte jährlich hierzu verwendet werden: a) 0·5% der Staatsschuld nach ihrem höchsten Stand; b) die Jahreszinsen aus den getilgten Schulden; c) etwaige Ersparnisse am Zinsenzahlungsfonds. kommen muß. Nach den angegebenen Ziffern müßte diese Rücklage betragen: Zwischen diesen beiden Grenzfällen sind zahlreiche Abstufungen denkbar. Wird die Erneuerung des Oberbaus und der Fahrzeuge aus Betriebsmitteln, alle anderen Erneuerungen dagegen aus anderen Quellen bestritten, so müßte die Tilgungsquote betragen: Wird die Erneuerung des Oberbaus und der Fahrzeuge sowie – infolge der Vorschrift, daß Erweiterungen, Erneuerungen und Neubauten bis zum Kostenbedarf von 100.000 M. aus Betriebsmitteln zu bestreiten sind – 1/3 der Erneuerung der Stationen und der Erdarbeiten sowie 1/2 der Signalerneuerung aus Betriebsmitteln bestritten, so beträgt die Tilgungsquote: Die Praxis bestätigt dieses Ergebnis. Da in Preußen (s. Etat f. 1909, S. 43) im Jahre 1907 die Restschuld rund 6·4 Milliarden M. betrug gegenüber einem Anlagekapital von rund 9·6 Milliarden M., so entsprach in diesem Jahre die durch das Gesetz vom 8. März 1897 vorgeschriebene Mindesttilgung von 0·6% der Schuld einer Tilgung von 0·4% des Anlagekapitals. Betrachtet man die Schuldentilgung der österreichischen Bahnen während der Jahre 1901–1904, also während einer Zeit, die vor den großen Verstaatlichungen lag und ziemlich gleichmäßige Verhältnisse aufweist, so betrug nach der österreichischen Eisenbahnstatistik bei den Staatsbahnen die Tilgungsquote des Jahres
Bei den österreichischen Privatbahnen betrug die Tilgungsquote des Jahres
Aus den Verwaltungsberichten der württembergischen Verkehrsverwaltung läßt sich folgendes ableiten: es betrug die Tilgungsquote des Jahres
5. Die Praxis der Gesetzgebung über Schuldentilgung. Die Anschauungen der Finanzwissenschaft über die Notwendigkeit der Tilgung von Staatsschulden haben manche Wandlung erfahren. Bei kündbaren Schulden war die Zurückzahlung etwas Selbstverständliches. Seitdem jedoch die Form der fundierten, nicht kündbaren Schuld aufkam und in den beiden Arten der zurückzuzahlenden Tilgungsschuld und der nicht zurückzuzahlenden Rentenschuld Anwendung fand, entstand die Streitfrage, ob die Tilgung der Staatsschulden notwendig sei oder nicht. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Meinungen hierüber geteilt. Angesehene Vertreter der Finanzwissenschaft hielten die Tilgung der Staatsschulden nicht für notwendig; überwiegend jedoch fand die Auffassung Beifall, daß eine gewisse Tilgung zwar geboten oder doch zweckmäßig sei, daß man aber nicht zu stark tilgen dürfe, weil das zu einer schlechten Verwendung der zurückbezahlten Beträge führe. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts fand die Theorie, daß die Tilgung nicht notwendig sei, vielen Anklang und behauptete sich einige Jahrzehnte hindurch. Gegen das Ende des 19. Jahrhunderts trat wieder ein Umschwung ein. Die Notwendigkeit der Schuldentilgung wurde mehr und mehr anerkannt. Die wirkliche Entwicklung folgte im allgemeinen diesen Wandlungen der finanzwissenschaftlichen Theorie. In Württemberg tritt dies besonders deutlich hervor und zeigt eine sehr lehrreiche Entwicklung. Die älteren Staatsschulden tatute von 1816, 1817, 1820 und 1837 beruhten auf dem Grundsatze der Zwangstilgung in strengster Form. Um die Tilgung der ganzen Schuld innerhalb eines Zeitraumes von etwa 45 Jahren zu gewährleisten, sollte jährlich hierzu verwendet werden: a) 0·5% der Staatsschuld nach ihrem höchsten Stand; b) die Jahreszinsen aus den getilgten Schulden; c) etwaige Ersparnisse am Zinsenzahlungsfonds. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0182" n="173"/> kommen muß. 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Seitdem jedoch die Form der fundierten, nicht kündbaren Schuld aufkam und in den beiden Arten der zurückzuzahlenden Tilgungsschuld und der nicht zurückzuzahlenden Rentenschuld Anwendung fand, entstand die Streitfrage, ob die Tilgung der Staatsschulden notwendig sei oder nicht.</p><lb/> <p>In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Meinungen hierüber geteilt. Angesehene Vertreter der Finanzwissenschaft hielten die Tilgung der Staatsschulden nicht für notwendig; überwiegend jedoch fand die Auffassung Beifall, daß eine gewisse Tilgung zwar geboten oder doch zweckmäßig sei, daß man aber nicht zu stark tilgen dürfe, weil das zu einer schlechten Verwendung der zurückbezahlten Beträge führe. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts fand die Theorie, daß die Tilgung nicht notwendig sei, vielen Anklang und behauptete sich einige Jahrzehnte hindurch. Gegen das Ende des 19. Jahrhunderts trat wieder ein Umschwung ein. 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kommen muß. Nach den angegebenen Ziffern müßte diese Rücklage betragen:
[FORMEL]
des Gesamtanlagekapitals.
Zwischen diesen beiden Grenzfällen sind zahlreiche Abstufungen denkbar.
Wird die Erneuerung des Oberbaus und der Fahrzeuge aus Betriebsmitteln, alle anderen Erneuerungen dagegen aus anderen Quellen bestritten, so müßte die Tilgungsquote betragen:
[FORMEL]
des Anlagekapitals.
Wird die Erneuerung des Oberbaus und der Fahrzeuge sowie – infolge der Vorschrift, daß Erweiterungen, Erneuerungen und Neubauten bis zum Kostenbedarf von 100.000 M. aus Betriebsmitteln zu bestreiten sind – 1/3 der Erneuerung der Stationen und der Erdarbeiten sowie 1/2 der Signalerneuerung aus Betriebsmitteln bestritten, so beträgt die Tilgungsquote:
[FORMEL]
also rund 0·5% des Anlagekapitals. Dieser Fall entspricht den Verhältnissen vieler mitteleuropäischen Eisenbahnverwaltungen.
Die Praxis bestätigt dieses Ergebnis. Da in Preußen (s. Etat f. 1909, S. 43) im Jahre 1907 die Restschuld rund 6·4 Milliarden M. betrug gegenüber einem Anlagekapital von rund 9·6 Milliarden M., so entsprach in diesem Jahre die durch das Gesetz vom 8. März 1897 vorgeschriebene Mindesttilgung von 0·6% der Schuld einer Tilgung von 0·4% des Anlagekapitals.
Betrachtet man die Schuldentilgung der österreichischen Bahnen während der Jahre 1901–1904, also während einer Zeit, die vor den großen Verstaatlichungen lag und ziemlich gleichmäßige Verhältnisse aufweist, so betrug nach der österreichischen Eisenbahnstatistik bei den Staatsbahnen die Tilgungsquote des Jahres
Prozente des Ge- Prozente des
samtanlagekapi- Restkapitals
tals am Ende des am Ende des
Vorjahres Vorjahres
1901 mit 9·3 Mill. K 0·39 0·42
1902 mit 9·5 Mill. K 0·40 0·43
1903 mit 10·1 Mill. K 0·43 0·46
1904 mit 10·5 Mill. K 0·44 0·47
Bei den österreichischen Privatbahnen betrug die Tilgungsquote des Jahres
Prozente des Ge- Prozente des
samtanlagekapi- Restkapitals
tals am Ende des am Ende des
Vorjahres Vorjahres
1901 mit 23·1 Mill. K 0·56 0·61
1902 mit 19·5 Mill. K 0·46 0·50
1903 mit 11·2 Mill. K 0·26 0·29
1904 mit 16·6 Mill. K 0·38 0·41
Aus den Verwaltungsberichten der württembergischen Verkehrsverwaltung läßt sich folgendes ableiten: es betrug die Tilgungsquote des Jahres
Prozente des Ge- Prozente des
samtanlagekapi- Restkapitals
tals am Ende des am Ende des
Vorjahres Vorjahres
1901 mit 2·75 Mill. M. 0·45 0·60
1902 mit 2·85 Mill. M. 0·45 0·62
1903 mit 3·23 Mill. M. 0·49 0·69
1904 mit 2·97 Mill. M. 0·44 0·62
1905 mit 3·45 Mill. M. 0·50 0·70
1906 mit 4·30 Mill. M. 0·60 0·84
1907 mit 3·72 Mill. M. 0·51 0·72
1908 mit 5·19 Mill. M. 0·69 0·97
1909 mit 4·35 Mill. M. 0·56 0·79
5. Die Praxis der Gesetzgebung über Schuldentilgung. Die Anschauungen der Finanzwissenschaft über die Notwendigkeit der Tilgung von Staatsschulden haben manche Wandlung erfahren.
Bei kündbaren Schulden war die Zurückzahlung etwas Selbstverständliches. Seitdem jedoch die Form der fundierten, nicht kündbaren Schuld aufkam und in den beiden Arten der zurückzuzahlenden Tilgungsschuld und der nicht zurückzuzahlenden Rentenschuld Anwendung fand, entstand die Streitfrage, ob die Tilgung der Staatsschulden notwendig sei oder nicht.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Meinungen hierüber geteilt. Angesehene Vertreter der Finanzwissenschaft hielten die Tilgung der Staatsschulden nicht für notwendig; überwiegend jedoch fand die Auffassung Beifall, daß eine gewisse Tilgung zwar geboten oder doch zweckmäßig sei, daß man aber nicht zu stark tilgen dürfe, weil das zu einer schlechten Verwendung der zurückbezahlten Beträge führe. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts fand die Theorie, daß die Tilgung nicht notwendig sei, vielen Anklang und behauptete sich einige Jahrzehnte hindurch. Gegen das Ende des 19. Jahrhunderts trat wieder ein Umschwung ein. Die Notwendigkeit der Schuldentilgung wurde mehr und mehr anerkannt.
Die wirkliche Entwicklung folgte im allgemeinen diesen Wandlungen der finanzwissenschaftlichen Theorie.
In Württemberg tritt dies besonders deutlich hervor und zeigt eine sehr lehrreiche Entwicklung.
Die älteren Staatsschulden tatute von 1816, 1817, 1820 und 1837 beruhten auf dem Grundsatze der Zwangstilgung in strengster Form. Um die Tilgung der ganzen Schuld innerhalb eines Zeitraumes von etwa 45 Jahren zu gewährleisten, sollte jährlich hierzu verwendet werden:
a) 0·5% der Staatsschuld nach ihrem höchsten Stand;
b) die Jahreszinsen aus den getilgten Schulden;
c) etwaige Ersparnisse am Zinsenzahlungsfonds.
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