Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.Betrage von 120 Mill. M. zur Dotierung des Extraordinariums, d. h. zur Bestreitung einmaliger und außerordentlicher Ausgaben der Staatseisenbahnverwaltung; c) weiterhin mit dem Betrage von 2·1% des statistischen Anlagekapitals für die allgemeine Finanzverwaltung; d) mit dem Reste zur Verstärkung des Ausgleichsfonds, auch über den Betrag von 200 Mill. M. hinaus. Da eine Verwendung laufender Mittel für das Extraordinarium, d. h. für außerordentliche, fast ausschließlich werbende Anlagen, für die sonst A. zulässig wären, einer Schuldentilgung vollständig gleichwertig ist, so tilgt die preußische Staatseisenbahnverwaltung nunmehr jährlich: 0·6% der Schuld auf Grund der Gesetze von 1882/1897 und 1·15% des Anlagekapitals, wenigstens aber 120 Mill. M. auf Grund der vorstehenden Beschlüsse, zusammen rund 1·55% des Anlagekapitals oder rund 2·3% der Schuld. In Baden ist die Tilgung der Eisenbahnanlehen einer besonderen Eisenbahnschuldentilgungskasse übertragen, die im Jahre 1842 errichtet wurde. Ihre Verfassung und Verwaltung ist durch das Gesetz vom 10. September 1842 über die Errichtung der Eisenbahnschuldentilgungskasse (Staats- und Regierungsblatt 1842, S. 241) geregelt. Nach diesem Gesetz, das einen Teil der Verfassung bildet, darf der Reinertrag der Eisenbahnbetriebsverwaltung nur zur Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld und zu gunsten des Eisenbahnbaues verwendet werden, ist also eine Nutzbarmachung der Überschüsse des Eisenbahnbetriebs für Zwecke der allgemeinen Staatsverwaltung ausgeschlossen. Zur Sicherung der Durchführung dieses Grundsatzes bilden die Eisenbahnverwaltung und die Eisenbahnschuldentilgungskasse sog. ausgeschiedene Verwaltungszweige. Ihr Budget wird getrennt von dem der allgemeinen Staatsverwaltung aufgestellt und vollzogen. Der Staatskasse ist jedoch die Verpflichtung auferlegt, etwaige Fehlbeträge, die bei der Verwaltung der Eisenbahnschuldentilgungskasse sich ergeben, zu übernehmen. Über die Art, wie die Tilgung der Eisenbahnanlehen durchzuführen ist, sind keine gesetzlichen Vorschriften erlassen. Bei fast sämtlichen Anlehen hat die Eisenbahnschuldentilgungskasse die Verpflichtung übernommen, die Tilgung nach einem festen Plane regelmäßig zu vollziehen. Dabei ist jeweils bestimmt worden, daß jährlich ein bestimmter, nach der Tilgungsdauer des Anlehens bemessener Prozentsatz des ursprünglichen Anlehensbetrages zuzüglich der ersparten Zinsen zur Tilgung zu verwenden ist. Die Tilgungsdauer der zurzeit noch nicht heimgezahlten Anlehen beträgt der Regel nach 50 Jahre; es ist jedoch bei einer Anzahl von Anlehen der Beginn der Tilgung noch um einige Jahre - bei den neueren gewöhnlich um 8 Jahre - hinausgeschoben worden. Alle vor dem Jahre 1859 aufgenommenen Anlehen, sowie die Anlehen von den Jahren 1866, 1868, 1870/71, 1874 und 1876 sind durch Heimzahlung oder Konventierung erledigt. Die regelmäßig durchgeführte Tilgung hat den Erfolg gehabt, daß bis 1900 rund 32% des gesamten Anlehensbestandes getilgt waren. Dieses Ergebnis ist allerdings nur dadurch erreicht worden, daß vom Jahre 1880 ab der Eisenbahnschuldentilgungskasse jährlich aus Mitteln der allgemeinen Staatsverwaltung ein Zuschuß in wechselnder Höhe geleistet worden ist. Im letzten Jahrzehnt haben sich die Verhältnisse verschlechtert. Eine Denkschrift des badischen Finanzministeriums vom 27. November 1909, die Lage der Eisenbahnschuldentilgungskasse betreffend (II. Kammer der badischen Landstände, 44. Landtag 1909/10, Drucksache Nr. 5), erklärt, daß die derzeitige Lage der Eisenbahnschuldentilgungskasse recht ungünstig ist. Den Nachweis hierfür liefert sie u. a. durch folgende Zusammenstellung über die Ergebnisse der Kasse (S. 5): Die Denkschrift gibt (S. 7) weiter an, daß von 1870-1908 Zinsen im Betrag von 6·4 Mill. M. und Tilgungsbetreffnisse im Betrag von 60·4 Mill. M. aus neuen Anlehen bestritten werden mußten. Wenn dies auch großenteils dadurch ausgeglichen wird, daß die in der Übersicht ausgewiesenen Überschüsse von 53·632 Mill. M. zu Eisenbahnbauten, d. h. an Stelle von Anlehen verwendet wurden - was einer Schuldentilgung gleichwertig ist -, so zeigen die badischen Erfahrungen doch sehr deutlich, daß bei den Ertragsverhältnissen süddeutscher Eisenbahnverwaltungen starre Tilgungsvorschriften, welche die Tilgung innerhalb eines Zeitraumes von 50-60 Jahren durchführen wollen, sehr leicht zu Schwierigkeiten führen. Als Mittel gegen eine weitere Verschlechterung in der Lage der Schuldentilgungskasse nimmt die Denkschrift in Aussicht: 1. Erhöhung des jährlichen Staatszuschusses auf wenigstens 4 Mill. M., 2. weitgehende Einschränkung der Anlehensaufnahmen. Außerdem scheint eine Verstärkung der Schuldentilgung beabsichtigt zu sein. Denn die Denkschrift nimmt für die Zeit 1910-1919 (S. 8) an, daß bei den neueren Anlehen jährlich gleichmäßig 21/2% des ursprünglichen Anlehensbetrages getilgt werden, während, wie die Begründung zu dem hessischen Gesetzentwurf über die Tilgung der Staatsschuld vom 29. November 1909 (S. 9) ersehen läßt, die bisherige Tilgung in Baden jährlich durchschnittlich 1·87% betrug. Im Königreich Sachsen wird die ältere Staatsschuld planmäßig getilgt. Die Tilgungsquoten betragen bis zu 1·5% des ursprünglichen Schuldbetrages. Für die neueren Anlehen ist die Tilgung durch die einschlägigen Gesetze auf mindestens 1% des ursprünglichen Kapitalbetrages festgesetzt. Im ganzen beträgt die Tilgung der Staatsschuld, aus der die Eisenbahnschuld nicht besonders ausgeschieden ist, durchschnittlich etwa 1·25%. In Hessen sah der Gesetzentwurf vom 29. November 1909 über die Tilgung der Staatsschuld (Drucksache Nr. 298 der zweiten Kammer der Stände des Großherzogtums Hessen, 1908/11), ähnlich wie das Reichsgesetz vom 15. Juli 1909, betreffend Änderungen im Finanzwesen, für die verschiedenen Arten von Schulden verschiedene Tilgungsquoten vor. Es sollte unter Hinzurechnung der durch die Tilgung ersparten Zinsen Betrage von 120 Mill. M. zur Dotierung des Extraordinariums, d. h. zur Bestreitung einmaliger und außerordentlicher Ausgaben der Staatseisenbahnverwaltung; c) weiterhin mit dem Betrage von 2·1% des statistischen Anlagekapitals für die allgemeine Finanzverwaltung; d) mit dem Reste zur Verstärkung des Ausgleichsfonds, auch über den Betrag von 200 Mill. M. hinaus. 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Bei fast sämtlichen Anlehen hat die Eisenbahnschuldentilgungskasse die Verpflichtung übernommen, die Tilgung nach einem festen Plane regelmäßig zu vollziehen. Dabei ist jeweils bestimmt worden, daß jährlich ein bestimmter, nach der Tilgungsdauer des Anlehens bemessener Prozentsatz des ursprünglichen Anlehensbetrages zuzüglich der ersparten Zinsen zur Tilgung zu verwenden ist. Die Tilgungsdauer der zurzeit noch nicht heimgezahlten Anlehen beträgt der Regel nach 50 Jahre; es ist jedoch bei einer Anzahl von Anlehen der Beginn der Tilgung noch um einige Jahre – bei den neueren gewöhnlich um 8 Jahre – hinausgeschoben worden. Alle vor dem Jahre 1859 aufgenommenen Anlehen, sowie die Anlehen von den Jahren 1866, 1868, 1870/71, 1874 und 1876 sind durch Heimzahlung oder Konventierung erledigt. Die regelmäßig durchgeführte Tilgung hat den Erfolg gehabt, daß bis 1900 rund 32% des gesamten Anlehensbestandes getilgt waren. 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Wenn dies auch großenteils dadurch ausgeglichen wird, daß die in der Übersicht ausgewiesenen Überschüsse von 53·632 Mill. M. zu Eisenbahnbauten, d. h. an Stelle von Anlehen verwendet wurden – was einer Schuldentilgung gleichwertig ist –, so zeigen die badischen Erfahrungen doch sehr deutlich, daß bei den Ertragsverhältnissen süddeutscher Eisenbahnverwaltungen starre Tilgungsvorschriften, welche die Tilgung innerhalb eines Zeitraumes von 50–60 Jahren durchführen wollen, sehr leicht zu Schwierigkeiten führen. Als Mittel gegen eine weitere Verschlechterung in der Lage der Schuldentilgungskasse nimmt die Denkschrift in Aussicht: 1. Erhöhung des jährlichen Staatszuschusses auf wenigstens 4 Mill. M., 2. weitgehende Einschränkung der Anlehensaufnahmen. Außerdem scheint eine Verstärkung der Schuldentilgung beabsichtigt zu sein. Denn die Denkschrift nimmt für die Zeit 1910–1919 (S. 8) an, daß bei den neueren Anlehen jährlich gleichmäßig 21/2% des ursprünglichen Anlehensbetrages getilgt werden, während, wie die Begründung zu dem hessischen Gesetzentwurf über die Tilgung der Staatsschuld vom 29. November 1909 (S. 9) ersehen läßt, die bisherige Tilgung in Baden jährlich durchschnittlich 1·87% betrug. Im Königreich Sachsen wird die ältere Staatsschuld planmäßig getilgt. Die Tilgungsquoten betragen bis zu 1·5% des ursprünglichen Schuldbetrages. Für die neueren Anlehen ist die Tilgung durch die einschlägigen Gesetze auf mindestens 1% des ursprünglichen Kapitalbetrages festgesetzt. Im ganzen beträgt die Tilgung der Staatsschuld, aus der die Eisenbahnschuld nicht besonders ausgeschieden ist, durchschnittlich etwa 1·25%. In Hessen sah der Gesetzentwurf vom 29. November 1909 über die Tilgung der Staatsschuld (Drucksache Nr. 298 der zweiten Kammer der Stände des Großherzogtums Hessen, 1908/11), ähnlich wie das Reichsgesetz vom 15. Juli 1909, betreffend Änderungen im Finanzwesen, für die verschiedenen Arten von Schulden verschiedene Tilgungsquoten vor. Es sollte unter Hinzurechnung der durch die Tilgung ersparten Zinsen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0185" n="176"/> Betrage von 120 Mill. M. zur Dotierung des Extraordinariums, d. h. zur Bestreitung einmaliger und außerordentlicher Ausgaben der Staatseisenbahnverwaltung;</p><lb/> <p><hi rendition="#i">c)</hi> weiterhin mit dem Betrage von 2·1<hi rendition="#i">%</hi> des statistischen Anlagekapitals für die allgemeine Finanzverwaltung;</p><lb/> <p><hi rendition="#i">d)</hi> mit dem Reste zur Verstärkung des Ausgleichsfonds, auch über den Betrag von 200 Mill. 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Nach diesem Gesetz, das einen Teil der Verfassung bildet, darf der Reinertrag der Eisenbahnbetriebsverwaltung nur zur Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld und zu gunsten des Eisenbahnbaues verwendet werden, ist also eine Nutzbarmachung der Überschüsse des Eisenbahnbetriebs für Zwecke der allgemeinen Staatsverwaltung ausgeschlossen. Zur Sicherung der Durchführung dieses Grundsatzes bilden die Eisenbahnverwaltung und die Eisenbahnschuldentilgungskasse sog. ausgeschiedene Verwaltungszweige. Ihr Budget wird getrennt von dem der allgemeinen Staatsverwaltung aufgestellt und vollzogen. Der Staatskasse ist jedoch die Verpflichtung auferlegt, etwaige Fehlbeträge, die bei der Verwaltung der Eisenbahnschuldentilgungskasse sich ergeben, zu übernehmen.</p><lb/> <p>Über die Art, wie die Tilgung der Eisenbahnanlehen durchzuführen ist, sind keine gesetzlichen Vorschriften erlassen. 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Betrage von 120 Mill. M. zur Dotierung des Extraordinariums, d. h. zur Bestreitung einmaliger und außerordentlicher Ausgaben der Staatseisenbahnverwaltung;
c) weiterhin mit dem Betrage von 2·1% des statistischen Anlagekapitals für die allgemeine Finanzverwaltung;
d) mit dem Reste zur Verstärkung des Ausgleichsfonds, auch über den Betrag von 200 Mill. M. hinaus.
Da eine Verwendung laufender Mittel für das Extraordinarium, d. h. für außerordentliche, fast ausschließlich werbende Anlagen, für die sonst A. zulässig wären, einer Schuldentilgung vollständig gleichwertig ist, so tilgt die preußische Staatseisenbahnverwaltung nunmehr jährlich: 0·6% der Schuld auf Grund der Gesetze von 1882/1897 und 1·15% des Anlagekapitals, wenigstens aber 120 Mill. M. auf Grund der vorstehenden Beschlüsse, zusammen rund 1·55% des Anlagekapitals oder rund 2·3% der Schuld.
In Baden ist die Tilgung der Eisenbahnanlehen einer besonderen Eisenbahnschuldentilgungskasse übertragen, die im Jahre 1842 errichtet wurde. Ihre Verfassung und Verwaltung ist durch das Gesetz vom 10. September 1842 über die Errichtung der Eisenbahnschuldentilgungskasse (Staats- und Regierungsblatt 1842, S. 241) geregelt. Nach diesem Gesetz, das einen Teil der Verfassung bildet, darf der Reinertrag der Eisenbahnbetriebsverwaltung nur zur Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld und zu gunsten des Eisenbahnbaues verwendet werden, ist also eine Nutzbarmachung der Überschüsse des Eisenbahnbetriebs für Zwecke der allgemeinen Staatsverwaltung ausgeschlossen. Zur Sicherung der Durchführung dieses Grundsatzes bilden die Eisenbahnverwaltung und die Eisenbahnschuldentilgungskasse sog. ausgeschiedene Verwaltungszweige. Ihr Budget wird getrennt von dem der allgemeinen Staatsverwaltung aufgestellt und vollzogen. Der Staatskasse ist jedoch die Verpflichtung auferlegt, etwaige Fehlbeträge, die bei der Verwaltung der Eisenbahnschuldentilgungskasse sich ergeben, zu übernehmen.
Über die Art, wie die Tilgung der Eisenbahnanlehen durchzuführen ist, sind keine gesetzlichen Vorschriften erlassen. Bei fast sämtlichen Anlehen hat die Eisenbahnschuldentilgungskasse die Verpflichtung übernommen, die Tilgung nach einem festen Plane regelmäßig zu vollziehen. Dabei ist jeweils bestimmt worden, daß jährlich ein bestimmter, nach der Tilgungsdauer des Anlehens bemessener Prozentsatz des ursprünglichen Anlehensbetrages zuzüglich der ersparten Zinsen zur Tilgung zu verwenden ist. Die Tilgungsdauer der zurzeit noch nicht heimgezahlten Anlehen beträgt der Regel nach 50 Jahre; es ist jedoch bei einer Anzahl von Anlehen der Beginn der Tilgung noch um einige Jahre – bei den neueren gewöhnlich um 8 Jahre – hinausgeschoben worden. Alle vor dem Jahre 1859 aufgenommenen Anlehen, sowie die Anlehen von den Jahren 1866, 1868, 1870/71, 1874 und 1876 sind durch Heimzahlung oder Konventierung erledigt.
Die regelmäßig durchgeführte Tilgung hat den Erfolg gehabt, daß bis 1900 rund 32% des gesamten Anlehensbestandes getilgt waren. Dieses Ergebnis ist allerdings nur dadurch erreicht worden, daß vom Jahre 1880 ab der Eisenbahnschuldentilgungskasse jährlich aus Mitteln der allgemeinen Staatsverwaltung ein Zuschuß in wechselnder Höhe geleistet worden ist.
Im letzten Jahrzehnt haben sich die Verhältnisse verschlechtert. Eine Denkschrift des badischen Finanzministeriums vom 27. November 1909, die Lage der Eisenbahnschuldentilgungskasse betreffend (II. Kammer der badischen Landstände, 44. Landtag 1909/10, Drucksache Nr. 5), erklärt, daß die derzeitige Lage der Eisenbahnschuldentilgungskasse recht ungünstig ist. Den Nachweis hierfür liefert sie u. a. durch folgende Zusammenstellung über die Ergebnisse der Kasse (S. 5):
Die Denkschrift gibt (S. 7) weiter an, daß von 1870–1908 Zinsen im Betrag von 6·4 Mill. M. und Tilgungsbetreffnisse im Betrag von 60·4 Mill. M. aus neuen Anlehen bestritten werden mußten. Wenn dies auch großenteils dadurch ausgeglichen wird, daß die in der Übersicht ausgewiesenen Überschüsse von 53·632 Mill. M. zu Eisenbahnbauten, d. h. an Stelle von Anlehen verwendet wurden – was einer Schuldentilgung gleichwertig ist –, so zeigen die badischen Erfahrungen doch sehr deutlich, daß bei den Ertragsverhältnissen süddeutscher Eisenbahnverwaltungen starre Tilgungsvorschriften, welche die Tilgung innerhalb eines Zeitraumes von 50–60 Jahren durchführen wollen, sehr leicht zu Schwierigkeiten führen.
Als Mittel gegen eine weitere Verschlechterung in der Lage der Schuldentilgungskasse nimmt die Denkschrift in Aussicht:
1. Erhöhung des jährlichen Staatszuschusses auf wenigstens 4 Mill. M.,
2. weitgehende Einschränkung der Anlehensaufnahmen.
Außerdem scheint eine Verstärkung der Schuldentilgung beabsichtigt zu sein. Denn die Denkschrift nimmt für die Zeit 1910–1919 (S. 8) an, daß bei den neueren Anlehen jährlich gleichmäßig 21/2% des ursprünglichen Anlehensbetrages getilgt werden, während, wie die Begründung zu dem hessischen Gesetzentwurf über die Tilgung der Staatsschuld vom 29. November 1909 (S. 9) ersehen läßt, die bisherige Tilgung in Baden jährlich durchschnittlich 1·87% betrug.
Im Königreich Sachsen wird die ältere Staatsschuld planmäßig getilgt. Die Tilgungsquoten betragen bis zu 1·5% des ursprünglichen Schuldbetrages. Für die neueren Anlehen ist die Tilgung durch die einschlägigen Gesetze auf mindestens 1% des ursprünglichen Kapitalbetrages festgesetzt.
Im ganzen beträgt die Tilgung der Staatsschuld, aus der die Eisenbahnschuld nicht besonders ausgeschieden ist, durchschnittlich etwa 1·25%.
In Hessen sah der Gesetzentwurf vom 29. November 1909 über die Tilgung der Staatsschuld (Drucksache Nr. 298 der zweiten Kammer der Stände des Großherzogtums Hessen, 1908/11), ähnlich wie das Reichsgesetz vom 15. Juli 1909, betreffend Änderungen im Finanzwesen, für die verschiedenen Arten von Schulden verschiedene Tilgungsquoten vor. Es sollte unter Hinzurechnung der durch die Tilgung ersparten Zinsen
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