Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.(Arbeiterwochenkarten, Arbeiterrückfahrkarten). Die dem öffentlichen Verkehr dienenden A. werden von sonstigen Reisenden vielfach so wenig in Anspruch genommen, daß bei der Zugbildung auf diese keine Rücksicht genommen zu werden braucht. Die Züge führen dann nur Wagen vierter Klasse, oder wo es diese nicht gibt, Wagen dritter Klasse. Soweit erforderlich, wird eine Trennung der weiblichen und männlichen Reisenden in den A. vorgenommen. Arbeitseinstellungen (strikes; greves; scioperi). A. bilden ein Mittel, um Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbesondere Lohnerhöhungen durchzusetzen. Das den Arbeitern gewährte Koalitionsrecht, d. h. das Recht, sich zur Erzielung günstigerer Arbeitsbedingungen zusammenzutun und auch A. zu diesem Zwecke zu verabreden, hat zu einer außerordentlich weitgehenden Organisierung der Arbeiter zu Verbänden und Syndikaten geführt. Die Macht, die die Arbeiter hierdurch erlangt haben, hat in den letzten Jahren zu einer Organisation der Arbeitgeber geführt, die auf diese Weise begonnen haben, den Kampf gegen die Arbeiterorganisationen gemeinsam zuführen. Eines der wichtigsten Kampfmittel ist die Arbeiteraussperrung geworden. Für den Eisenbahnbetrieb besteht diese Kampfmöglichkeit aber nicht. Je länger die Eisenbahnen bestehen, je engmaschiger ihr Netz wird, umsomehr wird die Eisenbahn zu einem unentbehrlichen Faktor für die Lebensmöglichkeit eines Volkes. Der Stillstand des Eisenbahnverkehrs ist heutzutage einfach undenkbar. Für die Eisenbahnverwaltungen besteht deshalb die physische Unmöglichkeit, den Verkehr stillzulegen: eine Aussperrung des Personals ist ausgeschlossen. Angesichts der durch diese Sachlage bedingten Gefahr für die nationalen Lebensbedingungen hat sich denn auch in einer Reihe von Staaten die Überzeugung durchgerungen, daß auf gesetzgeberischem Wege der Gefahr eines Ausstandes des Eisenbahnpersonals entgegenzuwirken ist. Zum Teil handelt es sich hier um Androhung krimineller Strafen, zum Teil um Androhung der Entlassung, zum Teil endlich ist für Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein besonderes Verfahren vorgeschrieben, während dessen die Arbeitseinstellung verboten ist. Teilweise beschränkt sich die Gesetzgebung auf den Kreis der Eisenbahnbediensteten, teilweise umfaßt sie zugleich andere Betriebe, deren Bedeutung für das öffentliche Leben ebenfalls von besonderer Bedeutung ist (z. B. Beleuchtungsanstalten, Wasserzufuhr, Post und Telegraphie), teilweise endlich erstreckt sie sich auf A. aller Art. In England bedrohen die Eisenbahngesetze aus den Jahren 1840 und 1842 Handlungen oder Unterlassungen von Eisenbahnbediensteten, durch die Personen gefährdet, Bahnanlagen beschädigt, Zugfahrten aufgehalten oder gehindert werden können, mit Haft oder Gefängnis bis zu 2 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 10 L. Das Verschwörungs- und Vermögensschutzgesetz von 1875 ferner setzt auf den Bruch des Dienstvertrages mit der wahrscheinlichen Folge der Gefährdung von Menschenleben oder Schädigung von Personen und Sachen Gefängnisstrafe bis zu 3 Monaten oder Geldstrafe bis zu 20 L. Das niederländische Strafgesetzbuch von 1903 bedroht die Dienstverweigerung von Eisenbahnbediensteten in der Absicht, den Eisenbahnverkehr zu stören, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 300 Gulden. Auf die Verschwörung von drei oder mehr Bediensteten zu dem gleichen Zweck steht Gefängnis bis zu 2 Jahren. Wird die Störung des Eisenbahnverkehrs erreicht, so verdoppelt sich die Strafandrohung. In Rußland setzt ein kaiserlicher Ukas vom Jahre 1905 für verabredete Arbeitsniederlegung von Eisenbahnbediensteten 3 Wochen bis 3 Monate Haft oder 4-16 Monate Gefängnis, für Aufreizung zu solcher A. 8 bis 16 Monate Gefängnis fest. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika gehört die Materie zur Zuständigkeit der Einzelstaaten. In New Yersey verfallen nach dem Gesetz, betreffend die Eisenbahnbediensteten, die letzteren in eine Geldstrafe von 100-500 $ oder in eine Gefängnisstrafe bis zu 6 Monaten, wenn sie streiken oder einen Streik unterstützen. Die Behinderung der Eisenbahnbediensteten an der Ausübung ihrer Pflicht oder Störung des Zugverkehres in der Absicht, einen Streik zu unterstützen, wird mit Geldstrafe bis zu 500 $ oder mit Gefängnis bis zu 1 Jahr geahndet. In etwa 24 Staaten der Union ist auf das Instichlassen der Lokomotive zu gunsten einer Abrede und auf böswillige Unterbrechung oder Verhinderung des Zugverkehres Gefängnisstrafe von 20 bis 90 Tagen oder Geldstrafe von 20-200 $ gesetzt. In Frankreich bedrohte bereits das Bahnpolizeigesetz vom 20. Juli 1845 jeden Lokomotivbeamten und Bremser, der seinen Zug auf der Fahrt im Stich ließ, mit Gefängnis von 6 Monaten bis zu 2 Jahren. Durch einen der Kammer vorgelegten Gesetzentwurf soll diese Strafe auf alle bei der Zugförderung und Sicherung des Zugverkehres beschäftigten Personen erstreckt werden, die ihren Posten verlassen, ihren Dienst nachlässig versehen (Arbeiterwochenkarten, Arbeiterrückfahrkarten). Die dem öffentlichen Verkehr dienenden A. werden von sonstigen Reisenden vielfach so wenig in Anspruch genommen, daß bei der Zugbildung auf diese keine Rücksicht genommen zu werden braucht. Die Züge führen dann nur Wagen vierter Klasse, oder wo es diese nicht gibt, Wagen dritter Klasse. Soweit erforderlich, wird eine Trennung der weiblichen und männlichen Reisenden in den A. vorgenommen. Arbeitseinstellungen (strikes; grèves; scioperi). A. bilden ein Mittel, um Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbesondere Lohnerhöhungen durchzusetzen. Das den Arbeitern gewährte Koalitionsrecht, d. h. das Recht, sich zur Erzielung günstigerer Arbeitsbedingungen zusammenzutun und auch A. zu diesem Zwecke zu verabreden, hat zu einer außerordentlich weitgehenden Organisierung der Arbeiter zu Verbänden und Syndikaten geführt. Die Macht, die die Arbeiter hierdurch erlangt haben, hat in den letzten Jahren zu einer Organisation der Arbeitgeber geführt, die auf diese Weise begonnen haben, den Kampf gegen die Arbeiterorganisationen gemeinsam zuführen. Eines der wichtigsten Kampfmittel ist die Arbeiteraussperrung geworden. Für den Eisenbahnbetrieb besteht diese Kampfmöglichkeit aber nicht. Je länger die Eisenbahnen bestehen, je engmaschiger ihr Netz wird, umsomehr wird die Eisenbahn zu einem unentbehrlichen Faktor für die Lebensmöglichkeit eines Volkes. Der Stillstand des Eisenbahnverkehrs ist heutzutage einfach undenkbar. Für die Eisenbahnverwaltungen besteht deshalb die physische Unmöglichkeit, den Verkehr stillzulegen: eine Aussperrung des Personals ist ausgeschlossen. Angesichts der durch diese Sachlage bedingten Gefahr für die nationalen Lebensbedingungen hat sich denn auch in einer Reihe von Staaten die Überzeugung durchgerungen, daß auf gesetzgeberischem Wege der Gefahr eines Ausstandes des Eisenbahnpersonals entgegenzuwirken ist. Zum Teil handelt es sich hier um Androhung krimineller Strafen, zum Teil um Androhung der Entlassung, zum Teil endlich ist für Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein besonderes Verfahren vorgeschrieben, während dessen die Arbeitseinstellung verboten ist. Teilweise beschränkt sich die Gesetzgebung auf den Kreis der Eisenbahnbediensteten, teilweise umfaßt sie zugleich andere Betriebe, deren Bedeutung für das öffentliche Leben ebenfalls von besonderer Bedeutung ist (z. B. Beleuchtungsanstalten, Wasserzufuhr, Post und Telegraphie), teilweise endlich erstreckt sie sich auf A. aller Art. In England bedrohen die Eisenbahngesetze aus den Jahren 1840 und 1842 Handlungen oder Unterlassungen von Eisenbahnbediensteten, durch die Personen gefährdet, Bahnanlagen beschädigt, Zugfahrten aufgehalten oder gehindert werden können, mit Haft oder Gefängnis bis zu 2 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 10 ₤. Das Verschwörungs- und Vermögensschutzgesetz von 1875 ferner setzt auf den Bruch des Dienstvertrages mit der wahrscheinlichen Folge der Gefährdung von Menschenleben oder Schädigung von Personen und Sachen Gefängnisstrafe bis zu 3 Monaten oder Geldstrafe bis zu 20 ₤. Das niederländische Strafgesetzbuch von 1903 bedroht die Dienstverweigerung von Eisenbahnbediensteten in der Absicht, den Eisenbahnverkehr zu stören, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 300 Gulden. Auf die Verschwörung von drei oder mehr Bediensteten zu dem gleichen Zweck steht Gefängnis bis zu 2 Jahren. Wird die Störung des Eisenbahnverkehrs erreicht, so verdoppelt sich die Strafandrohung. In Rußland setzt ein kaiserlicher Ukas vom Jahre 1905 für verabredete Arbeitsniederlegung von Eisenbahnbediensteten 3 Wochen bis 3 Monate Haft oder 4–16 Monate Gefängnis, für Aufreizung zu solcher A. 8 bis 16 Monate Gefängnis fest. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika gehört die Materie zur Zuständigkeit der Einzelstaaten. In New Yersey verfallen nach dem Gesetz, betreffend die Eisenbahnbediensteten, die letzteren in eine Geldstrafe von 100–500 $ oder in eine Gefängnisstrafe bis zu 6 Monaten, wenn sie streiken oder einen Streik unterstützen. Die Behinderung der Eisenbahnbediensteten an der Ausübung ihrer Pflicht oder Störung des Zugverkehres in der Absicht, einen Streik zu unterstützen, wird mit Geldstrafe bis zu 500 $ oder mit Gefängnis bis zu 1 Jahr geahndet. In etwa 24 Staaten der Union ist auf das Instichlassen der Lokomotive zu gunsten einer Abrede und auf böswillige Unterbrechung oder Verhinderung des Zugverkehres Gefängnisstrafe von 20 bis 90 Tagen oder Geldstrafe von 20–200 $ gesetzt. In Frankreich bedrohte bereits das Bahnpolizeigesetz vom 20. Juli 1845 jeden Lokomotivbeamten und Bremser, der seinen Zug auf der Fahrt im Stich ließ, mit Gefängnis von 6 Monaten bis zu 2 Jahren. 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Je länger die Eisenbahnen bestehen, je engmaschiger ihr Netz wird, umsomehr wird die Eisenbahn zu einem unentbehrlichen Faktor für die Lebensmöglichkeit eines Volkes. Der Stillstand des Eisenbahnverkehrs ist heutzutage einfach undenkbar. Für die Eisenbahnverwaltungen besteht deshalb die physische Unmöglichkeit, den Verkehr stillzulegen: eine Aussperrung des Personals ist ausgeschlossen. Angesichts der durch diese Sachlage bedingten Gefahr für die nationalen Lebensbedingungen hat sich denn auch in einer Reihe von Staaten die Überzeugung durchgerungen, daß auf gesetzgeberischem Wege der Gefahr eines Ausstandes des Eisenbahnpersonals entgegenzuwirken ist. Zum Teil handelt es sich hier um Androhung krimineller Strafen, zum Teil um Androhung der Entlassung, zum Teil endlich ist für Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein besonderes Verfahren vorgeschrieben, während dessen die Arbeitseinstellung verboten ist. Teilweise beschränkt sich die Gesetzgebung auf den Kreis der Eisenbahnbediensteten, teilweise umfaßt sie zugleich andere Betriebe, deren Bedeutung für das öffentliche Leben ebenfalls von besonderer Bedeutung ist (z. B. Beleuchtungsanstalten, Wasserzufuhr, Post und Telegraphie), teilweise endlich erstreckt sie sich auf A. aller Art.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#g">England</hi> bedrohen die Eisenbahngesetze aus den Jahren 1840 und 1842 Handlungen oder Unterlassungen von Eisenbahnbediensteten, durch die Personen gefährdet, Bahnanlagen beschädigt, Zugfahrten aufgehalten oder gehindert werden können, mit Haft oder Gefängnis bis zu 2 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 10 <hi rendition="#i">₤</hi>. 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(Arbeiterwochenkarten, Arbeiterrückfahrkarten). Die dem öffentlichen Verkehr dienenden A. werden von sonstigen Reisenden vielfach so wenig in Anspruch genommen, daß bei der Zugbildung auf diese keine Rücksicht genommen zu werden braucht. Die Züge führen dann nur Wagen vierter Klasse, oder wo es diese nicht gibt, Wagen dritter Klasse. Soweit erforderlich, wird eine Trennung der weiblichen und männlichen Reisenden in den A. vorgenommen.
Arbeitseinstellungen (strikes; grèves; scioperi). A. bilden ein Mittel, um Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbesondere Lohnerhöhungen durchzusetzen. Das den Arbeitern gewährte Koalitionsrecht, d. h. das Recht, sich zur Erzielung günstigerer Arbeitsbedingungen zusammenzutun und auch A. zu diesem Zwecke zu verabreden, hat zu einer außerordentlich weitgehenden Organisierung der Arbeiter zu Verbänden und Syndikaten geführt. Die Macht, die die Arbeiter hierdurch erlangt haben, hat in den letzten Jahren zu einer Organisation der Arbeitgeber geführt, die auf diese Weise begonnen haben, den Kampf gegen die Arbeiterorganisationen gemeinsam zuführen. Eines der wichtigsten Kampfmittel ist die Arbeiteraussperrung geworden. Für den Eisenbahnbetrieb besteht diese Kampfmöglichkeit aber nicht. Je länger die Eisenbahnen bestehen, je engmaschiger ihr Netz wird, umsomehr wird die Eisenbahn zu einem unentbehrlichen Faktor für die Lebensmöglichkeit eines Volkes. Der Stillstand des Eisenbahnverkehrs ist heutzutage einfach undenkbar. Für die Eisenbahnverwaltungen besteht deshalb die physische Unmöglichkeit, den Verkehr stillzulegen: eine Aussperrung des Personals ist ausgeschlossen. Angesichts der durch diese Sachlage bedingten Gefahr für die nationalen Lebensbedingungen hat sich denn auch in einer Reihe von Staaten die Überzeugung durchgerungen, daß auf gesetzgeberischem Wege der Gefahr eines Ausstandes des Eisenbahnpersonals entgegenzuwirken ist. Zum Teil handelt es sich hier um Androhung krimineller Strafen, zum Teil um Androhung der Entlassung, zum Teil endlich ist für Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein besonderes Verfahren vorgeschrieben, während dessen die Arbeitseinstellung verboten ist. Teilweise beschränkt sich die Gesetzgebung auf den Kreis der Eisenbahnbediensteten, teilweise umfaßt sie zugleich andere Betriebe, deren Bedeutung für das öffentliche Leben ebenfalls von besonderer Bedeutung ist (z. B. Beleuchtungsanstalten, Wasserzufuhr, Post und Telegraphie), teilweise endlich erstreckt sie sich auf A. aller Art.
In England bedrohen die Eisenbahngesetze aus den Jahren 1840 und 1842 Handlungen oder Unterlassungen von Eisenbahnbediensteten, durch die Personen gefährdet, Bahnanlagen beschädigt, Zugfahrten aufgehalten oder gehindert werden können, mit Haft oder Gefängnis bis zu 2 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 10 ₤. Das Verschwörungs- und Vermögensschutzgesetz von 1875 ferner setzt auf den Bruch des Dienstvertrages mit der wahrscheinlichen Folge der Gefährdung von Menschenleben oder Schädigung von Personen und Sachen Gefängnisstrafe bis zu 3 Monaten oder Geldstrafe bis zu 20 ₤.
Das niederländische Strafgesetzbuch von 1903 bedroht die Dienstverweigerung von Eisenbahnbediensteten in der Absicht, den Eisenbahnverkehr zu stören, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 300 Gulden. Auf die Verschwörung von drei oder mehr Bediensteten zu dem gleichen Zweck steht Gefängnis bis zu 2 Jahren. Wird die Störung des Eisenbahnverkehrs erreicht, so verdoppelt sich die Strafandrohung.
In Rußland setzt ein kaiserlicher Ukas vom Jahre 1905 für verabredete Arbeitsniederlegung von Eisenbahnbediensteten 3 Wochen bis 3 Monate Haft oder 4–16 Monate Gefängnis, für Aufreizung zu solcher A. 8 bis 16 Monate Gefängnis fest.
In den Vereinigten Staaten von Nordamerika gehört die Materie zur Zuständigkeit der Einzelstaaten. In New Yersey verfallen nach dem Gesetz, betreffend die Eisenbahnbediensteten, die letzteren in eine Geldstrafe von 100–500 $ oder in eine Gefängnisstrafe bis zu 6 Monaten, wenn sie streiken oder einen Streik unterstützen. Die Behinderung der Eisenbahnbediensteten an der Ausübung ihrer Pflicht oder Störung des Zugverkehres in der Absicht, einen Streik zu unterstützen, wird mit Geldstrafe bis zu 500 $ oder mit Gefängnis bis zu 1 Jahr geahndet. In etwa 24 Staaten der Union ist auf das Instichlassen der Lokomotive zu gunsten einer Abrede und auf böswillige Unterbrechung oder Verhinderung des Zugverkehres Gefängnisstrafe von 20 bis 90 Tagen oder Geldstrafe von 20–200 $ gesetzt.
In Frankreich bedrohte bereits das Bahnpolizeigesetz vom 20. Juli 1845 jeden Lokomotivbeamten und Bremser, der seinen Zug auf der Fahrt im Stich ließ, mit Gefängnis von 6 Monaten bis zu 2 Jahren. Durch einen der Kammer vorgelegten Gesetzentwurf soll diese Strafe auf alle bei der Zugförderung und Sicherung des Zugverkehres beschäftigten Personen erstreckt werden, die ihren Posten verlassen, ihren Dienst nachlässig versehen
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