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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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gewöhnlich in der Lage ist, den Betrieb der kleinen Anschlußbahn billiger und leichter zu führen als der Bahneigentümer selbst, da das Hinzutreten der kleinen Anschlußbahn die Verwaltungskosten der Hauptbahn nur unwesentlich erhöht und manche andere Kosten, wie beispielsweise die Beschaffung eines eigenen Fahrparks, bisweilen wegfallen können.

Insbesondere werden Neben- und Lokalbahnen, deren Finanzierung nur durch eine Mitbeteiligung des Staates, anderer Körperschaften oder der Interessenten möglich war, nur dann ohne weitere Mehrbelastung dieser Interessenten betrieben werden können, wenn ihre Betriebsführung von der großen Anschlußbahn einfach mitgenommen wird, ohne daß die Anschlußbahn eine größere Entschädigung verlangt, als eine solche, die ihren eigenen Selbstkosten entspricht.

Denn viele Lokalbahnen, die vom Standpunkte des Privatkapitals als nicht gewinnbringend erscheinen, werden vom volkswirtschaftlichen Standpunkte als Notwendigkeit bezeichnet, so daß vielfach die Betriebsübernahme durch die anschließende Hauptbahn der Lokalbahn die Lebensmöglichkeit verschafft.

Insbesondere werden daher die Staatsbahnen die Aufgabe haben, die Betriebsführung solcher kleinen Anschlußbahnen entweder selbst zu übernehmen, oder auf geeignete Weise - wie etwa bei Konzessionserteilungen oder Erweiterungen - große Hauptbahnen verpflichten, den Betrieb kleiner Anschlußbahnen gegen eine billige Entschädigung selbst zu übernehmen.

Die Hauptbahn wird dies um so leichter tun können, da die zu eröffnende Lokalbahn auf ihren eigenen Verkehr befruchtend wirken kann.

Vielfach wird für diese Nebenbahnen ein auf den Abschluß von Betriebsüberlassungsverträgen hinzielender Kontrahierungszwang in den Konzessionserteilungen festgelegt.

Derartige Betriebsübernahmen kommen im größeren oder kleineren Umfang in allen Ländern vor. Sehr zahlreich sind diese Fälle in Österreich und in Ungarn, wo die Staatsbahnen eine große Zahl von Lokalbahnen betreiben und zumeist schon in der Konzessionserteilung der Vorbehalt der Betriebsübernahme durch den Staat ausgesprochen ist; ferner in Belgien.

Die schweizerischen Bundesbahnen betreiben zufolge Eintritts in die noch von den früheren Privatbahngesellschaften abgeschlossenen B. mehrere Nebenbahnen, so die Traverstalbahn, die Nebenbahnen Biere-Apples-Morges, Bulle-Romont, Cossonay Bahnhof-Stadt, Visp-Cermatt, Puntrut-Bonfol, aber auch seit der im Jahre 1902 durchgeführten Verstaatlichung der Schweizer Bahnen haben die Bundesbahnen den Betrieb mehrerer Lokalbahnen übernommen.

Nicht minder zahlreich sind die Fälle in England, wo die Privatbahngesellschaften eine Reihe kleinerer Bahnen betreiben, so die Great Western Railway allein über 60. Weniger häufig sind derartige Betriebsübernahmen in den deutschen Bundesstaaten, doch kommen sie auch dort vor; so betreiben die preußischen Staatsbahnen die der Kreis Oldenburger Eisenbahngesellschaft gehörige Strecke Neustadt i. H.-Oldenburg i. H.-Heiligenhofen, die Ilmbahn, die Farge-Vegesaker Eisenbahn und die Birkenfelder Zweigbahn auf Rechnung der Eigentümer.

3. Der Staat übernimmt den Betrieb größerer Privatbahnkomplexe aus eisenbahnpolitischen Gründen und führt den Betrieb entweder auf Rechnung der Eigentümer oder auf eigene Rechnung gegen Zahlung einer Vergütung an die Bahneigentümer. Diese Maßnahme bildet vielfach eine Vorstufe der Verstaatlichung.

Eine der ältesten derartigen Betriebsübernahmen war die der Bergisch-Märkischen Bahn (1850); in Preußen folgten dann weitere Betriebsübernahmen durch den Staat, so z. B. der oberschlesischen Bahn (1856), der Rhein-Nahe-Bahn (1856), der Halle-Sorau-Guben-Bahn (1875), der Berlin-Dresdener Bahn (1877) u. s. w. In den Verträgen, die Preußen später mit den Privatgesellschaften über den staatlichen Erwerb der Linien abschloß, wurde gewöhnlich vereinbart, daß die Betriebsübernahme durch den Staat sofort, dagegen der Übergang in das Eigentum des Staates zu einem späteren Zeitpunkte zu erfolgen hätte.

Auch in Österreich erfolgten seit dem Wiederaufleben des Staatsbahngedankens in zahlreichen Fällen Betriebsübernahmen von Privatbahnen durch den Staat. Diese Übernahmen erfolgten entweder auf Grund eines gütlichen Übereinkommens oder auf Grund des Gesetzes vom 14. Dezember 1877, das die besonderen Rechtsverhältnisse der die staatliche Zinsgarantie genießenden Bahnen ordnet. Dieses Gesetz, das eine zwangsweise Betriebsübernahme von Bahnen, die 5 Jahre hintereinander mehr als die Hälfte des garantierten Erträgnisses in Form von staatlichen Vorschüssen anzusprechen genötigt sind, durch den Staat vorsieht, hat als Vorläufer bei den Verstaatlichungen der Eisenbahnen eine große Rolle gespielt. Auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes erfolgte die Betriebsübernahme der

gewöhnlich in der Lage ist, den Betrieb der kleinen Anschlußbahn billiger und leichter zu führen als der Bahneigentümer selbst, da das Hinzutreten der kleinen Anschlußbahn die Verwaltungskosten der Hauptbahn nur unwesentlich erhöht und manche andere Kosten, wie beispielsweise die Beschaffung eines eigenen Fahrparks, bisweilen wegfallen können.

Insbesondere werden Neben- und Lokalbahnen, deren Finanzierung nur durch eine Mitbeteiligung des Staates, anderer Körperschaften oder der Interessenten möglich war, nur dann ohne weitere Mehrbelastung dieser Interessenten betrieben werden können, wenn ihre Betriebsführung von der großen Anschlußbahn einfach mitgenommen wird, ohne daß die Anschlußbahn eine größere Entschädigung verlangt, als eine solche, die ihren eigenen Selbstkosten entspricht.

Denn viele Lokalbahnen, die vom Standpunkte des Privatkapitals als nicht gewinnbringend erscheinen, werden vom volkswirtschaftlichen Standpunkte als Notwendigkeit bezeichnet, so daß vielfach die Betriebsübernahme durch die anschließende Hauptbahn der Lokalbahn die Lebensmöglichkeit verschafft.

Insbesondere werden daher die Staatsbahnen die Aufgabe haben, die Betriebsführung solcher kleinen Anschlußbahnen entweder selbst zu übernehmen, oder auf geeignete Weise – wie etwa bei Konzessionserteilungen oder Erweiterungen – große Hauptbahnen verpflichten, den Betrieb kleiner Anschlußbahnen gegen eine billige Entschädigung selbst zu übernehmen.

Die Hauptbahn wird dies um so leichter tun können, da die zu eröffnende Lokalbahn auf ihren eigenen Verkehr befruchtend wirken kann.

Vielfach wird für diese Nebenbahnen ein auf den Abschluß von Betriebsüberlassungsverträgen hinzielender Kontrahierungszwang in den Konzessionserteilungen festgelegt.

Derartige Betriebsübernahmen kommen im größeren oder kleineren Umfang in allen Ländern vor. Sehr zahlreich sind diese Fälle in Österreich und in Ungarn, wo die Staatsbahnen eine große Zahl von Lokalbahnen betreiben und zumeist schon in der Konzessionserteilung der Vorbehalt der Betriebsübernahme durch den Staat ausgesprochen ist; ferner in Belgien.

Die schweizerischen Bundesbahnen betreiben zufolge Eintritts in die noch von den früheren Privatbahngesellschaften abgeschlossenen B. mehrere Nebenbahnen, so die Traverstalbahn, die Nebenbahnen Bière-Apples-Morges, Bulle-Romont, Cossonay Bahnhof-Stadt, Visp-Cermatt, Puntrut-Bonfol, aber auch seit der im Jahre 1902 durchgeführten Verstaatlichung der Schweizer Bahnen haben die Bundesbahnen den Betrieb mehrerer Lokalbahnen übernommen.

Nicht minder zahlreich sind die Fälle in England, wo die Privatbahngesellschaften eine Reihe kleinerer Bahnen betreiben, so die Great Western Railway allein über 60. Weniger häufig sind derartige Betriebsübernahmen in den deutschen Bundesstaaten, doch kommen sie auch dort vor; so betreiben die preußischen Staatsbahnen die der Kreis Oldenburger Eisenbahngesellschaft gehörige Strecke Neustadt i. H.-Oldenburg i. H.-Heiligenhofen, die Ilmbahn, die Farge-Vegesaker Eisenbahn und die Birkenfelder Zweigbahn auf Rechnung der Eigentümer.

3. Der Staat übernimmt den Betrieb größerer Privatbahnkomplexe aus eisenbahnpolitischen Gründen und führt den Betrieb entweder auf Rechnung der Eigentümer oder auf eigene Rechnung gegen Zahlung einer Vergütung an die Bahneigentümer. Diese Maßnahme bildet vielfach eine Vorstufe der Verstaatlichung.

Eine der ältesten derartigen Betriebsübernahmen war die der Bergisch-Märkischen Bahn (1850); in Preußen folgten dann weitere Betriebsübernahmen durch den Staat, so z. B. der oberschlesischen Bahn (1856), der Rhein-Nahe-Bahn (1856), der Halle-Sorau-Guben-Bahn (1875), der Berlin-Dresdener Bahn (1877) u. s. w. In den Verträgen, die Preußen später mit den Privatgesellschaften über den staatlichen Erwerb der Linien abschloß, wurde gewöhnlich vereinbart, daß die Betriebsübernahme durch den Staat sofort, dagegen der Übergang in das Eigentum des Staates zu einem späteren Zeitpunkte zu erfolgen hätte.

Auch in Österreich erfolgten seit dem Wiederaufleben des Staatsbahngedankens in zahlreichen Fällen Betriebsübernahmen von Privatbahnen durch den Staat. Diese Übernahmen erfolgten entweder auf Grund eines gütlichen Übereinkommens oder auf Grund des Gesetzes vom 14. Dezember 1877, das die besonderen Rechtsverhältnisse der die staatliche Zinsgarantie genießenden Bahnen ordnet. Dieses Gesetz, das eine zwangsweise Betriebsübernahme von Bahnen, die 5 Jahre hintereinander mehr als die Hälfte des garantierten Erträgnisses in Form von staatlichen Vorschüssen anzusprechen genötigt sind, durch den Staat vorsieht, hat als Vorläufer bei den Verstaatlichungen der Eisenbahnen eine große Rolle gespielt. Auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes erfolgte die Betriebsübernahme der

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[347/0357] gewöhnlich in der Lage ist, den Betrieb der kleinen Anschlußbahn billiger und leichter zu führen als der Bahneigentümer selbst, da das Hinzutreten der kleinen Anschlußbahn die Verwaltungskosten der Hauptbahn nur unwesentlich erhöht und manche andere Kosten, wie beispielsweise die Beschaffung eines eigenen Fahrparks, bisweilen wegfallen können. Insbesondere werden Neben- und Lokalbahnen, deren Finanzierung nur durch eine Mitbeteiligung des Staates, anderer Körperschaften oder der Interessenten möglich war, nur dann ohne weitere Mehrbelastung dieser Interessenten betrieben werden können, wenn ihre Betriebsführung von der großen Anschlußbahn einfach mitgenommen wird, ohne daß die Anschlußbahn eine größere Entschädigung verlangt, als eine solche, die ihren eigenen Selbstkosten entspricht. Denn viele Lokalbahnen, die vom Standpunkte des Privatkapitals als nicht gewinnbringend erscheinen, werden vom volkswirtschaftlichen Standpunkte als Notwendigkeit bezeichnet, so daß vielfach die Betriebsübernahme durch die anschließende Hauptbahn der Lokalbahn die Lebensmöglichkeit verschafft. Insbesondere werden daher die Staatsbahnen die Aufgabe haben, die Betriebsführung solcher kleinen Anschlußbahnen entweder selbst zu übernehmen, oder auf geeignete Weise – wie etwa bei Konzessionserteilungen oder Erweiterungen – große Hauptbahnen verpflichten, den Betrieb kleiner Anschlußbahnen gegen eine billige Entschädigung selbst zu übernehmen. Die Hauptbahn wird dies um so leichter tun können, da die zu eröffnende Lokalbahn auf ihren eigenen Verkehr befruchtend wirken kann. Vielfach wird für diese Nebenbahnen ein auf den Abschluß von Betriebsüberlassungsverträgen hinzielender Kontrahierungszwang in den Konzessionserteilungen festgelegt. Derartige Betriebsübernahmen kommen im größeren oder kleineren Umfang in allen Ländern vor. Sehr zahlreich sind diese Fälle in Österreich und in Ungarn, wo die Staatsbahnen eine große Zahl von Lokalbahnen betreiben und zumeist schon in der Konzessionserteilung der Vorbehalt der Betriebsübernahme durch den Staat ausgesprochen ist; ferner in Belgien. Die schweizerischen Bundesbahnen betreiben zufolge Eintritts in die noch von den früheren Privatbahngesellschaften abgeschlossenen B. mehrere Nebenbahnen, so die Traverstalbahn, die Nebenbahnen Bière-Apples-Morges, Bulle-Romont, Cossonay Bahnhof-Stadt, Visp-Cermatt, Puntrut-Bonfol, aber auch seit der im Jahre 1902 durchgeführten Verstaatlichung der Schweizer Bahnen haben die Bundesbahnen den Betrieb mehrerer Lokalbahnen übernommen. Nicht minder zahlreich sind die Fälle in England, wo die Privatbahngesellschaften eine Reihe kleinerer Bahnen betreiben, so die Great Western Railway allein über 60. Weniger häufig sind derartige Betriebsübernahmen in den deutschen Bundesstaaten, doch kommen sie auch dort vor; so betreiben die preußischen Staatsbahnen die der Kreis Oldenburger Eisenbahngesellschaft gehörige Strecke Neustadt i. H.-Oldenburg i. H.-Heiligenhofen, die Ilmbahn, die Farge-Vegesaker Eisenbahn und die Birkenfelder Zweigbahn auf Rechnung der Eigentümer. 3. Der Staat übernimmt den Betrieb größerer Privatbahnkomplexe aus eisenbahnpolitischen Gründen und führt den Betrieb entweder auf Rechnung der Eigentümer oder auf eigene Rechnung gegen Zahlung einer Vergütung an die Bahneigentümer. Diese Maßnahme bildet vielfach eine Vorstufe der Verstaatlichung. Eine der ältesten derartigen Betriebsübernahmen war die der Bergisch-Märkischen Bahn (1850); in Preußen folgten dann weitere Betriebsübernahmen durch den Staat, so z. B. der oberschlesischen Bahn (1856), der Rhein-Nahe-Bahn (1856), der Halle-Sorau-Guben-Bahn (1875), der Berlin-Dresdener Bahn (1877) u. s. w. In den Verträgen, die Preußen später mit den Privatgesellschaften über den staatlichen Erwerb der Linien abschloß, wurde gewöhnlich vereinbart, daß die Betriebsübernahme durch den Staat sofort, dagegen der Übergang in das Eigentum des Staates zu einem späteren Zeitpunkte zu erfolgen hätte. Auch in Österreich erfolgten seit dem Wiederaufleben des Staatsbahngedankens in zahlreichen Fällen Betriebsübernahmen von Privatbahnen durch den Staat. Diese Übernahmen erfolgten entweder auf Grund eines gütlichen Übereinkommens oder auf Grund des Gesetzes vom 14. Dezember 1877, das die besonderen Rechtsverhältnisse der die staatliche Zinsgarantie genießenden Bahnen ordnet. Dieses Gesetz, das eine zwangsweise Betriebsübernahme von Bahnen, die 5 Jahre hintereinander mehr als die Hälfte des garantierten Erträgnisses in Form von staatlichen Vorschüssen anzusprechen genötigt sind, durch den Staat vorsieht, hat als Vorläufer bei den Verstaatlichungen der Eisenbahnen eine große Rolle gespielt. Auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes erfolgte die Betriebsübernahme der

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/357>, abgerufen am 22.12.2024.