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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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in der wirtschaftlichen Entwicklung der "Brazil Ry." zeigt.

Die zurzeit schwebenden Neubaupläne beziehen sich insbesondere auf Erschließung der weiteren Gebiete von Gojaz und Matto Grosso und auf Herstellung einer Verbindung mit Bolivien, Uruguay und Paraguay. Zur Förderung des Eisenbahnnetzes in den Staaten Rio de Janeiro, Minas Geraes und Espirito Santo ist mit der Leopoldiner Eisenbahngesellschaft ein Vertrag abgeschlossen worden. Darnach wird die Bahn unter Zusicherung von Zollbegünstigungen ihr Eisenbahnnetz in diesen Staaten weiter ausbauen. Anschließend sind Vorarbeiten für die Verbindung der Nordstaaten (Bahia u. s. w.) mit den Mittelstaaten (Rio de Janeiro) ausgeführt worden. Die Linie soll von Derubadiuha im nördlichen Minas Geraes nach Santa Anna in Bahia führen und würde rund 1100 km lang sein. Es erscheint aber zweifelhaft, ob diese Linie bei den günstigen Schiffahrtsverhältnissen zu stande kommen wird.

In den Mittelstaaten dringt die Mogyanabahn bis an die Grenze von Gojaz vor. Von dort ab will eine neugegründete Gesellschaft die Hauptstadt des Staates Gojaz erreichen.

Ein Gebiet, das schon seit jeher günstige Verbindungen mit dem Meere erstrebt, ist das über 16 Breitegrade sich erstreckende Matto Grosso. Am wahrscheinlichsten ist hier die Erreichung Corumbas von Bauru aus, einem Endpunkt der Sorocobanabahn, durch die dort beginnende und im Bau befindliche Noroeste do Brasil. Die noch zu erbauende Strecke ist fast 1400 km lang und würde etwa 150 Mill. M. kosten. An der Bahn ist in den letzten Jahren sehr eifrig gebaut worden (vgl. Tabelle S. 487, Die Bauru-Anhangahy-Bahn), der erste Teil (eröffnet 1911) reicht von Bauru nach Itopara am Parana und mißt 437 km. Diese Teilstrecke genießt eine Zinsgarantie von 6%, aber nur soweit, als die Kosten rund 38.000 M. f. d. km nicht übersteigen. Die zweite Strecke reicht von Itopara nach Porto Esperanza. Sie wird auf Kosten der Bundesregierung gebaut. Hier bieten die Sümpfe des Paraguay (40 km) ein großes Hindernis. Bisher sind von Porto Esperanza 250 km und vom Parana (Itopara) aus 150 km vollendet. Das sind etwa 40% der gesamten Teilstrecke von 966 km. Durch sie würde Bolivien auf kürzestem Wege mit dem Atlantischen Ozean verbunden. Ein anderes Projekt will Matto Grosso von Bibeirosiwa aus, dem Endpunkt der Paulistabahn, erreichen.

Aussicht auf baldige Vollendung hat die Verbindung Rio de Janeiro mit Rio Grande do Sul und Uruguay. Die Regierung ist eifrig bestrebt, den Bau dieser Bahn zu fördern. Mittels dieser Bahn würde man in kurzer Zeit von Montevideo nach Rio de Janeiro gelangen und wäre nicht mehr auf den Seeweg angewiesen. Die Bahn hat dadurch besondere Bedeutung, daß die Mittelstaaten Brasiliens (Rio de Janeiro u. s. w.) auf die Einfuhr von Lebensmitteln (Getreide, Fleisch u. s. w.) angewiesen sind, die sie zum großen Teil aus Argentinien, Uruguay und den Südstaaten beziehen. Diese Sendungen würden der Bahn zufallen. In den letzten Jahren (1908-1910) ist das Netz der Sorocobana-Bahn um fast 200 km vergrößert worden. Gleichzeitig sind auch die Gleise der anschließenden Sao Paulo-Rio-Bahn (Tabelle S. 487) verlängert worden. Das wichtigste Bindeglied, das für die durchgehende Verbindung von Sao Paulo nach Montevideo noch fehlt, ist die Überbrückung des Uruguay. Nach Fertigstellung der Bahn wird man die 2750 km lange Strecke von Porto Alegre nach Rio de Janeiro in 96 Stunden zurücklegen können. Die Verbindung Porto Alegres mit Montevideo ist bereits durch Ausbau der bisher fehlenden Strecke von Cacequi nach S. Anna de Livramento hergestellt. Die Fahrt dauert 3 Tage.

IV. Verwaltung, Verkehr und Betrieb der Eisenbahnen.

Die Verwaltung ist bei allen Bahnen ziemlich gleich.

An der Spitze steht ein Leiter, meist Superintendent genannt, dem 4 Abteilungsvorstände u. zw.: für 1. den Betrieb, 2. die Linie (Bau), 3. die Lokomotiven und Wagen und 4. die Finanzen und Tarife unterstellt sind.

Bei der Compagnia Paulista besteht die Betriebsleitung aus 2 Abteilungen, einer für die für die 1-m-Spur und einer für die Breitspur.

Was die Verkehrsverhältnisse anbelangt (vgl. Tabelle S. 487), so ist die Stärke des Personenverkehrs sehr verschieden. Während auf der Zentralbahn infolge des regen Vorortverkehrs (der 90% des gesamten Verkehrs ausmacht) durchschnittlich 12.500 Personen auf 1 km im Jahre befördert werden, kommen auf der Bahn San Francisco nur 45 Personen auf das km. Nächst der Zentralbahn weist die Bahn von Santos nach Sao Paulo den stärksten Personenverkehr auf.

Der Güterverkehr ist bei der Sao Paulo-Bahn bei weitem am stärksten. Dies erklärt sich daraus, daß alle Bahnen des Staates Sao Paulo in diese eine Bahn einmünden und ihr so der gesamte Verkehr dieses hoch entwickelten und besonders für die Kaffeeerzeugung wichtigen Staates zufällt.

Die Tarife sind im Personenverkehr im allgemeinen beträchtlich höher als in Deutschland, da man der dortigen ersten Klasse höchstens die zweite und der dortigen zweiten Klasse die dritte Klasse deutscher Bahnen gleichstellen kann. (I. Kl. durchschnittlich 6-10 Pf. und II. Kl. 2·5-5 Pf, f. d. km, gegen 7·9 Pf. und 4·8 Pf. f. d. km in Deutschland.)

Der Betrieb der brasilianischen Eisenbahnen leidet sehr unter dem Mangel einer einheitlichen Spurweite. Trotz des gebirgigen Charakters des Landes wurden die ersten Bahnen mit Breitspur (1·6 m) gebaut. Diese war in den weiten ebenen Gebieten Argentiniens wohl am Platze, in Brasilien aber durchaus unzweckmäßig.

Je schwieriger es nun wurde, für die Fortführung der Bahnen Baukapital zu bekommen und eine gute Verzinsung zu erzielen, um so mehr erkannte man den Fehler, den man mit der Wahl der Breitspur gemacht hatte. Man ging daher dazu über, beim Ausbau der vorhandenen und beim Bau neuer Linien nur noch die Schmalspur (1·0 m) anzuwenden. Die Baukosten wurden dadurch beträchtlich ermäßigt. Dafür ergab sich aber der Nachteil,

in der wirtschaftlichen Entwicklung der „Brazil Ry.“ zeigt.

Die zurzeit schwebenden Neubaupläne beziehen sich insbesondere auf Erschließung der weiteren Gebiete von Gojaz und Matto Grosso und auf Herstellung einer Verbindung mit Bolivien, Uruguay und Paraguay. Zur Förderung des Eisenbahnnetzes in den Staaten Rio de Janeiro, Minas Geraes und Espirito Santo ist mit der Leopoldiner Eisenbahngesellschaft ein Vertrag abgeschlossen worden. Darnach wird die Bahn unter Zusicherung von Zollbegünstigungen ihr Eisenbahnnetz in diesen Staaten weiter ausbauen. Anschließend sind Vorarbeiten für die Verbindung der Nordstaaten (Bahia u. s. w.) mit den Mittelstaaten (Rio de Janeiro) ausgeführt worden. Die Linie soll von Derubadiuha im nördlichen Minas Geraes nach Santa Anna in Bahia führen und würde rund 1100 km lang sein. Es erscheint aber zweifelhaft, ob diese Linie bei den günstigen Schiffahrtsverhältnissen zu stande kommen wird.

In den Mittelstaaten dringt die Mogyanabahn bis an die Grenze von Gojaz vor. Von dort ab will eine neugegründete Gesellschaft die Hauptstadt des Staates Gojaz erreichen.

Ein Gebiet, das schon seit jeher günstige Verbindungen mit dem Meere erstrebt, ist das über 16 Breitegrade sich erstreckende Matto Grosso. Am wahrscheinlichsten ist hier die Erreichung Corumbas von Bauru aus, einem Endpunkt der Sorocobanabahn, durch die dort beginnende und im Bau befindliche Noroeste do Brasil. Die noch zu erbauende Strecke ist fast 1400 km lang und würde etwa 150 Mill. M. kosten. An der Bahn ist in den letzten Jahren sehr eifrig gebaut worden (vgl. Tabelle S. 487, Die Bauru-Anhangahy-Bahn), der erste Teil (eröffnet 1911) reicht von Bauru nach Itopara am Parana und mißt 437 km. Diese Teilstrecke genießt eine Zinsgarantie von 6%, aber nur soweit, als die Kosten rund 38.000 M. f. d. km nicht übersteigen. Die zweite Strecke reicht von Itopara nach Porto Esperanza. Sie wird auf Kosten der Bundesregierung gebaut. Hier bieten die Sümpfe des Paraguay (40 km) ein großes Hindernis. Bisher sind von Porto Esperanza 250 km und vom Parana (Itopara) aus 150 km vollendet. Das sind etwa 40% der gesamten Teilstrecke von 966 km. Durch sie würde Bolivien auf kürzestem Wege mit dem Atlantischen Ozean verbunden. Ein anderes Projekt will Matto Grosso von Bibeirosiwa aus, dem Endpunkt der Paulistabahn, erreichen.

Aussicht auf baldige Vollendung hat die Verbindung Rio de Janeiro mit Rio Grande do Sul und Uruguay. Die Regierung ist eifrig bestrebt, den Bau dieser Bahn zu fördern. Mittels dieser Bahn würde man in kurzer Zeit von Montevideo nach Rio de Janeiro gelangen und wäre nicht mehr auf den Seeweg angewiesen. Die Bahn hat dadurch besondere Bedeutung, daß die Mittelstaaten Brasiliens (Rio de Janeiro u. s. w.) auf die Einfuhr von Lebensmitteln (Getreide, Fleisch u. s. w.) angewiesen sind, die sie zum großen Teil aus Argentinien, Uruguay und den Südstaaten beziehen. Diese Sendungen würden der Bahn zufallen. In den letzten Jahren (1908–1910) ist das Netz der Sorocobana-Bahn um fast 200 km vergrößert worden. Gleichzeitig sind auch die Gleise der anschließenden Sao Paulo-Rio-Bahn (Tabelle S. 487) verlängert worden. Das wichtigste Bindeglied, das für die durchgehende Verbindung von Sao Paulo nach Montevideo noch fehlt, ist die Überbrückung des Uruguay. Nach Fertigstellung der Bahn wird man die 2750 km lange Strecke von Porto Alegre nach Rio de Janeiro in 96 Stunden zurücklegen können. Die Verbindung Porto Alegres mit Montevideo ist bereits durch Ausbau der bisher fehlenden Strecke von Cacequi nach S. Anna de Livramento hergestellt. Die Fahrt dauert 3 Tage.

IV. Verwaltung, Verkehr und Betrieb der Eisenbahnen.

Die Verwaltung ist bei allen Bahnen ziemlich gleich.

An der Spitze steht ein Leiter, meist Superintendent genannt, dem 4 Abteilungsvorstände u. zw.: für 1. den Betrieb, 2. die Linie (Bau), 3. die Lokomotiven und Wagen und 4. die Finanzen und Tarife unterstellt sind.

Bei der Compagnia Paulista besteht die Betriebsleitung aus 2 Abteilungen, einer für die für die 1-m-Spur und einer für die Breitspur.

Was die Verkehrsverhältnisse anbelangt (vgl. Tabelle S. 487), so ist die Stärke des Personenverkehrs sehr verschieden. Während auf der Zentralbahn infolge des regen Vorortverkehrs (der 90% des gesamten Verkehrs ausmacht) durchschnittlich 12.500 Personen auf 1 km im Jahre befördert werden, kommen auf der Bahn San Francisco nur 45 Personen auf das km. Nächst der Zentralbahn weist die Bahn von Santos nach Sao Paulo den stärksten Personenverkehr auf.

Der Güterverkehr ist bei der Sao Paulo-Bahn bei weitem am stärksten. Dies erklärt sich daraus, daß alle Bahnen des Staates Sao Paulo in diese eine Bahn einmünden und ihr so der gesamte Verkehr dieses hoch entwickelten und besonders für die Kaffeeerzeugung wichtigen Staates zufällt.

Die Tarife sind im Personenverkehr im allgemeinen beträchtlich höher als in Deutschland, da man der dortigen ersten Klasse höchstens die zweite und der dortigen zweiten Klasse die dritte Klasse deutscher Bahnen gleichstellen kann. (I. Kl. durchschnittlich 6–10 Pf. und II. Kl. 2·5–5 Pf, f. d. km, gegen 7·9 Pf. und 4·8 Pf. f. d. km in Deutschland.)

Der Betrieb der brasilianischen Eisenbahnen leidet sehr unter dem Mangel einer einheitlichen Spurweite. Trotz des gebirgigen Charakters des Landes wurden die ersten Bahnen mit Breitspur (1·6 m) gebaut. Diese war in den weiten ebenen Gebieten Argentiniens wohl am Platze, in Brasilien aber durchaus unzweckmäßig.

Je schwieriger es nun wurde, für die Fortführung der Bahnen Baukapital zu bekommen und eine gute Verzinsung zu erzielen, um so mehr erkannte man den Fehler, den man mit der Wahl der Breitspur gemacht hatte. Man ging daher dazu über, beim Ausbau der vorhandenen und beim Bau neuer Linien nur noch die Schmalspur (1·0 m) anzuwenden. Die Baukosten wurden dadurch beträchtlich ermäßigt. Dafür ergab sich aber der Nachteil,

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[486/0499] in der wirtschaftlichen Entwicklung der „Brazil Ry.“ zeigt. Die zurzeit schwebenden Neubaupläne beziehen sich insbesondere auf Erschließung der weiteren Gebiete von Gojaz und Matto Grosso und auf Herstellung einer Verbindung mit Bolivien, Uruguay und Paraguay. Zur Förderung des Eisenbahnnetzes in den Staaten Rio de Janeiro, Minas Geraes und Espirito Santo ist mit der Leopoldiner Eisenbahngesellschaft ein Vertrag abgeschlossen worden. Darnach wird die Bahn unter Zusicherung von Zollbegünstigungen ihr Eisenbahnnetz in diesen Staaten weiter ausbauen. Anschließend sind Vorarbeiten für die Verbindung der Nordstaaten (Bahia u. s. w.) mit den Mittelstaaten (Rio de Janeiro) ausgeführt worden. Die Linie soll von Derubadiuha im nördlichen Minas Geraes nach Santa Anna in Bahia führen und würde rund 1100 km lang sein. Es erscheint aber zweifelhaft, ob diese Linie bei den günstigen Schiffahrtsverhältnissen zu stande kommen wird. In den Mittelstaaten dringt die Mogyanabahn bis an die Grenze von Gojaz vor. Von dort ab will eine neugegründete Gesellschaft die Hauptstadt des Staates Gojaz erreichen. Ein Gebiet, das schon seit jeher günstige Verbindungen mit dem Meere erstrebt, ist das über 16 Breitegrade sich erstreckende Matto Grosso. Am wahrscheinlichsten ist hier die Erreichung Corumbas von Bauru aus, einem Endpunkt der Sorocobanabahn, durch die dort beginnende und im Bau befindliche Noroeste do Brasil. Die noch zu erbauende Strecke ist fast 1400 km lang und würde etwa 150 Mill. M. kosten. An der Bahn ist in den letzten Jahren sehr eifrig gebaut worden (vgl. Tabelle S. 487, Die Bauru-Anhangahy-Bahn), der erste Teil (eröffnet 1911) reicht von Bauru nach Itopara am Parana und mißt 437 km. Diese Teilstrecke genießt eine Zinsgarantie von 6%, aber nur soweit, als die Kosten rund 38.000 M. f. d. km nicht übersteigen. Die zweite Strecke reicht von Itopara nach Porto Esperanza. Sie wird auf Kosten der Bundesregierung gebaut. Hier bieten die Sümpfe des Paraguay (40 km) ein großes Hindernis. Bisher sind von Porto Esperanza 250 km und vom Parana (Itopara) aus 150 km vollendet. Das sind etwa 40% der gesamten Teilstrecke von 966 km. Durch sie würde Bolivien auf kürzestem Wege mit dem Atlantischen Ozean verbunden. Ein anderes Projekt will Matto Grosso von Bibeirosiwa aus, dem Endpunkt der Paulistabahn, erreichen. Aussicht auf baldige Vollendung hat die Verbindung Rio de Janeiro mit Rio Grande do Sul und Uruguay. Die Regierung ist eifrig bestrebt, den Bau dieser Bahn zu fördern. Mittels dieser Bahn würde man in kurzer Zeit von Montevideo nach Rio de Janeiro gelangen und wäre nicht mehr auf den Seeweg angewiesen. Die Bahn hat dadurch besondere Bedeutung, daß die Mittelstaaten Brasiliens (Rio de Janeiro u. s. w.) auf die Einfuhr von Lebensmitteln (Getreide, Fleisch u. s. w.) angewiesen sind, die sie zum großen Teil aus Argentinien, Uruguay und den Südstaaten beziehen. Diese Sendungen würden der Bahn zufallen. In den letzten Jahren (1908–1910) ist das Netz der Sorocobana-Bahn um fast 200 km vergrößert worden. Gleichzeitig sind auch die Gleise der anschließenden Sao Paulo-Rio-Bahn (Tabelle S. 487) verlängert worden. Das wichtigste Bindeglied, das für die durchgehende Verbindung von Sao Paulo nach Montevideo noch fehlt, ist die Überbrückung des Uruguay. Nach Fertigstellung der Bahn wird man die 2750 km lange Strecke von Porto Alegre nach Rio de Janeiro in 96 Stunden zurücklegen können. Die Verbindung Porto Alegres mit Montevideo ist bereits durch Ausbau der bisher fehlenden Strecke von Cacequi nach S. Anna de Livramento hergestellt. Die Fahrt dauert 3 Tage. IV. Verwaltung, Verkehr und Betrieb der Eisenbahnen. Die Verwaltung ist bei allen Bahnen ziemlich gleich. An der Spitze steht ein Leiter, meist Superintendent genannt, dem 4 Abteilungsvorstände u. zw.: für 1. den Betrieb, 2. die Linie (Bau), 3. die Lokomotiven und Wagen und 4. die Finanzen und Tarife unterstellt sind. Bei der Compagnia Paulista besteht die Betriebsleitung aus 2 Abteilungen, einer für die für die 1-m-Spur und einer für die Breitspur. Was die Verkehrsverhältnisse anbelangt (vgl. Tabelle S. 487), so ist die Stärke des Personenverkehrs sehr verschieden. Während auf der Zentralbahn infolge des regen Vorortverkehrs (der 90% des gesamten Verkehrs ausmacht) durchschnittlich 12.500 Personen auf 1 km im Jahre befördert werden, kommen auf der Bahn San Francisco nur 45 Personen auf das km. Nächst der Zentralbahn weist die Bahn von Santos nach Sao Paulo den stärksten Personenverkehr auf. Der Güterverkehr ist bei der Sao Paulo-Bahn bei weitem am stärksten. Dies erklärt sich daraus, daß alle Bahnen des Staates Sao Paulo in diese eine Bahn einmünden und ihr so der gesamte Verkehr dieses hoch entwickelten und besonders für die Kaffeeerzeugung wichtigen Staates zufällt. Die Tarife sind im Personenverkehr im allgemeinen beträchtlich höher als in Deutschland, da man der dortigen ersten Klasse höchstens die zweite und der dortigen zweiten Klasse die dritte Klasse deutscher Bahnen gleichstellen kann. (I. Kl. durchschnittlich 6–10 Pf. und II. Kl. 2·5–5 Pf, f. d. km, gegen 7·9 Pf. und 4·8 Pf. f. d. km in Deutschland.) Der Betrieb der brasilianischen Eisenbahnen leidet sehr unter dem Mangel einer einheitlichen Spurweite. Trotz des gebirgigen Charakters des Landes wurden die ersten Bahnen mit Breitspur (1·6 m) gebaut. Diese war in den weiten ebenen Gebieten Argentiniens wohl am Platze, in Brasilien aber durchaus unzweckmäßig. Je schwieriger es nun wurde, für die Fortführung der Bahnen Baukapital zu bekommen und eine gute Verzinsung zu erzielen, um so mehr erkannte man den Fehler, den man mit der Wahl der Breitspur gemacht hatte. Man ging daher dazu über, beim Ausbau der vorhandenen und beim Bau neuer Linien nur noch die Schmalspur (1·0 m) anzuwenden. Die Baukosten wurden dadurch beträchtlich ermäßigt. Dafür ergab sich aber der Nachteil,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/499>, abgerufen am 16.07.2024.