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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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bis zum Jahre 1861 teilweise einen Umschwung.

Als die Regierung 1861 dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Vervollständigung und Ausdehnung der bayerischen Staatseisenbahnen übergab, in dem der Bau der Linien

Nördlingen-Württemberger Grenze,

Ansbach-Würzburg und

München-Ingolstadt

auf Staatskosten beantragt war, wurden nicht nur die beiden erstgenannten Linien genehmigt, sondern auf Antrag des Abgeordneten Schlör auch noch die Linie Nürnberg-Würzburg beigefügt, und die Linie München-Ingolstadt nur deshalb zurückgestellt, weil es zweifelhaft erschien, ob Ingolstadt am zweckmäßigsten durch eine Bahnlinie von Süd nach Nord oder durch eine solche von West nach Ost mit dem Bahnnetze verbunden werde.

In derselben Kammersession kam auch noch das Gesetz über den Bau einer Eisenbahn von Würzburg an die badische Grenze gegen Heidelberg auf Staatskosten zu stande.

Eröffnet wurde

1863 die Linie Nördlingen-Grenze gegen Württemberg,

1864 die Linie Ansbach-Würzburg,

1865 die Linie Nürnberg-Würzburg,

1866 die Linie Würzburg-badische Grenze gegen Heidelberg.

Im Jahre 1863 wurden vom Landtage die Mittel für den Bau der Linien

München-Ingolstadt-Gunzenhausen (eröffnet 1867-1870),

Treuchtlingen-Pleinfeld (eröffnet 1869),

München-Simbach (eröffnet 1871),

Freilassing-Reichenhall (eröffnet 1866) und

Lindau-Grenze gegen Bregenz (eröffnet 1872) bewilligt.

Weitere staatliche Hauptbahngesetze 1867-1869. Mit dem Jahre 1865 beginnt eine neue Epoche des bayerischen Staatsbahnbaues.

In der ersten Zeit des Eisenbahnbaues hatte man die handelspolitische, volkswirtschaftliche und militärische Bedeutung der Schienenwege teilweise unterschätzt und war selbst bei den Verbindungen mit Nachbarstaaten bestrebt, ohne Rücksicht auf die Entfernungen und die Betriebsverhältnisse, möglichst viele Städte miteinander zu verbinden, wodurch vielfach bedeutende Umwege entstanden.

In der Erkenntnis, daß der Bahnbau planmäßiger erfolgen müsse, wurden schon 1862 technische Erhebungen zur Ausarbeitung eines einheitlichen Bahnnetzes angestellt.

Als der Landtag im Jahre 1865 den Beschluß faßte, die Regierung um Ausarbeitung und Vorlage eines vollständigen Eisenbahnnetzes anzugehen, wurde bei der Generaldirektion der Verkehrsanstalten eine besondere Bauabteilung und ein Projektierungsbureau errichtet.

Nachdem sodann zunächst 1867 die Bahnlinie Schweinfurt-Bad Kissingen (eröffnet 1871) und 1868 die Linie München-Grafing-Rosenheim (eröffnet 1871), vom Landtag genehmigt worden war, wurde nach längeren Verhandlungen im Landtag durch Gesetz vom 29. April 1869 die bedeutende Summe von 157,714.000 M. für 10 weitere sofort zu erbauende Bahnen bewilligt. Dieses Gesetz war sowohl nach der Zahl der Bahnen als der Größe der Bausumme das bedeutendste, das je in Bayern über Eisenbahnen erlassen worden ist. Es verfügte den Bau der nachstehenden Bahnlinien:

1. von Regensburg über Donauwörth bis zur Maxbahn bei Neuoffingen (1876),

2. von Nürnberg über Ansbach nach Crailsheim (1875),

3. von Ebenhausen nach Meiningen (1874),

4. von Gemünden durch das Sinntal zur Grenze bei Jossa (1872),

5. von München nach Buchloe-Memmingen-Grenze (1872-1874),

6. von Aschaffenburg nach Miltenberg (1876),

7. von Ingolstadt nach Augsburg (1875),

8. von Rosenheim nach Mühldorf (1876),

9. von Nürnberg über Hersbruck nach Bayreuth (1877),

10. von Wassertrüdingen nach Dinkelsbühl, letztere Linie später mit dem Ausgangspunkt Nördlingen statt Wassertrüdingen ausgeführt (eröffnet 1876).

Außerdem enthielt das Gesetz vom 29. April 1869 auch Bestimmungen über die Herstellung von sog. Vizinalbahnen (s. u. Ziff. 5 a) und über die Bewilligung von Mitteln für die Vervollständigung bereits bestehender Bahnanlagen.

Verstaatlichung der Linien der kgl. priv. Aktiengesellschaft der bayerischen Ostbahnen. Das allerorts auftretende Bestreben, die Eisenbahnen zu verstaatlichen, und insbesondere der Wunsch, den Wettbewerb zwischen den Staats- und Ostbahnen nicht nur im Betriebe sondern auch im Bau neuer Linien zu beseitigen und dann die Möglichkeit, durch einheitliche Verwaltung Minderungen der Ausgaben zu erreichen, führte zu dem Beschlüsse der Abgeordnetenkammer vom 13. Juli 1874, es sei die Staatsregierung zu veranlassen, mit der Aktiengesellschaft der Ostbahnen über die Erwerbung dieser Bahnen zu unterhandeln und dem nächsten Landtag eine geeignete Vorlage zu machen.

Diese Vorlage erfolgte alsbald und bereits mit Gesetz vom 15. April 1875 wurde die Regierung zur Erwerbung der Ostbahnen ermächtigt. Die Verstaatlichung wurde noch am Schlüsse desselben Jahres durchgeführt.

bis zum Jahre 1861 teilweise einen Umschwung.

Als die Regierung 1861 dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Vervollständigung und Ausdehnung der bayerischen Staatseisenbahnen übergab, in dem der Bau der Linien

Nördlingen-Württemberger Grenze,

Ansbach-Würzburg und

München-Ingolstadt

auf Staatskosten beantragt war, wurden nicht nur die beiden erstgenannten Linien genehmigt, sondern auf Antrag des Abgeordneten Schlör auch noch die Linie Nürnberg-Würzburg beigefügt, und die Linie München-Ingolstadt nur deshalb zurückgestellt, weil es zweifelhaft erschien, ob Ingolstadt am zweckmäßigsten durch eine Bahnlinie von Süd nach Nord oder durch eine solche von West nach Ost mit dem Bahnnetze verbunden werde.

In derselben Kammersession kam auch noch das Gesetz über den Bau einer Eisenbahn von Würzburg an die badische Grenze gegen Heidelberg auf Staatskosten zu stande.

Eröffnet wurde

1863 die Linie Nördlingen-Grenze gegen Württemberg,

1864 die Linie Ansbach-Würzburg,

1865 die Linie Nürnberg-Würzburg,

1866 die Linie Würzburg-badische Grenze gegen Heidelberg.

Im Jahre 1863 wurden vom Landtage die Mittel für den Bau der Linien

München-Ingolstadt-Gunzenhausen (eröffnet 1867–1870),

Treuchtlingen-Pleinfeld (eröffnet 1869),

München-Simbach (eröffnet 1871),

Freilassing-Reichenhall (eröffnet 1866) und

Lindau-Grenze gegen Bregenz (eröffnet 1872) bewilligt.

Weitere staatliche Hauptbahngesetze 1867–1869. Mit dem Jahre 1865 beginnt eine neue Epoche des bayerischen Staatsbahnbaues.

In der ersten Zeit des Eisenbahnbaues hatte man die handelspolitische, volkswirtschaftliche und militärische Bedeutung der Schienenwege teilweise unterschätzt und war selbst bei den Verbindungen mit Nachbarstaaten bestrebt, ohne Rücksicht auf die Entfernungen und die Betriebsverhältnisse, möglichst viele Städte miteinander zu verbinden, wodurch vielfach bedeutende Umwege entstanden.

In der Erkenntnis, daß der Bahnbau planmäßiger erfolgen müsse, wurden schon 1862 technische Erhebungen zur Ausarbeitung eines einheitlichen Bahnnetzes angestellt.

Als der Landtag im Jahre 1865 den Beschluß faßte, die Regierung um Ausarbeitung und Vorlage eines vollständigen Eisenbahnnetzes anzugehen, wurde bei der Generaldirektion der Verkehrsanstalten eine besondere Bauabteilung und ein Projektierungsbureau errichtet.

Nachdem sodann zunächst 1867 die Bahnlinie Schweinfurt-Bad Kissingen (eröffnet 1871) und 1868 die Linie München-Grafing-Rosenheim (eröffnet 1871), vom Landtag genehmigt worden war, wurde nach längeren Verhandlungen im Landtag durch Gesetz vom 29. April 1869 die bedeutende Summe von 157,714.000 M. für 10 weitere sofort zu erbauende Bahnen bewilligt. Dieses Gesetz war sowohl nach der Zahl der Bahnen als der Größe der Bausumme das bedeutendste, das je in Bayern über Eisenbahnen erlassen worden ist. Es verfügte den Bau der nachstehenden Bahnlinien:

1. von Regensburg über Donauwörth bis zur Maxbahn bei Neuoffingen (1876),

2. von Nürnberg über Ansbach nach Crailsheim (1875),

3. von Ebenhausen nach Meiningen (1874),

4. von Gemünden durch das Sinntal zur Grenze bei Jossa (1872),

5. von München nach Buchloe-Memmingen-Grenze (1872–1874),

6. von Aschaffenburg nach Miltenberg (1876),

7. von Ingolstadt nach Augsburg (1875),

8. von Rosenheim nach Mühldorf (1876),

9. von Nürnberg über Hersbruck nach Bayreuth (1877),

10. von Wassertrüdingen nach Dinkelsbühl, letztere Linie später mit dem Ausgangspunkt Nördlingen statt Wassertrüdingen ausgeführt (eröffnet 1876).

Außerdem enthielt das Gesetz vom 29. April 1869 auch Bestimmungen über die Herstellung von sog. Vizinalbahnen (s. u. Ziff. 5 a) und über die Bewilligung von Mitteln für die Vervollständigung bereits bestehender Bahnanlagen.

Verstaatlichung der Linien der kgl. priv. Aktiengesellschaft der bayerischen Ostbahnen. Das allerorts auftretende Bestreben, die Eisenbahnen zu verstaatlichen, und insbesondere der Wunsch, den Wettbewerb zwischen den Staats- und Ostbahnen nicht nur im Betriebe sondern auch im Bau neuer Linien zu beseitigen und dann die Möglichkeit, durch einheitliche Verwaltung Minderungen der Ausgaben zu erreichen, führte zu dem Beschlüsse der Abgeordnetenkammer vom 13. Juli 1874, es sei die Staatsregierung zu veranlassen, mit der Aktiengesellschaft der Ostbahnen über die Erwerbung dieser Bahnen zu unterhandeln und dem nächsten Landtag eine geeignete Vorlage zu machen.

Diese Vorlage erfolgte alsbald und bereits mit Gesetz vom 15. April 1875 wurde die Regierung zur Erwerbung der Ostbahnen ermächtigt. Die Verstaatlichung wurde noch am Schlüsse desselben Jahres durchgeführt.

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[49/0057] bis zum Jahre 1861 teilweise einen Umschwung. Als die Regierung 1861 dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Vervollständigung und Ausdehnung der bayerischen Staatseisenbahnen übergab, in dem der Bau der Linien Nördlingen-Württemberger Grenze, Ansbach-Würzburg und München-Ingolstadt auf Staatskosten beantragt war, wurden nicht nur die beiden erstgenannten Linien genehmigt, sondern auf Antrag des Abgeordneten Schlör auch noch die Linie Nürnberg-Würzburg beigefügt, und die Linie München-Ingolstadt nur deshalb zurückgestellt, weil es zweifelhaft erschien, ob Ingolstadt am zweckmäßigsten durch eine Bahnlinie von Süd nach Nord oder durch eine solche von West nach Ost mit dem Bahnnetze verbunden werde. In derselben Kammersession kam auch noch das Gesetz über den Bau einer Eisenbahn von Würzburg an die badische Grenze gegen Heidelberg auf Staatskosten zu stande. Eröffnet wurde 1863 die Linie Nördlingen-Grenze gegen Württemberg, 1864 die Linie Ansbach-Würzburg, 1865 die Linie Nürnberg-Würzburg, 1866 die Linie Würzburg-badische Grenze gegen Heidelberg. Im Jahre 1863 wurden vom Landtage die Mittel für den Bau der Linien München-Ingolstadt-Gunzenhausen (eröffnet 1867–1870), Treuchtlingen-Pleinfeld (eröffnet 1869), München-Simbach (eröffnet 1871), Freilassing-Reichenhall (eröffnet 1866) und Lindau-Grenze gegen Bregenz (eröffnet 1872) bewilligt. Weitere staatliche Hauptbahngesetze 1867–1869. Mit dem Jahre 1865 beginnt eine neue Epoche des bayerischen Staatsbahnbaues. In der ersten Zeit des Eisenbahnbaues hatte man die handelspolitische, volkswirtschaftliche und militärische Bedeutung der Schienenwege teilweise unterschätzt und war selbst bei den Verbindungen mit Nachbarstaaten bestrebt, ohne Rücksicht auf die Entfernungen und die Betriebsverhältnisse, möglichst viele Städte miteinander zu verbinden, wodurch vielfach bedeutende Umwege entstanden. In der Erkenntnis, daß der Bahnbau planmäßiger erfolgen müsse, wurden schon 1862 technische Erhebungen zur Ausarbeitung eines einheitlichen Bahnnetzes angestellt. Als der Landtag im Jahre 1865 den Beschluß faßte, die Regierung um Ausarbeitung und Vorlage eines vollständigen Eisenbahnnetzes anzugehen, wurde bei der Generaldirektion der Verkehrsanstalten eine besondere Bauabteilung und ein Projektierungsbureau errichtet. Nachdem sodann zunächst 1867 die Bahnlinie Schweinfurt-Bad Kissingen (eröffnet 1871) und 1868 die Linie München-Grafing-Rosenheim (eröffnet 1871), vom Landtag genehmigt worden war, wurde nach längeren Verhandlungen im Landtag durch Gesetz vom 29. April 1869 die bedeutende Summe von 157,714.000 M. für 10 weitere sofort zu erbauende Bahnen bewilligt. Dieses Gesetz war sowohl nach der Zahl der Bahnen als der Größe der Bausumme das bedeutendste, das je in Bayern über Eisenbahnen erlassen worden ist. Es verfügte den Bau der nachstehenden Bahnlinien: 1. von Regensburg über Donauwörth bis zur Maxbahn bei Neuoffingen (1876), 2. von Nürnberg über Ansbach nach Crailsheim (1875), 3. von Ebenhausen nach Meiningen (1874), 4. von Gemünden durch das Sinntal zur Grenze bei Jossa (1872), 5. von München nach Buchloe-Memmingen-Grenze (1872–1874), 6. von Aschaffenburg nach Miltenberg (1876), 7. von Ingolstadt nach Augsburg (1875), 8. von Rosenheim nach Mühldorf (1876), 9. von Nürnberg über Hersbruck nach Bayreuth (1877), 10. von Wassertrüdingen nach Dinkelsbühl, letztere Linie später mit dem Ausgangspunkt Nördlingen statt Wassertrüdingen ausgeführt (eröffnet 1876). Außerdem enthielt das Gesetz vom 29. April 1869 auch Bestimmungen über die Herstellung von sog. Vizinalbahnen (s. u. Ziff. 5 a) und über die Bewilligung von Mitteln für die Vervollständigung bereits bestehender Bahnanlagen. Verstaatlichung der Linien der kgl. priv. Aktiengesellschaft der bayerischen Ostbahnen. Das allerorts auftretende Bestreben, die Eisenbahnen zu verstaatlichen, und insbesondere der Wunsch, den Wettbewerb zwischen den Staats- und Ostbahnen nicht nur im Betriebe sondern auch im Bau neuer Linien zu beseitigen und dann die Möglichkeit, durch einheitliche Verwaltung Minderungen der Ausgaben zu erreichen, führte zu dem Beschlüsse der Abgeordnetenkammer vom 13. Juli 1874, es sei die Staatsregierung zu veranlassen, mit der Aktiengesellschaft der Ostbahnen über die Erwerbung dieser Bahnen zu unterhandeln und dem nächsten Landtag eine geeignete Vorlage zu machen. Diese Vorlage erfolgte alsbald und bereits mit Gesetz vom 15. April 1875 wurde die Regierung zur Erwerbung der Ostbahnen ermächtigt. Die Verstaatlichung wurde noch am Schlüsse desselben Jahres durchgeführt.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/57>, abgerufen am 16.07.2024.