Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.Millionen wurden für Neuanlagen von Rangier-, Güter- und Personenbahnhöfen sowie von Werkstätten aufgewendet. Aus der Zahl der völlig erneuerten Bahnhöfe wäre vor allem der Dresdener zu nennen, der lange Zeit hindurch als der schönste deutsche Personenbahnhof galt, freilich auch mit allen Nebenanlagen den ungewöhnlich hohen Kostenaufwand von rund 70 Millionen verursacht hat. Als stolzestes Denkmal des Eisenbahnbrückenbaues ist aus dieser Zeit die 705 m lange eiserne Kaiser-Wilhelm-Brücke über das Wuppertal bei Müngsten zu erwähnen. Ein bis dahin wenig gepflegtes Gebiet nahm in dem Zeitraum seit 1888 die Tätigkeit der Eisenbahnverwaltungen in stets steigendem Maße in Anspruch, das der sozialen Fürsorge, wie sie durch die soziale Gesetzgebung des deutschen Reiches infolge der kaiserlichen Botschaften von 1888 angebahnt wurde. Die Wohlfahrtspflege hat seitdem im Eisenbahnwesen einen um so breiteren Raum eingenommen, je zahlreicher das in ihm beschäftigte Personal war (im Jahre 1900 bereits 537.000 Köpfe) und je stärker es durch den aufreibenden Dienst in Anspruch genommen wurde. Aus der großen Zahl der einschlägigen Einrichtungen nennen wir hier zunächst die allmählich durchgeführte Gewährung von Pensionen an alle ständigen Arbeiter, von Witwen- und Waisengeldern für ihre Hinterbliebenen, die Übernahme der Unfallversicherung für das Personal von Staatswegen, die Einrichtung und Verbesserung des Krankenkassenwesens und der bahnärztlichen, überhaupt der gesundheitlichen Pflege, die Festlegung der Dienst- und Ruhezeiten auf ein bestimmtes Maß, das die Bediensteten gegen Überanstrengung schützt und ihnen die Pflege des Familienlebens ermöglicht, sowie die Einrichtung der Sonntagsruhe im Verkehr der Güterzüge. Unter den Neuerungen, die das letzte Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts im Eisenbahnwesen brachte, war wohl keine so verheißungsvoll, wie die Verwendung der Elektrizität auch als Triebkraft. Es geschah dies zuerst im Straßenbahnwesen. Nachdem Werner v. Siemens 1879 auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste elektrische Eisenbahn vorgeführt hatte, ruhten die weiteren Versuche nicht. Schon Anfang der Neunzigerjahre wurden auch in Deutschland Straßenbahnen elektrisch betrieben. In das Jahr 1896 fällt der Baubeginn der elektrisch zu betreibenden Hoch- und Untergrundbahnen in Berlin; elektrische Motorwagen verkehrten Ende des Jahrhunderts auf Strecken der württembergischen und pfälzischen Bahnen, und ein vollständiger elektrischer Versuchsbetrieb wurde im Laufe des Jahres 1900 mit einzelnen Zügen auf der Wannseebahn bei Berlin eingerichtet. 1900-1910. In dieser Zeit nahm der Ausbau des deutschen Eisenbahnnetzes seinen ungestörten Fortgang; bei den Hauptbahnen war dieser allerdings nur gering, desto lebhafter erweiterte sich das Netz der Neben- und Kleinbahnen. Erstere waren bis Ende 1910 auf 34.376 km, das Nebenbahnnetz auf 24.883 km angewachsen. Die Länge der im Betriebe befindlichen nebenbahnähnlichen Kleinbahnen in Preußen und den anderen deutschen Ländern betrug 9542 km. Über die Längenentwicklung der vollspurigen Haupt- und Nebenbahnen Deutschlands in ihrer Verteilung auf Staats- und Privatbahnen von 1865-1910 sowie über die Eigentumslänge der Staats- und Privatbahnen am Ende des Jahres 1879 (vor den großen Verstaatlichungen) und am Ende des Jahres 1908 (nach den großen Verstaatlichungen), gibt die nachstehende Tabelle Auskunft.
Außer diesen vollspurigen Eisenbahnen gab es im Jahre 1910 noch 2178 km Schmalspurbahnen, die nicht zu den Kleinbahnen gehörten. Von diesem sind 1033 km Staatsbahnen, 1145 km Privatbahnen.
Die Längenausdehnung der Bahnen im neuen Jahrhundert nahm nicht mit der gleichen Raschheit zu, wie dies in den früheren Jahrzehnten der Fall war; um so gewaltiger war die Aufwendung für den inneren Ausbau des Netzes. Riesenhaft waren die Summen, die auf den Ausbau zweiter, dritter und vierter Gleise, der Bahnhöfe, der Brücken, der Werkstätten, der Sicherheitsanlagen, auf die Vermehrung des Betriebsmaterials und Verbesserungen und Erweiterungen aller Art verwendet wurden. 1 Einschließlich 1571 km Privatbahnen unter Staatsverwaltung.
Millionen wurden für Neuanlagen von Rangier-, Güter- und Personenbahnhöfen sowie von Werkstätten aufgewendet. Aus der Zahl der völlig erneuerten Bahnhöfe wäre vor allem der Dresdener zu nennen, der lange Zeit hindurch als der schönste deutsche Personenbahnhof galt, freilich auch mit allen Nebenanlagen den ungewöhnlich hohen Kostenaufwand von rund 70 Millionen verursacht hat. Als stolzestes Denkmal des Eisenbahnbrückenbaues ist aus dieser Zeit die 705 m lange eiserne Kaiser-Wilhelm-Brücke über das Wuppertal bei Müngsten zu erwähnen. Ein bis dahin wenig gepflegtes Gebiet nahm in dem Zeitraum seit 1888 die Tätigkeit der Eisenbahnverwaltungen in stets steigendem Maße in Anspruch, das der sozialen Fürsorge, wie sie durch die soziale Gesetzgebung des deutschen Reiches infolge der kaiserlichen Botschaften von 1888 angebahnt wurde. Die Wohlfahrtspflege hat seitdem im Eisenbahnwesen einen um so breiteren Raum eingenommen, je zahlreicher das in ihm beschäftigte Personal war (im Jahre 1900 bereits 537.000 Köpfe) und je stärker es durch den aufreibenden Dienst in Anspruch genommen wurde. Aus der großen Zahl der einschlägigen Einrichtungen nennen wir hier zunächst die allmählich durchgeführte Gewährung von Pensionen an alle ständigen Arbeiter, von Witwen- und Waisengeldern für ihre Hinterbliebenen, die Übernahme der Unfallversicherung für das Personal von Staatswegen, die Einrichtung und Verbesserung des Krankenkassenwesens und der bahnärztlichen, überhaupt der gesundheitlichen Pflege, die Festlegung der Dienst- und Ruhezeiten auf ein bestimmtes Maß, das die Bediensteten gegen Überanstrengung schützt und ihnen die Pflege des Familienlebens ermöglicht, sowie die Einrichtung der Sonntagsruhe im Verkehr der Güterzüge. Unter den Neuerungen, die das letzte Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts im Eisenbahnwesen brachte, war wohl keine so verheißungsvoll, wie die Verwendung der Elektrizität auch als Triebkraft. Es geschah dies zuerst im Straßenbahnwesen. Nachdem Werner v. Siemens 1879 auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste elektrische Eisenbahn vorgeführt hatte, ruhten die weiteren Versuche nicht. Schon Anfang der Neunzigerjahre wurden auch in Deutschland Straßenbahnen elektrisch betrieben. In das Jahr 1896 fällt der Baubeginn der elektrisch zu betreibenden Hoch- und Untergrundbahnen in Berlin; elektrische Motorwagen verkehrten Ende des Jahrhunderts auf Strecken der württembergischen und pfälzischen Bahnen, und ein vollständiger elektrischer Versuchsbetrieb wurde im Laufe des Jahres 1900 mit einzelnen Zügen auf der Wannseebahn bei Berlin eingerichtet. 1900–1910. In dieser Zeit nahm der Ausbau des deutschen Eisenbahnnetzes seinen ungestörten Fortgang; bei den Hauptbahnen war dieser allerdings nur gering, desto lebhafter erweiterte sich das Netz der Neben- und Kleinbahnen. Erstere waren bis Ende 1910 auf 34.376 km, das Nebenbahnnetz auf 24.883 km angewachsen. Die Länge der im Betriebe befindlichen nebenbahnähnlichen Kleinbahnen in Preußen und den anderen deutschen Ländern betrug 9542 km. Über die Längenentwicklung der vollspurigen Haupt- und Nebenbahnen Deutschlands in ihrer Verteilung auf Staats- und Privatbahnen von 1865–1910 sowie über die Eigentumslänge der Staats- und Privatbahnen am Ende des Jahres 1879 (vor den großen Verstaatlichungen) und am Ende des Jahres 1908 (nach den großen Verstaatlichungen), gibt die nachstehende Tabelle Auskunft.
Außer diesen vollspurigen Eisenbahnen gab es im Jahre 1910 noch 2178 km Schmalspurbahnen, die nicht zu den Kleinbahnen gehörten. Von diesem sind 1033 km Staatsbahnen, 1145 km Privatbahnen.
Die Längenausdehnung der Bahnen im neuen Jahrhundert nahm nicht mit der gleichen Raschheit zu, wie dies in den früheren Jahrzehnten der Fall war; um so gewaltiger war die Aufwendung für den inneren Ausbau des Netzes. Riesenhaft waren die Summen, die auf den Ausbau zweiter, dritter und vierter Gleise, der Bahnhöfe, der Brücken, der Werkstätten, der Sicherheitsanlagen, auf die Vermehrung des Betriebsmaterials und Verbesserungen und Erweiterungen aller Art verwendet wurden. 1 Einschließlich 1571 km Privatbahnen unter Staatsverwaltung.
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Die Wohlfahrtspflege hat seitdem im Eisenbahnwesen einen um so breiteren Raum eingenommen, je zahlreicher das in ihm beschäftigte Personal war (im Jahre 1900 bereits 537.000 Köpfe) und je stärker es durch den aufreibenden Dienst in Anspruch genommen wurde.</p><lb/> <p>Aus der großen Zahl der einschlägigen Einrichtungen nennen wir hier zunächst die allmählich durchgeführte Gewährung von Pensionen an alle ständigen Arbeiter, von Witwen- und Waisengeldern für ihre Hinterbliebenen, die Übernahme der Unfallversicherung für das Personal von Staatswegen, die Einrichtung und Verbesserung des Krankenkassenwesens und der bahnärztlichen, überhaupt der gesundheitlichen Pflege, die Festlegung der Dienst- und Ruhezeiten auf ein bestimmtes Maß, das die Bediensteten gegen Überanstrengung schützt und ihnen die Pflege des Familienlebens ermöglicht, sowie die Einrichtung der Sonntagsruhe im Verkehr der Güterzüge.</p><lb/> <p>Unter den Neuerungen, die das letzte Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts im Eisenbahnwesen brachte, war wohl keine so verheißungsvoll, wie die <hi rendition="#g">Verwendung</hi> der <hi rendition="#g">Elektrizität</hi> auch als <hi rendition="#g">Triebkraft</hi>. Es geschah dies zuerst im Straßenbahnwesen. Nachdem Werner v. Siemens 1879 auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste elektrische Eisenbahn vorgeführt hatte, ruhten die weiteren Versuche nicht. Schon Anfang der Neunzigerjahre wurden auch in Deutschland Straßenbahnen elektrisch betrieben. In das Jahr 1896 fällt der Baubeginn der elektrisch zu betreibenden Hoch- und Untergrundbahnen in Berlin; elektrische Motorwagen verkehrten Ende des Jahrhunderts auf Strecken der württembergischen und pfälzischen Bahnen, und ein vollständiger elektrischer Versuchsbetrieb wurde im Laufe des Jahres 1900 mit einzelnen Zügen auf der Wannseebahn bei Berlin eingerichtet.</p><lb/> <p>1900–1910. In dieser Zeit nahm der Ausbau des deutschen Eisenbahnnetzes seinen ungestörten Fortgang; bei den Hauptbahnen war dieser allerdings nur gering, desto lebhafter erweiterte sich das Netz der Neben- und Kleinbahnen. 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Millionen wurden für Neuanlagen von Rangier-, Güter- und Personenbahnhöfen sowie von Werkstätten aufgewendet. Aus der Zahl der völlig erneuerten Bahnhöfe wäre vor allem der Dresdener zu nennen, der lange Zeit hindurch als der schönste deutsche Personenbahnhof galt, freilich auch mit allen Nebenanlagen den ungewöhnlich hohen Kostenaufwand von rund 70 Millionen verursacht hat. Als stolzestes Denkmal des Eisenbahnbrückenbaues ist aus dieser Zeit die 705 m lange eiserne Kaiser-Wilhelm-Brücke über das Wuppertal bei Müngsten zu erwähnen.
Ein bis dahin wenig gepflegtes Gebiet nahm in dem Zeitraum seit 1888 die Tätigkeit der Eisenbahnverwaltungen in stets steigendem Maße in Anspruch, das der sozialen Fürsorge, wie sie durch die soziale Gesetzgebung des deutschen Reiches infolge der kaiserlichen Botschaften von 1888 angebahnt wurde. Die Wohlfahrtspflege hat seitdem im Eisenbahnwesen einen um so breiteren Raum eingenommen, je zahlreicher das in ihm beschäftigte Personal war (im Jahre 1900 bereits 537.000 Köpfe) und je stärker es durch den aufreibenden Dienst in Anspruch genommen wurde.
Aus der großen Zahl der einschlägigen Einrichtungen nennen wir hier zunächst die allmählich durchgeführte Gewährung von Pensionen an alle ständigen Arbeiter, von Witwen- und Waisengeldern für ihre Hinterbliebenen, die Übernahme der Unfallversicherung für das Personal von Staatswegen, die Einrichtung und Verbesserung des Krankenkassenwesens und der bahnärztlichen, überhaupt der gesundheitlichen Pflege, die Festlegung der Dienst- und Ruhezeiten auf ein bestimmtes Maß, das die Bediensteten gegen Überanstrengung schützt und ihnen die Pflege des Familienlebens ermöglicht, sowie die Einrichtung der Sonntagsruhe im Verkehr der Güterzüge.
Unter den Neuerungen, die das letzte Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts im Eisenbahnwesen brachte, war wohl keine so verheißungsvoll, wie die Verwendung der Elektrizität auch als Triebkraft. Es geschah dies zuerst im Straßenbahnwesen. Nachdem Werner v. Siemens 1879 auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste elektrische Eisenbahn vorgeführt hatte, ruhten die weiteren Versuche nicht. Schon Anfang der Neunzigerjahre wurden auch in Deutschland Straßenbahnen elektrisch betrieben. In das Jahr 1896 fällt der Baubeginn der elektrisch zu betreibenden Hoch- und Untergrundbahnen in Berlin; elektrische Motorwagen verkehrten Ende des Jahrhunderts auf Strecken der württembergischen und pfälzischen Bahnen, und ein vollständiger elektrischer Versuchsbetrieb wurde im Laufe des Jahres 1900 mit einzelnen Zügen auf der Wannseebahn bei Berlin eingerichtet.
1900–1910. In dieser Zeit nahm der Ausbau des deutschen Eisenbahnnetzes seinen ungestörten Fortgang; bei den Hauptbahnen war dieser allerdings nur gering, desto lebhafter erweiterte sich das Netz der Neben- und Kleinbahnen. Erstere waren bis Ende 1910 auf 34.376 km, das Nebenbahnnetz auf 24.883 km angewachsen. Die Länge der im Betriebe befindlichen nebenbahnähnlichen Kleinbahnen in Preußen und den anderen deutschen Ländern betrug 9542 km. Über die Längenentwicklung der vollspurigen Haupt- und Nebenbahnen Deutschlands in ihrer Verteilung auf Staats- und Privatbahnen von 1865–1910 sowie über die Eigentumslänge der Staats- und Privatbahnen am Ende des Jahres 1879 (vor den großen Verstaatlichungen) und am Ende des Jahres 1908 (nach den großen Verstaatlichungen), gibt die nachstehende Tabelle Auskunft.
1865 1910
km km
Länge der deutschen Hauptbahnen 14.806 34.376
Länge der deutschen Nebenbahnen 14.806 24.883
59.259
Länge der deutschen Staatsbahnen 6.747 55.722
Länge der deutschen Privatbahnen 8.059 1 3.537
Außer diesen vollspurigen Eisenbahnen gab es im Jahre 1910 noch 2178 km Schmalspurbahnen, die nicht zu den Kleinbahnen gehörten. Von diesem sind 1033 km Staatsbahnen, 1145 km Privatbahnen.
1879 1908
km km
Länge der deutschen Staatsbahnen 17.179 53.134
Länge der deutschen Privatbahnen 15.367 4.267
Von den Staatsbahnen entfielen auf
die Reichslande 1.269 1.983
Preußen 6.432 36.222
Bayern 4.114 6.648
Sachsen 1.933 2.821
Württemberg 1.483 1.880
Baden 1.313 1.747
Übrige Bundesstaaten 636 1.833
Die Längenausdehnung der Bahnen im neuen Jahrhundert nahm nicht mit der gleichen Raschheit zu, wie dies in den früheren Jahrzehnten der Fall war; um so gewaltiger war die Aufwendung für den inneren Ausbau des Netzes. Riesenhaft waren die Summen, die auf den Ausbau zweiter, dritter und vierter Gleise, der Bahnhöfe, der Brücken, der Werkstätten, der Sicherheitsanlagen, auf die Vermehrung des Betriebsmaterials und Verbesserungen und Erweiterungen aller Art verwendet wurden.
1 Einschließlich 1571 km Privatbahnen unter Staatsverwaltung.
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