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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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die Eisenbahnen Anweisungen des Absenders wegen nachträglicher Auflage, Erhöhung, Minderung oder Zurückziehung von Nachnahmen, sowie wegen nachträglicher Frankierung zulassen und tun dies nach E. Z. 1, 2., auch. Die entstandenen Kosten sind der Eisenbahn zu erstatten, soweit sie nicht etwa die nachträglichen Verfügungen durch eigenes Verschulden veranlaßt hat. Im Hinblick auf das Recht des Empfängers, in den Frachtvertrag einzutreten, bedarf es einer Bestimmung, wielange demgegenüber das Verfügungsrecht des Absenders dauert. Nach dem I. Ü. besteht das Verfügungsrecht zwar auch nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte noch fort, jedoch nur so lange, bis der Frachtbrief dem Empfänger übergeben oder dessen Klage auf Übergabe von Frachtbrief und Gut, falls diese verweigert wurde, der Eisenbahn zugestellt ist. Von diesem Zeitpunkt an erlischt das Recht des Absenders, auch wenn er das Duplikat besitzt, und die Eisenbahn darf nunmehr nur die Weisungen des Empfängers beachten, widrigenfalls sie ihm für das Gut haftbar wird. Gleiche Verfügungsrechte wie der Absender hat der Empfänger nicht.

Die Rechtsstellung des Empfängers ist in Art. 16 und 17 geregelt. Er ist nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte - als solcher gilt die angegebene Bestimmungsstation - berechtigt, die durch den Frachtvertrag begründeten Rechte gegen Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen im eigenen Namen, auch wenn er in fremdem Interesse handelt, gegen die Eisenbahn geltend zu machen und insbesondere Aushändigung von Frachtbrief und Gut gegen Bezahlung der im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge und Erteilung einer Empfangsbescheinigung zu beanspruchen, vorausgesetzt jedoch, daß nicht der Absender noch gültigerweise eine entgegenstehende Verfügung (Art. 15) erteilt hat. Durch Annahme von Frachtbrief und Gut wird er selbständig verpflichtet, der Eisenbahn die im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge zu zahlen, wenn etwa das Gut ohne deren Einziehung ausgeliefert war.

Wird Beginn oder Fortsetzung der Beförderung durch Zufall (Naturereignisse, Betriebsstörungen, Durchfuhrverbote) verhindert (Art. 18), so ist der Absender um Verfügung anzugehen. Er kann, da Abwarten manchmal den Zweck der Versendung vereiteln wird, vom Vertrage zurücktreten, muß aber der Eisenbahn, wenn sie kein Verschulden trifft, die tarifmäßigen (E. Z. 2) Kosten der Vorbereitung, der Wiederausladung und der Beförderung, soweit sie schon ausgeführt ist, erstatten. Ist bei einer Unterbrechung unterwegs die Weiterbeförderung auf einem anderen Bahnweg möglich, so wird die alsbaldige Benutzung dieses Hilfswegs ohne zeitraubende Rückfragen vielfach dem Interesse des Absenders am besten entsprechen. Wenn das der Fall ist, was die Eisenbahn mit der Sorgfalt eines Geschäftsführers (negotiorum gestor) prüfen muß, so kann sie den Hilfsweg wählen, andernfalls muß sie den Absender um Verfügung angehen. Sie kann (anders § 74 EVO., BR.) die Fracht für die längere Hilfsstrecke beanspruchen. Da durch anderweite Anweisungen des Absenders, insbesondere durch Ausübung des Rücktrittsrechts das Interesse des Empfängers beeinträchtigt werden kann, so darf der Absender, wenn er nicht im Besitze des Duplikats ist, weder den Empfänger noch den Bestimmungsort ändern. Die Anweisungen müssen den Vorschriften des Art. 15 entsprechen.

Von einheitlichen Vorschriften über das Ablieferungsverfahren (Art. 19), insbesondere Avisierung, Zuführung, Abnahme ist wegen der Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse abgesehen worden. Es entscheiden hierüber die für die abliefernde Bahn geltenden Bestimmungen (s. § 76-80, 85 EVO., BR.) und das gilt auch für die etwaige Verpflichtung der Eisenbahn, das Gut einem nicht an der Bestimmungsstation wohnhaften Empfänger zuzuführen. Die Haftung der Eisenbahn auf Grund des I. Ü. endet aber, auch wenn eine solche Verpflichtung besteht, auf der Empfangsstation (Art. 30, Abs. 2).

Die Empfangsbahn hat das Recht und im Interesse der beteiligten Bahnen die Pflicht, bei der Ablieferung alle durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen (Fracht, Nebengebühren, Zollgelder, Auslagen, Nachnahmen u. s. w.) einzuziehen (Art. 20), und zwar sowohl für eigene Rechnung als auch für Rechnung der vorhergehenden Eisenbahnen und sonstiger Berechtigter (z. B. des Absenders bei Nachnahmen). Die Eisenbahn hat für alle diese Forderungen die Rechte eines Faustpfandgläubigers an dem Gute, solange sie selbst oder ein Dritter (Zollverwaltung, Rollfuhrmann) es für sie in Verwahrung hat (Art. 21). Entscheidend ist somit die Detention. Die dreitägige Fortdauer des Pfandrechtes auch nach der Ablieferung, das sog. Folgerecht (§ 440 des deutschen Handelsgesetzbuchs), hat man für unvereinbar mit der inneren Natur des Faustpfandes erachtet. Einheitlich geregelt ist aber nur Umfang, Dauer und Rechtsnatur des Pfandrechtes. Alle weiteren Fragen wurden wegen der Verschiedenheit der Einzelrechte ausgeschieden. Man hat sich auf die Festsetzung

die Eisenbahnen Anweisungen des Absenders wegen nachträglicher Auflage, Erhöhung, Minderung oder Zurückziehung von Nachnahmen, sowie wegen nachträglicher Frankierung zulassen und tun dies nach E. Z. 1, 2., auch. Die entstandenen Kosten sind der Eisenbahn zu erstatten, soweit sie nicht etwa die nachträglichen Verfügungen durch eigenes Verschulden veranlaßt hat. Im Hinblick auf das Recht des Empfängers, in den Frachtvertrag einzutreten, bedarf es einer Bestimmung, wielange demgegenüber das Verfügungsrecht des Absenders dauert. Nach dem I. Ü. besteht das Verfügungsrecht zwar auch nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte noch fort, jedoch nur so lange, bis der Frachtbrief dem Empfänger übergeben oder dessen Klage auf Übergabe von Frachtbrief und Gut, falls diese verweigert wurde, der Eisenbahn zugestellt ist. Von diesem Zeitpunkt an erlischt das Recht des Absenders, auch wenn er das Duplikat besitzt, und die Eisenbahn darf nunmehr nur die Weisungen des Empfängers beachten, widrigenfalls sie ihm für das Gut haftbar wird. Gleiche Verfügungsrechte wie der Absender hat der Empfänger nicht.

Die Rechtsstellung des Empfängers ist in Art. 16 und 17 geregelt. Er ist nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte – als solcher gilt die angegebene Bestimmungsstation – berechtigt, die durch den Frachtvertrag begründeten Rechte gegen Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen im eigenen Namen, auch wenn er in fremdem Interesse handelt, gegen die Eisenbahn geltend zu machen und insbesondere Aushändigung von Frachtbrief und Gut gegen Bezahlung der im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge und Erteilung einer Empfangsbescheinigung zu beanspruchen, vorausgesetzt jedoch, daß nicht der Absender noch gültigerweise eine entgegenstehende Verfügung (Art. 15) erteilt hat. Durch Annahme von Frachtbrief und Gut wird er selbständig verpflichtet, der Eisenbahn die im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge zu zahlen, wenn etwa das Gut ohne deren Einziehung ausgeliefert war.

Wird Beginn oder Fortsetzung der Beförderung durch Zufall (Naturereignisse, Betriebsstörungen, Durchfuhrverbote) verhindert (Art. 18), so ist der Absender um Verfügung anzugehen. Er kann, da Abwarten manchmal den Zweck der Versendung vereiteln wird, vom Vertrage zurücktreten, muß aber der Eisenbahn, wenn sie kein Verschulden trifft, die tarifmäßigen (E. Z. 2) Kosten der Vorbereitung, der Wiederausladung und der Beförderung, soweit sie schon ausgeführt ist, erstatten. Ist bei einer Unterbrechung unterwegs die Weiterbeförderung auf einem anderen Bahnweg möglich, so wird die alsbaldige Benutzung dieses Hilfswegs ohne zeitraubende Rückfragen vielfach dem Interesse des Absenders am besten entsprechen. Wenn das der Fall ist, was die Eisenbahn mit der Sorgfalt eines Geschäftsführers (negotiorum gestor) prüfen muß, so kann sie den Hilfsweg wählen, andernfalls muß sie den Absender um Verfügung angehen. Sie kann (anders § 74 EVO., BR.) die Fracht für die längere Hilfsstrecke beanspruchen. Da durch anderweite Anweisungen des Absenders, insbesondere durch Ausübung des Rücktrittsrechts das Interesse des Empfängers beeinträchtigt werden kann, so darf der Absender, wenn er nicht im Besitze des Duplikats ist, weder den Empfänger noch den Bestimmungsort ändern. Die Anweisungen müssen den Vorschriften des Art. 15 entsprechen.

Von einheitlichen Vorschriften über das Ablieferungsverfahren (Art. 19), insbesondere Avisierung, Zuführung, Abnahme ist wegen der Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse abgesehen worden. Es entscheiden hierüber die für die abliefernde Bahn geltenden Bestimmungen (s. § 76–80, 85 EVO., BR.) und das gilt auch für die etwaige Verpflichtung der Eisenbahn, das Gut einem nicht an der Bestimmungsstation wohnhaften Empfänger zuzuführen. Die Haftung der Eisenbahn auf Grund des I. Ü. endet aber, auch wenn eine solche Verpflichtung besteht, auf der Empfangsstation (Art. 30, Abs. 2).

Die Empfangsbahn hat das Recht und im Interesse der beteiligten Bahnen die Pflicht, bei der Ablieferung alle durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen (Fracht, Nebengebühren, Zollgelder, Auslagen, Nachnahmen u. s. w.) einzuziehen (Art. 20), und zwar sowohl für eigene Rechnung als auch für Rechnung der vorhergehenden Eisenbahnen und sonstiger Berechtigter (z. B. des Absenders bei Nachnahmen). Die Eisenbahn hat für alle diese Forderungen die Rechte eines Faustpfandgläubigers an dem Gute, solange sie selbst oder ein Dritter (Zollverwaltung, Rollfuhrmann) es für sie in Verwahrung hat (Art. 21). Entscheidend ist somit die Detention. Die dreitägige Fortdauer des Pfandrechtes auch nach der Ablieferung, das sog. Folgerecht (§ 440 des deutschen Handelsgesetzbuchs), hat man für unvereinbar mit der inneren Natur des Faustpfandes erachtet. Einheitlich geregelt ist aber nur Umfang, Dauer und Rechtsnatur des Pfandrechtes. Alle weiteren Fragen wurden wegen der Verschiedenheit der Einzelrechte ausgeschieden. Man hat sich auf die Festsetzung

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[150/0158] die Eisenbahnen Anweisungen des Absenders wegen nachträglicher Auflage, Erhöhung, Minderung oder Zurückziehung von Nachnahmen, sowie wegen nachträglicher Frankierung zulassen und tun dies nach E. Z. 1, 2., auch. Die entstandenen Kosten sind der Eisenbahn zu erstatten, soweit sie nicht etwa die nachträglichen Verfügungen durch eigenes Verschulden veranlaßt hat. Im Hinblick auf das Recht des Empfängers, in den Frachtvertrag einzutreten, bedarf es einer Bestimmung, wielange demgegenüber das Verfügungsrecht des Absenders dauert. Nach dem I. Ü. besteht das Verfügungsrecht zwar auch nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte noch fort, jedoch nur so lange, bis der Frachtbrief dem Empfänger übergeben oder dessen Klage auf Übergabe von Frachtbrief und Gut, falls diese verweigert wurde, der Eisenbahn zugestellt ist. Von diesem Zeitpunkt an erlischt das Recht des Absenders, auch wenn er das Duplikat besitzt, und die Eisenbahn darf nunmehr nur die Weisungen des Empfängers beachten, widrigenfalls sie ihm für das Gut haftbar wird. Gleiche Verfügungsrechte wie der Absender hat der Empfänger nicht. Die Rechtsstellung des Empfängers ist in Art. 16 und 17 geregelt. Er ist nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte – als solcher gilt die angegebene Bestimmungsstation – berechtigt, die durch den Frachtvertrag begründeten Rechte gegen Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen im eigenen Namen, auch wenn er in fremdem Interesse handelt, gegen die Eisenbahn geltend zu machen und insbesondere Aushändigung von Frachtbrief und Gut gegen Bezahlung der im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge und Erteilung einer Empfangsbescheinigung zu beanspruchen, vorausgesetzt jedoch, daß nicht der Absender noch gültigerweise eine entgegenstehende Verfügung (Art. 15) erteilt hat. Durch Annahme von Frachtbrief und Gut wird er selbständig verpflichtet, der Eisenbahn die im Frachtbrief ersichtlich gemachten Beträge zu zahlen, wenn etwa das Gut ohne deren Einziehung ausgeliefert war. Wird Beginn oder Fortsetzung der Beförderung durch Zufall (Naturereignisse, Betriebsstörungen, Durchfuhrverbote) verhindert (Art. 18), so ist der Absender um Verfügung anzugehen. Er kann, da Abwarten manchmal den Zweck der Versendung vereiteln wird, vom Vertrage zurücktreten, muß aber der Eisenbahn, wenn sie kein Verschulden trifft, die tarifmäßigen (E. Z. 2) Kosten der Vorbereitung, der Wiederausladung und der Beförderung, soweit sie schon ausgeführt ist, erstatten. Ist bei einer Unterbrechung unterwegs die Weiterbeförderung auf einem anderen Bahnweg möglich, so wird die alsbaldige Benutzung dieses Hilfswegs ohne zeitraubende Rückfragen vielfach dem Interesse des Absenders am besten entsprechen. Wenn das der Fall ist, was die Eisenbahn mit der Sorgfalt eines Geschäftsführers (negotiorum gestor) prüfen muß, so kann sie den Hilfsweg wählen, andernfalls muß sie den Absender um Verfügung angehen. Sie kann (anders § 74 EVO., BR.) die Fracht für die längere Hilfsstrecke beanspruchen. Da durch anderweite Anweisungen des Absenders, insbesondere durch Ausübung des Rücktrittsrechts das Interesse des Empfängers beeinträchtigt werden kann, so darf der Absender, wenn er nicht im Besitze des Duplikats ist, weder den Empfänger noch den Bestimmungsort ändern. Die Anweisungen müssen den Vorschriften des Art. 15 entsprechen. Von einheitlichen Vorschriften über das Ablieferungsverfahren (Art. 19), insbesondere Avisierung, Zuführung, Abnahme ist wegen der Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse abgesehen worden. Es entscheiden hierüber die für die abliefernde Bahn geltenden Bestimmungen (s. § 76–80, 85 EVO., BR.) und das gilt auch für die etwaige Verpflichtung der Eisenbahn, das Gut einem nicht an der Bestimmungsstation wohnhaften Empfänger zuzuführen. Die Haftung der Eisenbahn auf Grund des I. Ü. endet aber, auch wenn eine solche Verpflichtung besteht, auf der Empfangsstation (Art. 30, Abs. 2). Die Empfangsbahn hat das Recht und im Interesse der beteiligten Bahnen die Pflicht, bei der Ablieferung alle durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen (Fracht, Nebengebühren, Zollgelder, Auslagen, Nachnahmen u. s. w.) einzuziehen (Art. 20), und zwar sowohl für eigene Rechnung als auch für Rechnung der vorhergehenden Eisenbahnen und sonstiger Berechtigter (z. B. des Absenders bei Nachnahmen). Die Eisenbahn hat für alle diese Forderungen die Rechte eines Faustpfandgläubigers an dem Gute, solange sie selbst oder ein Dritter (Zollverwaltung, Rollfuhrmann) es für sie in Verwahrung hat (Art. 21). Entscheidend ist somit die Detention. Die dreitägige Fortdauer des Pfandrechtes auch nach der Ablieferung, das sog. Folgerecht (§ 440 des deutschen Handelsgesetzbuchs), hat man für unvereinbar mit der inneren Natur des Faustpfandes erachtet. Einheitlich geregelt ist aber nur Umfang, Dauer und Rechtsnatur des Pfandrechtes. Alle weiteren Fragen wurden wegen der Verschiedenheit der Einzelrechte ausgeschieden. Man hat sich auf die Festsetzung

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/158>, abgerufen am 21.11.2024.