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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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zu Verschiedenheiten in der Tariffestsetzung geworden, und auch dann hat man meistens vermieden, verschiedene Einheitssätze für die Berechnung der Tarife festzusetzen, sondern man hat die höhere Tarifierung durch Einrechnung sog. virtueller Längen erreicht, d. h. indem man die Entfernung den höheren Selbstkosten entsprechend höher ansetzt, als sie in Wirklichkeit ist.

C. Der Verkehrswert des Gutes.

Begrenzen im allgemeinen die Selbstkosten die Höhe der Beförderungspreise nach unten, so wirkt in entgegengesetzter Richtung der Verkehrswert des Gutes, denn jedes Gut kann nur eine bestimmte Fracht tragen, das Gut hat seinen Verkehrsradius, innerhalb dessen sich sein Absatz vollzieht. Das Angebot eines Gutes verlangt Ersatz seiner Gestehungskosten, seiner Beförderungspreise und einen Verdienst. Die Nachfrage nach diesem Gut wird so lange auf die Höhe dieser Preisbildner keine Rücksicht nehmen, als nicht ein Gut gleicher Art wohlfeiler angeboten wird, d. h. als nicht ein Gut gleicher Art mit billigeren Selbstkosten oder niedrigeren Transportkosten und geringerem Verdienst für den Verkauf auf den Markt geworfen werden kann. Der Wettbewerb bestimmt den Marktpreis, der die Summe des Herstellungswertes, des Verkehrswertes und Nutzungswertes darstellt. Jeder dieser 3 Werte ist für die Marktgängigkeit des einzelnen Gutes dehnbar. Der eine kann dem anderen Zugeständnisse machen; denn gelingt es, die Herstellungskosten eines Gutes zu verringern, dann kann es ohne Beeinträchtigung des Marktpreises beim gleichen Nutzungswert auf größere Entfernungen abgesetzt werden wie umgekehrt das Gut, dessen Herstellungskosten sich verteuert haben, bei entsprechender Frachtermäßigung sich seinen alten Markt erhält. In gleicher Weise kann ein Verzicht auf einen Teil des Gewinnes ausgleichend auf die Herstellungskosten und die Beförderungskosten wirken. Das Gut hört aber naturgemäß auf, marktgängig zu bleiben, wenn der Verdienst am Absatz von den Selbstkosten und den Beförderungskosten aufgezehrt wird, wenn Herstellungswert samt Verkehrswert gleich dem Marktpreis sind.

Der Verkehrswert der einzelnen Güter ist sehr verschieden; er steht nicht in einem bestimmten unveränderlichen Verhältnis zum Wert des Gutes an sich. Denn wenn es auch die Regel bildet, daß Güter mit geringeren Marktpreisen auch einen kleineren Verkehrsradius haben, so folgt hieraus nicht, daß hochwertige Güter unbedingt eine entsprechende weitere Absatzmöglichkeit besitzen. Hier wirkt die Höhe der Gestehungskosten einschränkend mit. Der Verkehrswert ist daher für die Tarifbildung von ebensolcher Wichtigkeit wie die Selbstkosten. Während diese aber einmal errechnet als Erfahrungssätze angesprochen und verwertet werden können, bedarf die Ermittlung des Verkehrswertes bei allen Gütern, die neu in den Verkehr gebracht oder für die eine Ausnahmetarifierung in Anspruch genommen wird, jedesmal eingehender Feststellung ihrer Beziehungen zu ihren Gestehungskosten und zu ihrem Nutzungswerte. Wollte man diese meist recht schwierigen Erhebungen nicht anstellen, dann würden möglicherweise die Tarife zu hoch ausfallen und verkehrsbeschränkend oder verkehrsausschließend wirken oder sie würden den Beförderungsanstalten unnötige Ausfälle bringen. Innerhalb der Grenzen der Beförderungspreise nach unten durch die Selbstkosten und nach oben durch den Verkehrswert wird ihre Höhe bestimmt durch die mannigfaltigen Zwecke, die heute mit der rein wirtschaftlichen Tarifpolitik verfolgt werden. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei der Wettbewerb, dem dann durch eine differentielle Tarifbildung Rechnung getragen wird.

III. Tarifgrundlagen.

A. Tarifsysteme.

Die Gesichtspunkte, die für die Bildung der Beförderungspreise im Güterverkehr maßgebend sind, haben zu 3 Tarifsystemen geführt. Man unterscheidet Raumsystem (Taraklassifikation), Wertsystem (Wertklassifikation) und gemischtes System, d. i. eine Verschmelzung der beiden ersten Systeme.

1. Raumsystem (Taraklassifikation), Zonentarife. Das Raumsystem beruht im wesentlichen auf der Verschiedenheit der Beförderungsleistungen. Von erheblicherer Bedeutung als die vorerwähnten durch die Verschiedenheit der Anlage und Betriebskosten hervorgerufenen Unterschiede in den Selbstkosten sind für die Tarifgestaltung gewisse Verschiedenheiten in den Selbstkosten, die bei dem festen, aus den veränderlichen Selbstkosten entstehenden Tarifbestandteil sich finden und durch die Tara oder tote Last und durch die Leistungsunterschiede im Transport in Erscheinung treten.

Kein anderes Verkehrsmittel führt bei Ausführung der Transporte soviel tote Last mit fort, wie die Eisenbahnen, beträgt doch auf den deutschen Eisenbahnen die Tara etwa das 12fache der Nutzlast im Personenverkehr und das 1·3fache der Nutzlast im Güterverkehr. Aber auch innerhalb des Personen- und innerhalb

zu Verschiedenheiten in der Tariffestsetzung geworden, und auch dann hat man meistens vermieden, verschiedene Einheitssätze für die Berechnung der Tarife festzusetzen, sondern man hat die höhere Tarifierung durch Einrechnung sog. virtueller Längen erreicht, d. h. indem man die Entfernung den höheren Selbstkosten entsprechend höher ansetzt, als sie in Wirklichkeit ist.

C. Der Verkehrswert des Gutes.

Begrenzen im allgemeinen die Selbstkosten die Höhe der Beförderungspreise nach unten, so wirkt in entgegengesetzter Richtung der Verkehrswert des Gutes, denn jedes Gut kann nur eine bestimmte Fracht tragen, das Gut hat seinen Verkehrsradius, innerhalb dessen sich sein Absatz vollzieht. Das Angebot eines Gutes verlangt Ersatz seiner Gestehungskosten, seiner Beförderungspreise und einen Verdienst. Die Nachfrage nach diesem Gut wird so lange auf die Höhe dieser Preisbildner keine Rücksicht nehmen, als nicht ein Gut gleicher Art wohlfeiler angeboten wird, d. h. als nicht ein Gut gleicher Art mit billigeren Selbstkosten oder niedrigeren Transportkosten und geringerem Verdienst für den Verkauf auf den Markt geworfen werden kann. Der Wettbewerb bestimmt den Marktpreis, der die Summe des Herstellungswertes, des Verkehrswertes und Nutzungswertes darstellt. Jeder dieser 3 Werte ist für die Marktgängigkeit des einzelnen Gutes dehnbar. Der eine kann dem anderen Zugeständnisse machen; denn gelingt es, die Herstellungskosten eines Gutes zu verringern, dann kann es ohne Beeinträchtigung des Marktpreises beim gleichen Nutzungswert auf größere Entfernungen abgesetzt werden wie umgekehrt das Gut, dessen Herstellungskosten sich verteuert haben, bei entsprechender Frachtermäßigung sich seinen alten Markt erhält. In gleicher Weise kann ein Verzicht auf einen Teil des Gewinnes ausgleichend auf die Herstellungskosten und die Beförderungskosten wirken. Das Gut hört aber naturgemäß auf, marktgängig zu bleiben, wenn der Verdienst am Absatz von den Selbstkosten und den Beförderungskosten aufgezehrt wird, wenn Herstellungswert samt Verkehrswert gleich dem Marktpreis sind.

Der Verkehrswert der einzelnen Güter ist sehr verschieden; er steht nicht in einem bestimmten unveränderlichen Verhältnis zum Wert des Gutes an sich. Denn wenn es auch die Regel bildet, daß Güter mit geringeren Marktpreisen auch einen kleineren Verkehrsradius haben, so folgt hieraus nicht, daß hochwertige Güter unbedingt eine entsprechende weitere Absatzmöglichkeit besitzen. Hier wirkt die Höhe der Gestehungskosten einschränkend mit. Der Verkehrswert ist daher für die Tarifbildung von ebensolcher Wichtigkeit wie die Selbstkosten. Während diese aber einmal errechnet als Erfahrungssätze angesprochen und verwertet werden können, bedarf die Ermittlung des Verkehrswertes bei allen Gütern, die neu in den Verkehr gebracht oder für die eine Ausnahmetarifierung in Anspruch genommen wird, jedesmal eingehender Feststellung ihrer Beziehungen zu ihren Gestehungskosten und zu ihrem Nutzungswerte. Wollte man diese meist recht schwierigen Erhebungen nicht anstellen, dann würden möglicherweise die Tarife zu hoch ausfallen und verkehrsbeschränkend oder verkehrsausschließend wirken oder sie würden den Beförderungsanstalten unnötige Ausfälle bringen. Innerhalb der Grenzen der Beförderungspreise nach unten durch die Selbstkosten und nach oben durch den Verkehrswert wird ihre Höhe bestimmt durch die mannigfaltigen Zwecke, die heute mit der rein wirtschaftlichen Tarifpolitik verfolgt werden. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei der Wettbewerb, dem dann durch eine differentielle Tarifbildung Rechnung getragen wird.

III. Tarifgrundlagen.

A. Tarifsysteme.

Die Gesichtspunkte, die für die Bildung der Beförderungspreise im Güterverkehr maßgebend sind, haben zu 3 Tarifsystemen geführt. Man unterscheidet Raumsystem (Taraklassifikation), Wertsystem (Wertklassifikation) und gemischtes System, d. i. eine Verschmelzung der beiden ersten Systeme.

1. Raumsystem (Taraklassifikation), Zonentarife. Das Raumsystem beruht im wesentlichen auf der Verschiedenheit der Beförderungsleistungen. Von erheblicherer Bedeutung als die vorerwähnten durch die Verschiedenheit der Anlage und Betriebskosten hervorgerufenen Unterschiede in den Selbstkosten sind für die Tarifgestaltung gewisse Verschiedenheiten in den Selbstkosten, die bei dem festen, aus den veränderlichen Selbstkosten entstehenden Tarifbestandteil sich finden und durch die Tara oder tote Last und durch die Leistungsunterschiede im Transport in Erscheinung treten.

Kein anderes Verkehrsmittel führt bei Ausführung der Transporte soviel tote Last mit fort, wie die Eisenbahnen, beträgt doch auf den deutschen Eisenbahnen die Tara etwa das 12fache der Nutzlast im Personenverkehr und das 1·3fache der Nutzlast im Güterverkehr. Aber auch innerhalb des Personen- und innerhalb

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[459/0471] zu Verschiedenheiten in der Tariffestsetzung geworden, und auch dann hat man meistens vermieden, verschiedene Einheitssätze für die Berechnung der Tarife festzusetzen, sondern man hat die höhere Tarifierung durch Einrechnung sog. virtueller Längen erreicht, d. h. indem man die Entfernung den höheren Selbstkosten entsprechend höher ansetzt, als sie in Wirklichkeit ist. C. Der Verkehrswert des Gutes. Begrenzen im allgemeinen die Selbstkosten die Höhe der Beförderungspreise nach unten, so wirkt in entgegengesetzter Richtung der Verkehrswert des Gutes, denn jedes Gut kann nur eine bestimmte Fracht tragen, das Gut hat seinen Verkehrsradius, innerhalb dessen sich sein Absatz vollzieht. Das Angebot eines Gutes verlangt Ersatz seiner Gestehungskosten, seiner Beförderungspreise und einen Verdienst. Die Nachfrage nach diesem Gut wird so lange auf die Höhe dieser Preisbildner keine Rücksicht nehmen, als nicht ein Gut gleicher Art wohlfeiler angeboten wird, d. h. als nicht ein Gut gleicher Art mit billigeren Selbstkosten oder niedrigeren Transportkosten und geringerem Verdienst für den Verkauf auf den Markt geworfen werden kann. Der Wettbewerb bestimmt den Marktpreis, der die Summe des Herstellungswertes, des Verkehrswertes und Nutzungswertes darstellt. Jeder dieser 3 Werte ist für die Marktgängigkeit des einzelnen Gutes dehnbar. Der eine kann dem anderen Zugeständnisse machen; denn gelingt es, die Herstellungskosten eines Gutes zu verringern, dann kann es ohne Beeinträchtigung des Marktpreises beim gleichen Nutzungswert auf größere Entfernungen abgesetzt werden wie umgekehrt das Gut, dessen Herstellungskosten sich verteuert haben, bei entsprechender Frachtermäßigung sich seinen alten Markt erhält. In gleicher Weise kann ein Verzicht auf einen Teil des Gewinnes ausgleichend auf die Herstellungskosten und die Beförderungskosten wirken. Das Gut hört aber naturgemäß auf, marktgängig zu bleiben, wenn der Verdienst am Absatz von den Selbstkosten und den Beförderungskosten aufgezehrt wird, wenn Herstellungswert samt Verkehrswert gleich dem Marktpreis sind. Der Verkehrswert der einzelnen Güter ist sehr verschieden; er steht nicht in einem bestimmten unveränderlichen Verhältnis zum Wert des Gutes an sich. Denn wenn es auch die Regel bildet, daß Güter mit geringeren Marktpreisen auch einen kleineren Verkehrsradius haben, so folgt hieraus nicht, daß hochwertige Güter unbedingt eine entsprechende weitere Absatzmöglichkeit besitzen. Hier wirkt die Höhe der Gestehungskosten einschränkend mit. Der Verkehrswert ist daher für die Tarifbildung von ebensolcher Wichtigkeit wie die Selbstkosten. Während diese aber einmal errechnet als Erfahrungssätze angesprochen und verwertet werden können, bedarf die Ermittlung des Verkehrswertes bei allen Gütern, die neu in den Verkehr gebracht oder für die eine Ausnahmetarifierung in Anspruch genommen wird, jedesmal eingehender Feststellung ihrer Beziehungen zu ihren Gestehungskosten und zu ihrem Nutzungswerte. Wollte man diese meist recht schwierigen Erhebungen nicht anstellen, dann würden möglicherweise die Tarife zu hoch ausfallen und verkehrsbeschränkend oder verkehrsausschließend wirken oder sie würden den Beförderungsanstalten unnötige Ausfälle bringen. Innerhalb der Grenzen der Beförderungspreise nach unten durch die Selbstkosten und nach oben durch den Verkehrswert wird ihre Höhe bestimmt durch die mannigfaltigen Zwecke, die heute mit der rein wirtschaftlichen Tarifpolitik verfolgt werden. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei der Wettbewerb, dem dann durch eine differentielle Tarifbildung Rechnung getragen wird. III. Tarifgrundlagen. A. Tarifsysteme. Die Gesichtspunkte, die für die Bildung der Beförderungspreise im Güterverkehr maßgebend sind, haben zu 3 Tarifsystemen geführt. Man unterscheidet Raumsystem (Taraklassifikation), Wertsystem (Wertklassifikation) und gemischtes System, d. i. eine Verschmelzung der beiden ersten Systeme. 1. Raumsystem (Taraklassifikation), Zonentarife. Das Raumsystem beruht im wesentlichen auf der Verschiedenheit der Beförderungsleistungen. Von erheblicherer Bedeutung als die vorerwähnten durch die Verschiedenheit der Anlage und Betriebskosten hervorgerufenen Unterschiede in den Selbstkosten sind für die Tarifgestaltung gewisse Verschiedenheiten in den Selbstkosten, die bei dem festen, aus den veränderlichen Selbstkosten entstehenden Tarifbestandteil sich finden und durch die Tara oder tote Last und durch die Leistungsunterschiede im Transport in Erscheinung treten. Kein anderes Verkehrsmittel führt bei Ausführung der Transporte soviel tote Last mit fort, wie die Eisenbahnen, beträgt doch auf den deutschen Eisenbahnen die Tara etwa das 12fache der Nutzlast im Personenverkehr und das 1·3fache der Nutzlast im Güterverkehr. Aber auch innerhalb des Personen- und innerhalb

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/471>, abgerufen am 25.11.2024.