Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

Bild:
<< vorherige Seite

eigene Speisewagen mit vollständiger Kücheneinrichtung bauen lassen.

Die Wagen (Abb. 21) hatten 3 Achsen, 2 Endplattformen für den Einstieg, 2 Speiseräume zu je 12 Plätzen und in der Mitte die Küche mit einem seitlichen Durchgang; sie verkehrten zum ersten Mal auf den Linien Paris-Le Havre und Nizza-Marseille, dann ab 1. Juni 1883 zwischen Paris und Wien in dem damals neu geschaffenen ersten europäischen Luxuszug, dem sog. Orientexpreß.


Abb. 21.

Die Speisewagen sind inzwischen wesentlich verbessert worden. Während sie anfänglich nur in einzelnen Zügen anzutreffen waren, werden sie seit etwa 10 Jahren in allen wichtigen Tagesschnellzügen mitgeführt. Der Speisewagenverkehr bietet nicht nur den Reisenden ein erhöhtes Maß von Bequemlichkeit sondern hat auch ganz erheblich zur Kürzung der Reisezeit der Schnellzüge beigetragen, weil mit seiner Einführung die früher in den Verpflegungsstationen gegebenen langen Zugsaufenthalte entfallen konnten.

Von den sonstigen der Personenbeförderung dienenden Wagen sind noch zu erwähnen die Krankenwagen (s. den Artikel Krankenbeförderung) sowie die Saalwagen (s. auch Hofzüge).

Saalwagen (Salonwagen) wurden in früherer Zeit fast nur für die Reisen der Staatsoberhäupter oder der Mitglieder der landesherrlichen Familien verwendet. Heute werden sie auch für den allgemeinen Verkehr gegen Bezahlung besonderer Gebühren zur Verfügung gestellt. Ihre innere Einrichtung, ursprünglich sehr einfach und nach jetziger Anschauung vollständig ungenügend, ist mit der fortschreitenden Entwicklung des Wagenbaues allmählich so durchgebildet worden, daß sie den verwöhntesten Ansprüchen Rechnung trägt.

II. Bauformen.

A. Allgemeines. Die Personenwagen werden eingeteilt nach der Anzahl der Achsen:

in 2-, 3-, 4- und 6achsige Wagen;

nach der Form und der Raumanordnung der Wagenkasten:

in Abteil- und Durchgangswagen;

nach der inneren Ausstattung:

in Wagen I., II.; III. und IV. Klasse und in solche mit Abteilen verschiedener Klassen, in Schlafwagen, Speisewagen, Saalwagen, Krankenwagen u. s. w.

und nach der Verwendungsweise:

in Hauptbahn- und in Nebenbahnwagen.

Zwei-, drei-, vier- und sechsachsige P.

Zwei- und dreiachsige Wagen sind im Betrieb als leichte, bequeme Einheiten sehr beliebt. Gegenüber den 4- und 6achsigen Wagen haben sie die Vorteile der geringeren Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, der einfacheren Bauart, der leichteren Zugänglichkeit ihrer Laufwerksteile, des kleineren toten Gewichts für den Sitzplatz und der größeren zulässigen Kastenbreite, die eine größere Sitzplatzbreite oder eine Vermehrung der Sitzplätze ermöglicht. Bei den regelmäßigen Untersuchungen dieser Fahrzeuge in der Werkstätte werden dem Betrieb weniger Sitzplätze entzogen, auch geht die Wiederherstellung der Wagen selbst rascher von statten.

Als Nachteile der 2- und 3achsigen P. werden bezeichnet:

die unvollkommene Einstellung ihrer Achsen in Krümmungen, wodurch die Wagen beim Befahren krümmungsreicher Strecken mit größeren Geschwindigkeiten weniger ruhig laufen als Drehgestellwagen;

die für die Reisenden unangenehm fühlbare Beeinträchtigung oder Aufhebung des Tragfederspiels beim Bremsen;

die verhältnismäßig geringe Kastenlänge, die den Einbau größerer Räume, wie Säle, Schlafzimmer, Speiseräume u. s. w. nur in beschränkter Weise zuläßt.

Zweiachsige P. werden in Deutschland nur noch in langsamer fahrenden Personenzügen der Hauptbahnen und auf Nebenbahnen, in Rußland bloß auf Nebenbahnen und in England fast gar nicht mehr verwendet.

Andere Länder dagegen, wie Frankreich, dann auch Italien und Österreich haben aus wirtschaftlichen Erwägungen 2achsige P. für den inneren Schnellzugdienst noch beibehalten. Die Bauart der für diesen Dienst benutzten 2achsigen Wagen wurde jedoch sehr verbessert. In erster Linie ist der Radstand der Wagen wesentlich vergrößert und sodann die Federung zweckmäßiger ausgestaltet worden u. zw. meist in der Weise, daß nicht nur der Wagenkasten mit dem Untergestell gegen die Achsbüchsen; sondern auch noch der Kasten gegen das Untergestell abgefedert wurde. - Durch diese Maßnahmen sowie durch sorgfältige Gewichtsausgleichung der Radsätze, gleichmäßige Verteilung des Wagengewichts auf die einzelnen Räder und durch genaue Zusammensetzung aller Laufwerksteile hat die französische Ostbahn sehr gute Ergebnisse erzielt. Ihre 2achsigen Schnellzugwagen, deren Bauart auch für andere Bahnverwaltungen vorbildlich geworden ist, haben selbst bei hohen Geschwindigkeiten einen ruhigen, sanften Gang.

eigene Speisewagen mit vollständiger Kücheneinrichtung bauen lassen.

Die Wagen (Abb. 21) hatten 3 Achsen, 2 Endplattformen für den Einstieg, 2 Speiseräume zu je 12 Plätzen und in der Mitte die Küche mit einem seitlichen Durchgang; sie verkehrten zum ersten Mal auf den Linien Paris-Le Havre und Nizza-Marseille, dann ab 1. Juni 1883 zwischen Paris und Wien in dem damals neu geschaffenen ersten europäischen Luxuszug, dem sog. Orientexpreß.


Abb. 21.

Die Speisewagen sind inzwischen wesentlich verbessert worden. Während sie anfänglich nur in einzelnen Zügen anzutreffen waren, werden sie seit etwa 10 Jahren in allen wichtigen Tagesschnellzügen mitgeführt. Der Speisewagenverkehr bietet nicht nur den Reisenden ein erhöhtes Maß von Bequemlichkeit sondern hat auch ganz erheblich zur Kürzung der Reisezeit der Schnellzüge beigetragen, weil mit seiner Einführung die früher in den Verpflegungsstationen gegebenen langen Zugsaufenthalte entfallen konnten.

Von den sonstigen der Personenbeförderung dienenden Wagen sind noch zu erwähnen die Krankenwagen (s. den Artikel Krankenbeförderung) sowie die Saalwagen (s. auch Hofzüge).

Saalwagen (Salonwagen) wurden in früherer Zeit fast nur für die Reisen der Staatsoberhäupter oder der Mitglieder der landesherrlichen Familien verwendet. Heute werden sie auch für den allgemeinen Verkehr gegen Bezahlung besonderer Gebühren zur Verfügung gestellt. Ihre innere Einrichtung, ursprünglich sehr einfach und nach jetziger Anschauung vollständig ungenügend, ist mit der fortschreitenden Entwicklung des Wagenbaues allmählich so durchgebildet worden, daß sie den verwöhntesten Ansprüchen Rechnung trägt.

II. Bauformen.

A. Allgemeines. Die Personenwagen werden eingeteilt nach der Anzahl der Achsen:

in 2-, 3-, 4- und 6achsige Wagen;

nach der Form und der Raumanordnung der Wagenkasten:

in Abteil- und Durchgangswagen;

nach der inneren Ausstattung:

in Wagen I., II.; III. und IV. Klasse und in solche mit Abteilen verschiedener Klassen, in Schlafwagen, Speisewagen, Saalwagen, Krankenwagen u. s. w.

und nach der Verwendungsweise:

in Hauptbahn- und in Nebenbahnwagen.

Zwei-, drei-, vier- und sechsachsige P.

Zwei- und dreiachsige Wagen sind im Betrieb als leichte, bequeme Einheiten sehr beliebt. Gegenüber den 4- und 6achsigen Wagen haben sie die Vorteile der geringeren Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, der einfacheren Bauart, der leichteren Zugänglichkeit ihrer Laufwerksteile, des kleineren toten Gewichts für den Sitzplatz und der größeren zulässigen Kastenbreite, die eine größere Sitzplatzbreite oder eine Vermehrung der Sitzplätze ermöglicht. Bei den regelmäßigen Untersuchungen dieser Fahrzeuge in der Werkstätte werden dem Betrieb weniger Sitzplätze entzogen, auch geht die Wiederherstellung der Wagen selbst rascher von statten.

Als Nachteile der 2- und 3achsigen P. werden bezeichnet:

die unvollkommene Einstellung ihrer Achsen in Krümmungen, wodurch die Wagen beim Befahren krümmungsreicher Strecken mit größeren Geschwindigkeiten weniger ruhig laufen als Drehgestellwagen;

die für die Reisenden unangenehm fühlbare Beeinträchtigung oder Aufhebung des Tragfederspiels beim Bremsen;

die verhältnismäßig geringe Kastenlänge, die den Einbau größerer Räume, wie Säle, Schlafzimmer, Speiseräume u. s. w. nur in beschränkter Weise zuläßt.

Zweiachsige P. werden in Deutschland nur noch in langsamer fahrenden Personenzügen der Hauptbahnen und auf Nebenbahnen, in Rußland bloß auf Nebenbahnen und in England fast gar nicht mehr verwendet.

Andere Länder dagegen, wie Frankreich, dann auch Italien und Österreich haben aus wirtschaftlichen Erwägungen 2achsige P. für den inneren Schnellzugdienst noch beibehalten. Die Bauart der für diesen Dienst benutzten 2achsigen Wagen wurde jedoch sehr verbessert. In erster Linie ist der Radstand der Wagen wesentlich vergrößert und sodann die Federung zweckmäßiger ausgestaltet worden u. zw. meist in der Weise, daß nicht nur der Wagenkasten mit dem Untergestell gegen die Achsbüchsen; sondern auch noch der Kasten gegen das Untergestell abgefedert wurde. – Durch diese Maßnahmen sowie durch sorgfältige Gewichtsausgleichung der Radsätze, gleichmäßige Verteilung des Wagengewichts auf die einzelnen Räder und durch genaue Zusammensetzung aller Laufwerksteile hat die französische Ostbahn sehr gute Ergebnisse erzielt. Ihre 2achsigen Schnellzugwagen, deren Bauart auch für andere Bahnverwaltungen vorbildlich geworden ist, haben selbst bei hohen Geschwindigkeiten einen ruhigen, sanften Gang.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0029" n="21"/>
eigene <hi rendition="#g">Speisewagen</hi> mit vollständiger Kücheneinrichtung bauen lassen.</p><lb/>
          <p>Die Wagen (Abb. 21) hatten 3 Achsen, 2 Endplattformen für den Einstieg, 2 Speiseräume zu je 12 Plätzen und in der Mitte die Küche mit einem seitlichen Durchgang; sie verkehrten zum ersten Mal auf den Linien Paris-Le Havre und Nizza-Marseille, dann ab 1. Juni 1883 zwischen Paris und Wien in dem damals neu geschaffenen ersten europäischen Luxuszug, dem sog. Orientexpreß.</p><lb/>
          <figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/roell_eisenbahnwesen08_1917/figures/roell_eisenbahnwesen08_1917_figure-0036.jpg" rendition="#c">
            <head>Abb. 21.</head><lb/>
          </figure><lb/>
          <p>Die Speisewagen sind inzwischen wesentlich verbessert worden. Während sie anfänglich nur in einzelnen Zügen anzutreffen waren, werden sie seit etwa 10 Jahren in allen wichtigen Tagesschnellzügen mitgeführt. Der Speisewagenverkehr bietet nicht nur den Reisenden ein erhöhtes Maß von Bequemlichkeit sondern hat auch ganz erheblich zur Kürzung der Reisezeit der Schnellzüge beigetragen, weil mit seiner Einführung die früher in den Verpflegungsstationen gegebenen langen Zugsaufenthalte entfallen konnten.</p><lb/>
          <p>Von den sonstigen der Personenbeförderung dienenden Wagen sind noch zu erwähnen die <hi rendition="#g">Krankenwagen</hi> (s. den Artikel Krankenbeförderung) sowie die <hi rendition="#g">Saalwagen</hi> (s. auch Hofzüge).</p><lb/>
          <p>Saalwagen (Salonwagen) wurden in früherer Zeit fast nur für die Reisen der Staatsoberhäupter oder der Mitglieder der landesherrlichen Familien verwendet. Heute werden sie auch für den allgemeinen Verkehr gegen Bezahlung besonderer Gebühren zur Verfügung gestellt. Ihre innere Einrichtung, ursprünglich sehr einfach und nach jetziger Anschauung vollständig ungenügend, ist mit der fortschreitenden Entwicklung des Wagenbaues allmählich so durchgebildet worden, daß sie den verwöhntesten Ansprüchen Rechnung trägt.</p><lb/>
          <p rendition="#c">II. <hi rendition="#g">Bauformen</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">A.</hi><hi rendition="#g">Allgemeines</hi>. Die Personenwagen werden eingeteilt nach der Anzahl der Achsen:</p><lb/>
          <p>in 2-, 3-, 4- und 6achsige Wagen;</p><lb/>
          <p rendition="#et">nach der Form und der Raumanordnung der Wagenkasten:</p><lb/>
          <p>in Abteil- und Durchgangswagen;</p><lb/>
          <p>nach der inneren Ausstattung:</p><lb/>
          <p rendition="#et">in Wagen I., II.; III. und IV. Klasse und in solche mit Abteilen verschiedener Klassen, in Schlafwagen, Speisewagen, Saalwagen, Krankenwagen u. s. w.</p><lb/>
          <p>und nach der Verwendungsweise:</p><lb/>
          <p>in Hauptbahn- und in Nebenbahnwagen.</p><lb/>
          <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Zwei-, drei-, vier- und sechsachsige</hi> P.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Zwei- und dreiachsige Wagen</hi> sind im Betrieb als leichte, bequeme Einheiten sehr beliebt. Gegenüber den 4- und 6achsigen Wagen haben sie die Vorteile der geringeren Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, der einfacheren Bauart, der leichteren Zugänglichkeit ihrer Laufwerksteile, des kleineren toten Gewichts für den Sitzplatz und der größeren zulässigen Kastenbreite, die eine größere Sitzplatzbreite oder eine Vermehrung der Sitzplätze ermöglicht. Bei den regelmäßigen Untersuchungen dieser Fahrzeuge in der Werkstätte werden dem Betrieb weniger Sitzplätze entzogen, auch geht die Wiederherstellung der Wagen selbst rascher von statten.</p><lb/>
          <p>Als Nachteile der 2- und 3achsigen P. werden bezeichnet:</p><lb/>
          <p>die unvollkommene Einstellung ihrer Achsen in Krümmungen, wodurch die Wagen beim Befahren krümmungsreicher Strecken mit größeren Geschwindigkeiten weniger ruhig laufen als Drehgestellwagen;</p><lb/>
          <p>die für die Reisenden unangenehm fühlbare Beeinträchtigung oder Aufhebung des Tragfederspiels beim Bremsen;</p><lb/>
          <p>die verhältnismäßig geringe Kastenlänge, die den Einbau größerer Räume, wie Säle, Schlafzimmer, Speiseräume u. s. w. nur in beschränkter Weise zuläßt.</p><lb/>
          <p>Zweiachsige P. werden in Deutschland nur noch in langsamer fahrenden Personenzügen der Hauptbahnen und auf Nebenbahnen, in Rußland bloß auf Nebenbahnen und in England fast gar nicht mehr verwendet.</p><lb/>
          <p>Andere Länder dagegen, wie Frankreich, dann auch Italien und Österreich haben aus wirtschaftlichen Erwägungen 2achsige P. für den inneren Schnellzugdienst noch beibehalten. Die Bauart der für diesen Dienst benutzten 2achsigen Wagen wurde jedoch sehr verbessert. In erster Linie ist der Radstand der Wagen wesentlich vergrößert und sodann die Federung zweckmäßiger ausgestaltet worden u. zw. meist in der Weise, daß nicht nur der Wagenkasten mit dem Untergestell gegen die Achsbüchsen; sondern auch noch der Kasten gegen das Untergestell abgefedert wurde. &#x2013; Durch diese Maßnahmen sowie durch sorgfältige Gewichtsausgleichung der Radsätze, gleichmäßige Verteilung des Wagengewichts auf die einzelnen Räder und durch genaue Zusammensetzung aller Laufwerksteile hat die <hi rendition="#g">französische Ostbahn</hi> sehr gute Ergebnisse erzielt. Ihre 2achsigen Schnellzugwagen, deren Bauart auch für andere Bahnverwaltungen vorbildlich geworden ist, haben selbst bei hohen Geschwindigkeiten einen ruhigen, sanften Gang.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0029] eigene Speisewagen mit vollständiger Kücheneinrichtung bauen lassen. Die Wagen (Abb. 21) hatten 3 Achsen, 2 Endplattformen für den Einstieg, 2 Speiseräume zu je 12 Plätzen und in der Mitte die Küche mit einem seitlichen Durchgang; sie verkehrten zum ersten Mal auf den Linien Paris-Le Havre und Nizza-Marseille, dann ab 1. Juni 1883 zwischen Paris und Wien in dem damals neu geschaffenen ersten europäischen Luxuszug, dem sog. Orientexpreß. [Abbildung Abb. 21. ] Die Speisewagen sind inzwischen wesentlich verbessert worden. Während sie anfänglich nur in einzelnen Zügen anzutreffen waren, werden sie seit etwa 10 Jahren in allen wichtigen Tagesschnellzügen mitgeführt. Der Speisewagenverkehr bietet nicht nur den Reisenden ein erhöhtes Maß von Bequemlichkeit sondern hat auch ganz erheblich zur Kürzung der Reisezeit der Schnellzüge beigetragen, weil mit seiner Einführung die früher in den Verpflegungsstationen gegebenen langen Zugsaufenthalte entfallen konnten. Von den sonstigen der Personenbeförderung dienenden Wagen sind noch zu erwähnen die Krankenwagen (s. den Artikel Krankenbeförderung) sowie die Saalwagen (s. auch Hofzüge). Saalwagen (Salonwagen) wurden in früherer Zeit fast nur für die Reisen der Staatsoberhäupter oder der Mitglieder der landesherrlichen Familien verwendet. Heute werden sie auch für den allgemeinen Verkehr gegen Bezahlung besonderer Gebühren zur Verfügung gestellt. Ihre innere Einrichtung, ursprünglich sehr einfach und nach jetziger Anschauung vollständig ungenügend, ist mit der fortschreitenden Entwicklung des Wagenbaues allmählich so durchgebildet worden, daß sie den verwöhntesten Ansprüchen Rechnung trägt. II. Bauformen. A. Allgemeines. Die Personenwagen werden eingeteilt nach der Anzahl der Achsen: in 2-, 3-, 4- und 6achsige Wagen; nach der Form und der Raumanordnung der Wagenkasten: in Abteil- und Durchgangswagen; nach der inneren Ausstattung: in Wagen I., II.; III. und IV. Klasse und in solche mit Abteilen verschiedener Klassen, in Schlafwagen, Speisewagen, Saalwagen, Krankenwagen u. s. w. und nach der Verwendungsweise: in Hauptbahn- und in Nebenbahnwagen. Zwei-, drei-, vier- und sechsachsige P. Zwei- und dreiachsige Wagen sind im Betrieb als leichte, bequeme Einheiten sehr beliebt. Gegenüber den 4- und 6achsigen Wagen haben sie die Vorteile der geringeren Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, der einfacheren Bauart, der leichteren Zugänglichkeit ihrer Laufwerksteile, des kleineren toten Gewichts für den Sitzplatz und der größeren zulässigen Kastenbreite, die eine größere Sitzplatzbreite oder eine Vermehrung der Sitzplätze ermöglicht. Bei den regelmäßigen Untersuchungen dieser Fahrzeuge in der Werkstätte werden dem Betrieb weniger Sitzplätze entzogen, auch geht die Wiederherstellung der Wagen selbst rascher von statten. Als Nachteile der 2- und 3achsigen P. werden bezeichnet: die unvollkommene Einstellung ihrer Achsen in Krümmungen, wodurch die Wagen beim Befahren krümmungsreicher Strecken mit größeren Geschwindigkeiten weniger ruhig laufen als Drehgestellwagen; die für die Reisenden unangenehm fühlbare Beeinträchtigung oder Aufhebung des Tragfederspiels beim Bremsen; die verhältnismäßig geringe Kastenlänge, die den Einbau größerer Räume, wie Säle, Schlafzimmer, Speiseräume u. s. w. nur in beschränkter Weise zuläßt. Zweiachsige P. werden in Deutschland nur noch in langsamer fahrenden Personenzügen der Hauptbahnen und auf Nebenbahnen, in Rußland bloß auf Nebenbahnen und in England fast gar nicht mehr verwendet. Andere Länder dagegen, wie Frankreich, dann auch Italien und Österreich haben aus wirtschaftlichen Erwägungen 2achsige P. für den inneren Schnellzugdienst noch beibehalten. Die Bauart der für diesen Dienst benutzten 2achsigen Wagen wurde jedoch sehr verbessert. In erster Linie ist der Radstand der Wagen wesentlich vergrößert und sodann die Federung zweckmäßiger ausgestaltet worden u. zw. meist in der Weise, daß nicht nur der Wagenkasten mit dem Untergestell gegen die Achsbüchsen; sondern auch noch der Kasten gegen das Untergestell abgefedert wurde. – Durch diese Maßnahmen sowie durch sorgfältige Gewichtsausgleichung der Radsätze, gleichmäßige Verteilung des Wagengewichts auf die einzelnen Räder und durch genaue Zusammensetzung aller Laufwerksteile hat die französische Ostbahn sehr gute Ergebnisse erzielt. Ihre 2achsigen Schnellzugwagen, deren Bauart auch für andere Bahnverwaltungen vorbildlich geworden ist, haben selbst bei hohen Geschwindigkeiten einen ruhigen, sanften Gang.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:51Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:51Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text sowie die Faksimiles 0459 und 0460 stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/29
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/29>, abgerufen am 01.11.2024.